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Sofortbildfilm: Pola-Hybrid

Sofortbildfilm ist für viele Foto-Enthusiasten zu einem beliebten Experimentierfeld ­geworden. Wenn man weiß, wie es geht, bekommt man nicht nur wundervoll bunte Farbunikate, ­sondern auch großformatige Negative zur digitalen ­Weiterverarbeitung. | Christoph Künne

Digitale Adaption eines gescannten Polaroid-Negativ Films Typ 100. Sofortbildfilm: Pola-Hybrid
Digitale Adaption eines gescannten Polaroid-Negativ Films Typ 100

Die Sonne hat den Zenit lange überschritten, trotzdem ist es unglaublich heiß hier im Kornfeld an der Schlei. Unser DOCMA-Dodge parkt im Halbschatten am Feldrand. Es riecht nach Landwirtschaft, Insekten summen, auf dem ausladenden Armaturenbrett sammeln sich neben Ackerstaub kleine Farbfotos im 7 × 9-Format mit weißem Rand und langen schwarzen Papierstreifen.

Im Feld nebenan nimmt unser Modell Klara anmutige Posen ein, die Fotograf Frank Baeseler mit seiner kultigen Polaroid 600 auf Sofortbildfilm festhält. In kurzen Abständen kommen die beiden immer wieder zum Auto, bringen neue „Polas“ mit und machen eine kleine Pause von der Sommer-Hitze, um gleich die nächsten Motivvariationen zu planen. Es ist heute schon die zweite Location, während die Sonne immer tiefer sinkt, und langsam neigen sich die Filmvorräte dem Ende entgegen.

Später, auf dem Rückweg zu Baeselers Atelier im schleswig-holsteinischen Güby, analysieren Fotograf und Modell hinten im Bus die Ergebnisse des Shootings und sind einhellig begeistert: Die Papierbilder mit ihren warmen gesättigten Farben erfreuen nicht nur das Auge, sondern es handelt sich auch um fotografische Unikate.

Das Original-Positiv  auf 10 × 8,5 cm Papierträger. Sofortbildfilm: Pola-Hybrid
Das Original-Positiv auf 10 × 8,5 cm Papierträger

Wenn wir sie nicht noch zum Scannen für diesen Artikel bräuchten, dürfte Klara die Bilder jetzt schon mit nach Hause nehmen. „Früher haben die Modelle diese Bilder immer gesammelt“, erinnert sich Baeseler, der in den 70er und 80er Jahren in der Werbebranche zuhause war. „Damals nutzten wir sie meist nur als ein Zwischenprodukt, mit dem der Fotograf direkt vor Ort die Bildwirkung und die Belichtung prüfen konnte, bevor die eigentlichen Bilder auf Kleinbild-, Roll- oder Planfilm entstanden. Den Polaroids hat man danach keine Beachtung mehr geschenkt.

Heute ist das ganz ­anders. Da wird das kleine Bild vom Nebenprodukt zum Unikat, und auch das Negativ, das früher im Müll landete, bekommt seine Funktion im digitalen Prozess. Nach der Fahrt zum Atelier gilt unsere Aufmerksamkeit zunächst den Negativ- und Emulsionsträgern. Baeseler, der sich vor allem für experimentelle Fototechnik und Edeldrucke interessiert, hat nach langer Recherche im Internet und zahllosen Experimenten einen einfachen Weg gefunden, wie man das eigentlich für die Entsorgung gedachte Negativ aus seinem eingebauten Chemiebad herauslöst und anschließend für die Weiterverarbeitung einscannt.

Sofortbildfilm

Die Kamera:  Für dieses Projekt hat Frank Baeseler eine Meßsucher­kamera vom Typ Polaroid 600 verwendet, eine Abwandlung der Mamiya Universal Press, mit fest verbauter f/4-127-Millimeter-Festbrennweite, die mit so genanntem „Packfilm“ von Typ 100 geladen wird. Damit stehen pro Film (etwa 12 Euro im Internet) zehn Aufnahmen zur Verfügung. Solche Kameras kosten bei Ebay immer noch mehrere hundert Euro. Es geht aber auch günstiger. So sind unter anderem zusammenklappbare Polaroid „Land“-Modelle, die auch mit dem Filmtyp 100 arbeiten und über eine ordentliche Optik verfügen, schon für unter 50 Euro zu haben. Jedes Bild besteht aus einem fotografischen Abzug auf Papier und einem Negativ- und Emulsionsträger, der nach der Entwicklung vom Papier getrennt wird.

Der Sofortbildfilm-Markt

Sofortbildfilm

In den Zeiten der analogen Fotografie gab es eine Vielfalt von Sofortbildfilmen, denn auch schon damals wollte man möglichst schnell sehen, was aufs Bild gekommen ist. Die meisten Filme sind heute längst Geschichte. Die Firma Polaroid ist in Konkurs gegangen, und der Versuch einiger Enthusiasten (www.the-impossible-project.com), die Sofortbildfilm-Produktion am alten Polaroid-Standort im niederländischen Enschede wieder aufzunehmen, kämpft immer noch mit technischen Schwierigkeiten. Wer heute Sofortbildfilm in hoher Qualität erwerben will, ist mehr oder minder auf das Angebot der Firma Fujifilm angewiesen. Allerdings gibt es auch hier eine größere Bandbreite an verschiedenen Filmtypen und miteinander inkompatiblen Kamera-Formaten.

Der Prozess

1. Chemie entfernen

Unter laufendem lauwarmen Wasser werden zunächst die Chemiekalien mit den Fingern vom Negativ abgewischt. Sie sind entfernt, wenn sich der Film nicht mehr seifig anfühlt.

2. Papierträger lösen

Der dabei durchfeuchtete Papierträger lässt sich nun leicht von der Rückseite entfernen. Etwas mühsamer ist die Beseitigung der Ränder.

3. Trocknen

Das bis jetzt noch rückseitig beschichtete Negativ wird kurz in eine Wasserschale mit einem Spritzer Spüli gelegt und anschließend getrocknet.

4. Negativ fixieren

Nach dem Trocknen (man kann es auch fönen) klebt man das Negativ – mit der schwarzen Seite nach oben – mit handelsüblichem ­Isolierband auf einen Glasträger.

5. Chlorreiniger auftragen

Auf die Rückseite des Negativs legt man nun ein Stück Küchenpapier und tränkt dieses mit unverdünntem Chlorreiniger (hier: DanKlorix, etwa 2 Euro pro Liter).

6. Lichtschutzschicht entfernen

Nach einigen Sekunden Einwirkungszeit (man kann die Chemie auch aufpinseln) lässt sich die schwarze Lichtschutzschicht vom Negativ rückstandslos abwaschen.

7. Negativ prüfen

Hat man sauber abgeklebt, bleibt das Negativ unbeschädigt, ansonsten wird die Negativ-Oberfläche – wie hier – von der Chemie angegriffen und zerstört.

8. Scannen

Nach dem Trocknen wird das Negativ mit einen Scanner mit Durchlichteinheit digitalisiert, in der Scansoftware invertiert und wieder in ein „richtiges“ Foto verwandelt.

9. Sichten

Sofortbildfilm

Nach dem Import der Datei in Lightroom sehen wir zunächst ein recht blasses Farbbild, das nur entfernt an die Papierbildversion aus der Kamera erinnert.

10. Abstimmen

Sofortbildfilm

Die Werkzeuge im Bereich »Grundeinstellungen« reichen völlig aus, um ein farblich harmonisches Ergebnis zu erzielen, zumal, wenn man den Reiz von Pastelltönen schätzt.

11. Zurechtschneiden

Sofortbildfilm

Der Rand ist für viele Polaroidbild-Liebhaber ein wesentlicher Aspekt des Bildes, andere Fotografen empfinden ihn als lästig und ­entfernen ihn vor dem Ausdruck.

12. Drucken

Sofortbildfilm

Ein solches Bild verlangt danach, zu Papier gebracht zu werden. Frank Baeseler nutzt in solchen Fällen häufig zarte, handgeschöpfte Büttenpapiere als Druckmedium.

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Christoph Künne

Christoph Künne ist Mitbegründer, Chefredakteur und Verleger der DOCMA. Der studierte Kulturwissenschaftler fotografiert leidenschaftlich gerne Porträts und arbeitet seit 1991 mit Photoshop.

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4 Kommentare

  1. Lieber Herr Künne!

    Da ich noch im analog Zeitalter gelernt habe, finde ich Ihren Artikel sehr interessant.
    Ich hätte aber gerne gewusst, wo man diesen Fuji Sofortbildfilm heute noch kaufen kann, denn auf der Fuji Homepage habe ich nichts darüber gefunden.

    Vielen Dank im Voraus!

    Liebe Grüße,
    Astrid Smrekar

      1. Impossible stellt keine Trennbildfilme her und FUJIFILM hat die Produktion 2016 eingestellt. Warum dann FUJIFILM im Artikel empfohlen wird, ist mir ein Rätsel. Was bleibt, wenn man nicht so sehr aufs Geld achten muss:

        https://the.supersense.com/collections/packfilm

        Ansonsten bleibt die Gebrauchtwarenhandelsplattform des Vertrauens, aber auch da muss man für uralte 100c locker 60,- zahlen. Ob die dann noch funktionieren, ist eine andere Frage.

        Es wäre aber interessant, ob das mit Typ 600 auch geht, wenn man den zerschneidet. Glaube eher nicht.

  2. Tja Herr Steiniger, dann senden Sie mir doch mal den Link dazu ! gelesen habe ich den Artikel auch aber wie Erwin Krinninger schon richtig fragte: wo finde ich das Material von Fuji ?

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