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Gedoppelte Polaroids

Ivo von Renners Polaroid-Montagen erzählen Geschichten aus einer längst vergangenen Epoche der Werbefotografie und arbeiten mit den Mitteln ihrer Zeit. | Christoph Künne

Schöne Frauen, Autos und das Licht des Südens – ­Sinnbilder einer Zeit, als Werbefotografen noch um die Welt reisten und eine Menge Geld für fantasievolle Bildgeschichten bekamen. Seit dem letzten Viertel des vergangenen Jahrhunderts war Ivo von Renner einer von ihnen. Er lebte jahrzehntelang dieses Ideal, von dem die heutige Foto­grafengeneration nur noch träumen kann. Geblieben sind Ivo, dem für seine Werbe-Ikonen bekannten Großmeister der Inszenierung, eindrucksvolle Originale eines Projekts, dessen Medium ­gerade eine Renaissance feiert: das ­Polaroid.

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1975 nahm Ivos Serie „Double ­Polaroids“ ihren Anfang. Der damals am Beginn seiner Karriere stehende fotografische Autodidakt lieh sich eine dieser angesagten Sofortbild-Kameras. Er wollte damit eigentlich nur seine neue Freundin am Strand von San Sebastian in Spanien fotografieren. Weil aber der Strand sehr schmal war und die Kamera, eine SX-70, nur über eine Normalbrennweite verfügte, entschied sich Ivo kurzerhand, statt einem Bild zwei aufzunehmen. Einfach, um mehr von der Situation festhalten zu können. Die beiden Polas zerschnitt er später im Badezimmer des Hotels mit einer Nagelschere und setzte sie anschließend nicht ganz passgenau ­zusammen.

Was auf den ersten Blick ganz einfach erscheint, ist bei der Umsetzung eine komplexe Übung. Einerseits erfordert es viel Konzentration bei der Aufnahme. Andererseits ist die spätere ­Verarbeitung nicht ohne Tücken.

„Beim Fotografieren muss man nicht nur auf konstantes Licht und die Motiv-Anschlüsse der beiden ­Belichtungen achten, sondern auch den Autofokus im Blick ­behalten. Wenigstens hatte die SX-70 einen Sucher, der das Bild zu 100 ­Prozent anzeigte. Das war damals kein Standard“, erinnert sich der heute 73-jährige. „Ich bin dann ziemlich bald dazu übergegangen, auch bei diesen Doppelbildern immer häufiger mit dem Stativ zu arbeiten.“

Bei den Original-Polaroids, die in dieser Form schon seit den 90er Jahren nicht mehr im Handel sind, befand sich hinter dem Bild eine Schicht aus hochgiftigen Chemikalien, mit denen man besser nicht in Berührung kam. Um sie gefahrlos aufzuschneiden, mussten die Polas mindestens zwei Tage trocknen. „Ein paar Mal wollte ich den Prozess beschleunigen, und habe sie auf einer Heizung schnellgetrocknet. Manchmal hat es funktioniert, aber wenn die Heizung auch nur etwas zu heiß war, haben sich die Bilder verfärbt. Vor Photoshop bedeutete so eine Verfärbung das Aus für die ­Originale.“

Was als Spaß begann, wurde im selben Jahr bereits zum Format einer Magazin-Reportage in Moskau. Ivo hat das Thema danach zwanzig Jahre lang bis 1995 fortgesetzt. Die besten seiner Originale werden heute im fünfstelligen Bereich ­gehandelt.

Doch die große Zeit der gut bezahlten Fotografen, die auf der Suche nach dem besten Licht und den schönsten Locations um die Welt reisen, ist längst Vergangenheit. Autowerbung wird heute vor allem von CGI-Artists gemacht. Und die sitzen bei der Arbeit mit ihren 3D-Modellen meist vor dem Rechner – allein im Schein ihrer Monitore. Schade eigentlich.


Ivo von Renner

… studierte Grafik Design im Hamburg. ­Zunächst arbeitete er für das Zeit-­Magazin und den Stern. Seinen fotografischen Durchbruch hatte er 1980. Er blieb bis über die 2010er Jahre im Werbegeschäft. Heute konzentriert er sich vor allem auf Porträtinszenierungen und gibt sein Wissen in ­Seminaren weiter.

Mehr Motive findet man auf Ivos Website

www.ivovonrenner.com

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