Technik

Reflecta RPS 10S: Was kann so ein Kleinbild-Digitalisierer?

Die hochwertige Digitalisierung von Kleinbild-Dias und -Negativen bleibt eine zentrale Herausforderung für Fotografen und Archive. Reflecta schickt mit dem RPS 10S einen neuen Scanner ins Rennen, der mit ambitionierten technischen Daten aufwartet. Doch was bedeuten 10.000 dpi, Dmax 4.2 und DNG-Ausgabe im praktischen Einsatz für Anwender, die professionelle Ansprüche an Bildqualität und Workflow stellen? Eine Analyse der Kenndaten gibt Aufschluss über die tatsächliche Leistungsfähigkeit des knapp 1000 Euro teuren Geräts.

Auflösung und Detailzeichnung: Das leistet der Sensor

Herzstück des RPS 10S ist ein vierzeiliger Farb-CCD-Sensor, ergänzt um einen Infrarotkanal für die Staub- und Kratzerkorrektur. Die nominelle Maximalauflösung von 10.000 dpi klingt beeindruckend, muss aber praxisnah bewertet werden. Zwar bietet dieser Wert theoretisch viel Luft nach oben, doch das tatsächliche Auflösungsvermögen wird durch das Korn des Films und die Qualität der Scanner-Optik limitiert. Für die meisten 35mm-Materialien dürften bereits 4000 bis 5000 dpi ausreichen, um alle relevanten Details zu erfassen. Die hohe Maximalauflösung ist somit eher als Reserve zu sehen, die allerdings zu sehr großen Dateien und längeren Scanzeiten führt. Deutlich relevanter für die Bildqualität, insbesondere bei kontrastreichen Diafilmen, ist die angegebene Maximaldichte (Dmax) von 4.2. Dieser Wert verspricht eine gute Durchzeichnung in Schattenpartien und Lichterbereichen, was für die Bewahrung des vollen Tonwertumfangs des Originals entscheidend ist.

Workflow-Effizienz: Automatiken und Formate

Ein wesentlicher Faktor für den professionellen Einsatz ist der Zeitaufwand. Hier punktet der RPS 10S mit seinem automatischen Einzug für 35mm-Filmstreifen, der bis zu 40 Aufnahmen (24×36 mm) oder sogar 80 Aufnahmen im unterstützten Halbformat (18×24 mm) selbstständig verarbeiten kann. Dies reduziert den manuellen Interaktionsaufwand erheblich. Die hardwarebasierte Staub- und Kratzererkennung mittels Infrarotkanal („MagicTouch“) ist ein weiteres zentrales Effizienzmerkmal. Sie identifiziert physische Defekte auf der Filmoberfläche und ermöglicht deren automatische Retusche durch die Software CyberViewX. Auch wenn solche Automatiken nie perfekt sind und bei bestimmten Filmtypen (wie Kodachrome) an Grenzen stoßen, sparen sie im Vergleich zur manuellen Retusche enorm viel Zeit. Die Scanzeit von rund 100 Sekunden für einen 5000-dpi-Scan erscheint für diese Auflösung praxisgerecht.

Qualitätskontrolle: Der Vorteil des DNG-Formats

Ein herausragendes Merkmal für qualitätsbewusste Anwender ist die Möglichkeit, die Scandaten im DNG-Rohdatenformat (Digital Negative) auszugeben. Dies umgeht die interne Bildverarbeitung der Scansoftware, deren Ergebnisse nicht immer optimal ausfallen. Stattdessen können die „rohen“ Sensordaten in professionellen RAW-Konvertern wie Adobe Camera Raw/Lightroom oder Capture One bearbeitet werden. Dies erlaubt eine non-destruktive und flexible Anpassung von Weißabgleich, Belichtung, Tonwerten und Schärfung mit den gewohnten Werkzeugen und Algorithmen des digitalen Foto-Workflows. Die volle Kontrolle über die Bildanmutung bleibt somit erhalten. Funktionen wie „Multipass Xposure“ zur Erhöhung des Dynamikumfangs können in schwierigen Fällen nützlich sein, dürften aber durch die Flexibilität des DNG-Workflows etwas an Bedeutung verlieren.

Zusammenfassend positioniert sich der Reflecta RPS 10S als spezialisiertes Werkzeug für Anwender, die regelmäßig Kleinbildmaterial in hoher Qualität und mit vertretbarem Aufwand digitalisieren müssen. Die Kombination aus solider Dichte, effizienter IR-Reinigung, automatischem Streifeneinzug und vor allem der DNG-Ausgabe macht ihn für professionelle Fotografen und Archive interessant, die Wert auf maximale Kontrolle im weiteren Bearbeitungsprozess legen. Der Preis von rund 1000 Euro spiegelt diese Ausrichtung wider.

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Christoph Künne

Christoph Künne, von Haus aus Kulturwissenschaftler, forscht seit 1991 unabhängig zur Theorie und Praxis der Post-Photography. Er gründete 2002 das Kreativ-Magazin DOCMA zusammen mit Doc Baumann und hat neben unzähligen Artikeln in europäischen Fachmagazinen rund um die Themen Bildbearbeitung, Fotografie und Generative KI über 20 Bücher veröffentlicht.

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