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Bildperspektive ermitteln: Perspektivische Strukturen

Auch in Fotos, die keine klaren Kanten beinhalten, kann man zu einer halbwegs verlässlichen Perspektiveinschätzung kommen.

Im linken Bild ließe sich eine Perspektivkonstruktion problemlos durchführen, es sind genug Kanten für das Einzeichnen von Fluchtlinien vorhanden. Ich möchte Ihnen an diesem Beispiel aber ein anderes Verfahren vorstellen, wie Sie auch in Fotos, die keine klaren Kanten zeigen, zu einer halbwegs verlässlichen Perspektiveeinschätzung gelangen: Wählen Sie in der Werkzeugpalette mit der I-Taste das Mess-Werkzeug; Sie finden es unter dem Pipettensymbol. Messen Sie die Höhe einer Wandplatte im Vordergrund, hier sind das bei der ersten 4,4 cm. Suchen Sie nun ein Element, das genau halb so hoch ist, das ist die fünfte Platte mit 2,2 cm Höhe. Während zwischen der Halbierung von 4,4 auf 2,2 cm Höhe vier Platten liegen, sind es bis zu einer mit wiederum halber Höhe, nämlich 1,1 cm, acht Platten. Ein Element mit einer bestimmten sichtbaren Größe ist also doppelt so weit entfernt wie eins doppelter Größe. Bei dem gekachelten Gang ist das leicht nachmessbar und wegen der gleich großen Elemente auch gut nachvollziehbar. Aber wenn dieser Satz grundlegend gilt, lässt er sich natürlich auch auf beliebige andere Elemente gleicher Größe übertragen: Solche in doppelter Entfernung sind halb so groß wie nahe. Idealerweise sollten Sie für eine Perspektivkonstruktion drei Größen (voll, halbe, geviertelt) ermitteln. In diesem Bild würde die Tiefenerstreckung nur für zwei ausreichen; es zeigt aber, dass sich auch aus einer Szene ohne Kanten rechtwinkliger Objekte Perspektive ableiten lässt. Bei ungenormten Elementen wie diesen Gänseblümchen sollten Sie jeweils mehrere einer Tiefenzone ausmessen, um einen verlässlichen Durchschnittswert zu erhalten.

Noch stärker weichen diese Kieselsteine von einer festgelegten Einheitsgröße ab. Die Perspektivkonstruktion ist daher ungenau – aber für die Vorbereitung einer Montage dennoch besser als gar keine. Suchen Sie zunächst einen Stein durchschnittlicher Größe im Vordergrund und messen Sie ihn aus. Wiederholen Sie das weiter im Hintergrund für die halbierte und geviertelte Durchschnittsgröße. Die drei Referenz-Steine sind hier rot markiert. Konstruieren Sie eine Strecke der Länge L im Vordergrund, dann eine halbierte oder geviertelte in Höhe der ausgemessenen Elemente.

Tipp: Um eine für die Fluchtlinienkonstruktion brauchbare Verteilung der drei Strecken L, L/2 und L/4 zu erhalten, erzeugen Sie sie auf jeweils eigenen Ebenen in geeigneter Höhe. Aktivieren Sie diese drei Ebenen und gehen Sie zu „Ebenen-Menü > Ausrichten > Horizontale Mitten“.

Bilder ohne Strukturmerkmale
Entlang der Außenkanten der drei mittig ausgerichteten Hilfslinien lassen sich nun leicht zwei Fluchtlinien zeichnen, die sich bei einer nach oben erweiterten Arbeitsfläche schneiden und damit Fluchtpunkt und Horizont ergeben. Durch den Fluchtpunkt können Sie nun weitere Fluchtlinien ziehen. Die Abbildung links zeigt jedoch, dass dieses Verfahren nur näherungsweise gilt: Die Strecke L/2 liegt nicht exakt auf der Höhe des markierten Steins mit halbem Durchmesser, wenn ihre Endpunkte mit denen von L/4 verbunden werden. Alternativ, wenn sie auf dieser Höhe läge, wäre L/4 etwas zu kurz. Bei Fotos ohne Kanten und halbwegs regelmäßige Strukturen wie dieser Winterszene hilft nur noch eine grobe Schätzung, da es hier so gut wie keine brauchbaren Orientierungsmerkmale gibt.

Enzyklopädie_schmalDieses Tutorial stammt aus der 22-bändigen Photoshop-Enzyklopädie, die Sie in unserem Webshop als e-Book kaufen können.

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Doc Baumann

Doc Baumann befasst sich vor allem mit Montagen (und ihrer Kritik) sowie mit der Entlarvung von Bildfälschungen, außerdem mit digitalen grafischen und malerischen Arbeitstechniken. Der in den Medien immer wieder als „Photoshop-Papst“ Titulierte widmet sich seit 1984 der digitalen Bildbearbeitung und schreibt seit 1988 darüber.

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