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Wie verrückt ist das denn – Kameraentwicklungen

in 175 Jahren Fotografiegeschichte wurden nicht nur Kameras entwickelt, mit denen Fotografen möglichst gute Bilder machen können. Auch bisweilen skurrile Nischenprodukte für kleine Zielgruppen tummeln sich auf dem Markt.

Immer wieder begeisterte in der 175-jährigen Geschichte der Fotografie die Industrie mit Neuheiten – mit Kameras, die schneller, besser, kleiner und mit noch aufregenderen Features ausgestattet sind. Unter den Entwicklungen gibt es aber auch Kameras, deren Ziel es nicht war, einen breiten Markt zu erobern, sondern Ideen zu verwirklichen, die außerhalb der Norm liegen – zur eigenen Freude oder als Hilfsmittel in Forschung und Wissenschaft.

Minikamera gegen das Erblinden

Zwar ist das menschliche Auge keine Kamera, aber die Netzhaut hat eine große Ähnlichkeit mit einem Sensor. Sie hat für rot, grün und blau empfindliche Sinneszellen ähnlich den RGB-Pixel. Um Menschen, deren Netzhaut, Retina, geschädigt ist, bei denen aber das Nervengewebe im Auge intakt ist, das Erblinden zu ersparen, arbeiten weltweit verschiedene Forschungsgruppen daran, ihnen zu helfen. Lösungen sind die Implantation eines Chips auf oder unter der Netzhaut. Eine Minikamera in der Brille nimmt Videobilder auf, die in elektrische Impulse umgewandelt und an die Nerven weitergegeben werden.

Was fliegt denn da?

Tossing, die neue Art von Schnappschuss, ist ein Trend, der in Amerika um das Jahr 2005 aufkam: Beim Tossing wird die Kamera in die Luft geworfen und das Motiv mehr oder weniger zufällig eingefangen. Eingestellt wird auf Selbstauslöser oder eine lange Belichtungszeit. Nichts für Leute mit zwei linken Händen! Im Zuge von Tossing entwickelten die dänischen Designer Mads Ny Larsen und Eschel Jacobsen einen Ball mit integrierter Kamera.

Keinen Moment versäumen

Wenn nicht einmal die kurze Zeitspanne, die Kompakt- oder Handykamera aus der Tasche zu ziehen, um sein Bild zu schießen, schnell genug ist, für den sind Wearable Kameras die Lösung. Diese kleinen Kameras werden um den Hals gehängt oder an die Kleidung angeklippt, wo sie, einmal gestartet, automatisch fotografieren. Dabei gibt es Minikameras, die kontinuierlich Aufnahmen machen, sobald sie Veränderungen in ihrer Umgebung, wie beispielsweise eine Bewegung oder ein Geräusch, feststellen.

Unsinn oder Zukunft?

Sicher ist für so manchen die Vorstellung mit einem ähnlich einer Brille auf der Nase getragenen Minicomputer mit integrierter Kamera herumzulaufen nicht so prickelnd – sieht das nicht albern aus und outet einen das nicht als Späher für Google? Google Glasses soll mit der eingebauten Digitalkamera live Bilder und Videos in der Blickrichtung des Trägers liefern. Bedenken haben Datenschützer schon angemeldet, da die Brille in der Lage sei, die Umgebung des Trägers auszuspähen und die Informationen auf Googles eigene Server zu übertragen. Außerdem können auf dem Bildschirm der Datenbrille oberhalb des Blickfeldes Informationen und Nachrichten eingeblendet werden. Allerdings sollte man die Brille nicht unbedingt beim Autofahren tragen, da es damit in den USA durch die Ablenkung schon Unfälle gegeben haben soll. Google steht aber mit der Entwicklung von Datenbrillen nicht allein. Hersteller wie Samsung haben mit ihren im Entwicklungsstand stehenden Geräten mehr den Sportler im Blick, der damit nicht nur aufnehmen, sondern sich auch auf dem Display über den Augen Informationen anzeigen lassen kann.

Kamera aus dem Drucker

Franzosen gehörten zu den Erfindern der Fotografie. Dass sie immer noch innovative Ideen haben, wenn es um dieses Medium geht, beweist eine mit dem Drucker hergestellte Spiegelreflexkamera, die der französische Student Léo Marius in nur 16 Stunden Druckzeit mit einem 3D-Drucker produziert hat. Es handelt sich dabei um eine vollständig aus Kunststoff gefertigte, analoge Kamera.

Gigantische Lochkamera

Eine der größten Kameras überhaupt bauten 2006 sechs Fotokünstler, indem sie in Südkalifornien einen Flugzeug Hangar zu einer gigantischen Lochkamera umgestalteten. Darin wurde eine rund 10 × 33 m große Leinwand belichtet. Das Motiv war weniger spektakulär: Die Landebahn und der Tower vor dem Hangar.

On the road

Quer durch Baden-Württemberg war im Herbst 2013 ein Traktor unterwegs, der einen umgebauten Bauwagen zog. In seinem Inneren verbarg sich eine Camera Obscura. Drei Mitglieder der Fotogruppe Licht 21 waren auf der Tour dabei, wo nicht nur Zuschauer die große Camera Obscura bewunderten, sondern natürlich auch fotografierten. Auf Direktpapier entstanden mit Belichtungszeiten von 20 bis 120 Minuten die Unikate, die irgendwann auch der Öffentlichkeit vorgestellt werden sollen.

Im Flug aufgenommen

Hofapotheker Dr. Julis Neubronner aus Kronberg im Taunus schaffte es, seine beiden Leidenschaften für Brieftauben und die Fotografie zu verbinden. Anfang des 20. Jahrhunderts, als es noch nicht an jeder Ecke eine Apotheke gab, löste er die Zustellung von Rezepten und Medizin mit seinen Brieftauben. Damit aber nicht genug, konstruierte er 1905 eine Kamera mit zwei Ticka-Objektiven, eines nach vorn und eines nach hinten gerichtet, die nur 73 Gramm wogen und mit der er die Brieftauben zum Fotografieren losschickte.

Wurfkamera-Panorama

Was der engagierte Bastler so alles zustande bringen kann, das beweist die Wurfkamera für Panoramaaufnahmen von Jonas Paul. Der Computerentwickler konstruierte eine handballgroße Kugel, in der 36 kleinste Handykamers eingebaut sind. Die integrierte Steuerelektronik löst am höchsten Punkt der Wurfbahn, wenn sich der Ball kaum bewegt, die Kameras synchron aus. Aus den Bildern wird dann ein Kugelpanorama gefertigt.
Aber die Idee, Kameras in einen Ball zu integrieren, hatten auch schon andere. In den USA hat Bounce Imaging die Squito eine nur tennisballgroße Kamera entwickelt, die, in einen Raum geworfen, Panoramabilder macht. Sechs Kameras mit Weitwinkelobjektiven, an denen jeweils vier Leuchtdioden befestigt sind, erfassen den kompletten Raum auch bei Dunkelheit. Zum Einsatz soll sie bei Polizisten und Feuerwehrleuten kommen, damit sie sehen, was sie im Einsatz erwartet, ohne dass sie sich gefährden.

Mehr als ein Spielzeug

Bauklötzchen kann man staunen über die kleine Digitalkamera aus Legosteinen, die mit 3 Megapixel arbeitet. Also wer seinen Lego-Fan-Kindern das Fotografieren nahe bringen will, der schafft es sicher mit der Bausteinkamera. Legokameras in Übergröße hatte Jens Werlein gebaut. Zu ihnen gehört eine 20 × 24-Inch Großformatkamera, die aus rund 50.000 Legosteinen besteht.

Der Katze auf der Spur

Ihre Katze ist ein Streuner? Kein Problem, denn die CatCam von Mr. Lee gibt immer eine Antwort darauf, wo sich der Haustiger gerade herumtreibt. Die TV-Kamera wird am Halsband befestigt und sendet die Bilder in den Äther, ein Demodulator empfängt das Funksignal, konvertiert es in ein Videosignal, das so am Fernseher gesehen werden kann.

Ab in den Ofen

In ihrem Backofen zu Hause ist es der Ofenkamera von Thermotemp zwar nicht zu heiß, aber gedacht ist das Kamerasystem zur Feuerraumbeobachtung, wie zum Beispiel in Industrieöfen zur Müllverbrennung. Solche Kameras dienen unter anderem der Überwachung des Brennraums. Wegen der großen Hitze ist das Kameragehäuse, das bis zu 1.000 Grad verträgt, wassergekühlt.

Der Wunschautomat

Die wenigsten Menschen bekommen ihre Wünsche von den Augen abgelesen – zum Beispiel auf welches Getränk man gerade Lust verspürt. In der japanischen Hauptstadt Tokio soll das allerdings möglich sein. Von einer Kamera aufgenommen wird nach dem Bild des Reisenden unter anderem auf Grund seines Alters und Geschlechts Schlüsse gezogen, was dem Durstigen vielleicht schmecken könnte. So zeigen Untersuchungen, dass Männer besonders gern koffeinhaltige Getränke mögen, und Menschen, die über 50 Jahre alt sind, grünen Tee vorziehen.

Cleverer Butler

Sicher haben die wenigsten Menschen einen Portier oder Butler, der an die Tür geht, schaut, wer da ist, den Gast begrüßt und auch überwacht, wer das Türschloss aufschließt. Das aber kann das Smart Lock von Goji. Das clevere Türschloss mit eingebauter Kamera zeigt mithilfe einer Smartphone App die Besucher und kann sie auch über ein LED-Display begrüßen oder verabschieden. Die Kamera fotografiert auch jeden, der das Schloss benutzt und kann das Bild an den Administrator senden.

Fischers Fritze

Da hat sich Fischers Fritze sicher gefreut als die FishEyes Angelrute mit Unterwasserkamera auf den Markt kam. Denn damit konnte Fritze den Fisch beobachten, während er am Köder anbeißt. Nach dem die Angel ausgeworfen ist, nimmt die Unterwasserkamera, die oberhalb des Köders angebracht ist, das Geschehen auf und das Bild wird über einen LCD-Monitor, der sich am Ende der Angelrute befindet, wiedergegeben.
Quelle: www.prophoto-online.de

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Johannes Wilwerding

Johannes Wilwerding hat bereits Mitte der Achziger Jahre und damit vor dem Siegeszug von Photoshop & Co. Erfahrungen in der Digitalisierung von Fotos und in der elektronischen Bildverarbeitung gesammelt. Seit 2001 ist er freiberuflicher Mediengestalter und seit 2005 tätig für das DOCMA-Magazin.

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