Digitale Hautpflege: Definiert Aperty 1.3 die Grenzen der Porträtretusche neu?

In der Dunkelkammer des digitalen Zeitalters entscheidet oft nicht allein die Aufnahme, sondern die Nachbearbeitung über das Schicksal eines Porträts. Skylums neuestes Update 1.3 für Aperty verspricht hier nichts weniger als eine Neuerfindung der Porträtretusche – mit KI-gestützten Werkzeugen, die den schmalen Grat zwischen überzeugender Optimierung und seelenlosem Plastiklook meistern. Für professionelle Fotografen und Bildkreative könnte die Software ein enormer Gewinn sein, da sie natürliche Ergebnisse mit drastisch reduziertem Zeitaufwand vereint.
Präzisionswerkzeuge für den anspruchsvollen Retoucheur
Was dieses Update von Aperty für den professionellen Workflow bedeutet, wird bereits bei den neuen Spezialwerkzeugen deutlich. Die Faltenentfernung arbeitet mit erstaunlicher Subtilität, die selbst gehobene Ansprüchen gerecht wird. Feine Linien glättet sie, während die charakteristische Hautstruktur und -textur erhalten bleibt. Besonders bei Hochzeits- und Businessporträts ein unbezahlbarer Vorteil.
Die Funktion zum Glätten der Lippen und das Entfernen von Unreinheiten an den Lippen adressieren einen Bereich, der in Standardsoftware oft vernachlässigt wird. Gerade bei Beauty-Shootings und Nahaufnahmen sparen diese spezialisierten Tools wertvolle Zeit im Vergleich zu aufwändigen Masken- und Ebenenarbeiten in Photoshop.
Workflow-Optimierung: Zeit ist Geld
Zur Theorie: Für den professionellen Fotografen bedeutet der optimierte Bildimport von Aperty und die automatische Projektbenennung mehr als nur Komfort – sie repräsentieren bares Geld in einer Branche, wo Zeiteffizienz direkt mit Profitabilität zusammenhängt. Der vereinfachte Importprozess mit weniger Schritten ist besonders bei Batch-Bearbeitungen nach großen Shootings ein signifikanter Produktivitätsgewinn.
Die neuen Hotkeys (Esc zum Abbrechen, Enter zum Bestätigen) folgen endlich etablierten Standards und reduzieren die kognitive Belastung beim Wechsel zwischen verschiedenen Programmen. Die proportionale Skalierung mittels Alt-/Option-Taste beim Zuschneiden entspricht dem Photoshop-Workflow und ermöglicht präzise Bildkompositionen ohne Umdenken.
Das aktualisierte Kurvenwerkzeug mit numerischen Werten gestattet nun endlich eine exakte, reproduzierbare Tonwertanpassung – ein Muss für Serienfotografen, die konsistente Ergebnisse über hunderte von Bildern hinweg garantieren müssen.
KI-Technologie, die Fotografen wirklich verstehen
Die technologische Basis von Aperty wurde mit Fokus auf fotografische Anforderungen entwickelt. Die Face-Mesh-Technologie erzeugt ein präzises 3D-Modell des Gesichts, das wesentlich genauer arbeitet als herkömmliche Gesichtserkennung. Dies ermöglicht Anpassungen, die auch bei extremen Kopfhaltungen und unterschiedlichen Lichtsituationen funktionieren – ein enormer Vorteil gegenüber konventionellen Retusche-Tools.
Das Segmentierungssystem trennt das Gesicht in drei Hauptbereiche, vergleichbar mit der manuellen Zonentechnik erfahrener Retoucheure. Diese differenzierte Bearbeitung erlaubt beispielsweise, T-Zone und Wangenpartien unterschiedlich zu behandeln – eine Notwendigkeit für überzeugende Ergebnisse bei anspruchsvollen Beauty-Aufnahmen.
Die Computer Vision analysiert subtile Unterschiede in Hauttönen und -texturen und passt die Bearbeitung entsprechend an. Verschiedene Hauttypen, Altersgruppen und ethnische Hintergründe erkennt sie automatisch. Ein nicht zu unterschätzender Vorteil wenn die Portraitfotografie auch in Zukunft aus Prinzip divers sein sollte.
Die Praxis – ein Wermutstropfen
Die praktische Anwendung offenbart deutliche Schwächen gegenüber den theoretischen Möglichkeiten. Die Performance von Aperty zeigt erhebliche Defizite, insbesondere im Bereich der Verarbeitungsgeschwindigkeit. Auf unserem Testrechner, einem voll ausgestatteten Apple M1 Max mit 64 BG RAM, braucht allein das Öffnen einer 60 Megapixel Raw-Datei Sekunden. Noch weit länger, wenn man auf bereis importierte Daten zugreift, die auf einem Server liegen – trotz 10GB-Netzwerk. Die Raw-Entwicklung erreicht nicht das Qualitätsniveau etablierter Adobe-Produkte, was sich besonders in der Detailwiedergabe und Farbgenauigkeit zeigt. Bei aktivierten Korrekturparametern verschlechtert sich die Performance zunehmend, sodass zwischen Bearbeitung und Bildschirmanzeige eine spürbare Verzögerung entsteht.
Eine Retusche-Philosophie für die moderne Fotografie
Aperty 1.3 reflektiert ein tiefes Verständnis für die Herausforderungen professioneller Bildbearbeitung: Es geht nicht darum, Gesichter durch Filter zu verfremden, sondern die natürliche Schönheit des Motivs herauszuarbeiten. Für den bewussten Fotografen, der seine Handschrift auch in der digitalen Nachbearbeitung bewahren möchte, bietet die Software einen Workflow, der technische Präzision mit künstlerischer Freiheit vereint – und dabei die Grenzen zwischen technischem Tool und kreativem Instrument verschwimmen lässt.
Preismodell
Bis Ende März ist Aperty mit 50 Prozent Rabatt erhältlich. Das Jahresabo kostet regulär 89,50 Euro (inkl. 7-tägiger Testversion und 14-tägiger Geld-zurück-Garantie). Wer langfristig plant, kann zur unbefristeten Lizenz für 174,50 Euro greifen. Bei automatischer Verlängerung bleiben die Kosten bei 89 Euro jährlich, während die manuelle Verlängerung mit 109 Euro zu Buche schlägt.
Fazit
Wenn das Aperty flotter arbeiten würde (was sicher/hoffentlich mit einem der kommenden Updates behoben wird), wäre es für jeden Porträtfotografen eine erhebliche Bereicherung. Das Problem der mäßigen Raw-Entwicklung lässt sich umgehen, wenn man Aperty als Plugin in Photoshop oder Lightroom einsetzt, statt es als Standalone zu nutzen. Allerdings muss man dann auf so praktische Dinge wie den Batchmodus verzichten – zumindest sofern man Aperty nicht entwickelte Tiffs oder Jpegs zu Batchverschönerung zuführt. Insgesamt also ein spannender Ansatz, preislich zwischen Portrait Pro von Anthropics und Retouch4me gelagert, aber leider noch nicht im Detail ausgereift.