5 Fragen an den KI-Künstler Boris Eldagsen
Fünf Fragen an Boris Eldagsen, den Fotokünstler, der seinen Preis in der Kategorie Open Creative der Sony World Photography Awards 2023 mit einem KI-generierten Bild gewonnen und öffentlichkeitswirksam abgelehnt hat. Über den Fall berichteten eine Vielzahl internationaler Medien sehr ausführlich, darunter der deutsche Spiegel und der englische Guardian.
DOCMA: In Deiner Rede während der Preisverleihung hast Du die Frage aufgeworfen, ob KI-Bilder und Fotografie bei solchen Preisen miteinander konkurrieren sollten. Könntest Du Deine Bedenken näher erläutern und warum Du glaubst, dass es einen Unterschied zwischen KI-Bildern und Fotografie gibt?
Boris Eldagsen: Meine Bedenken bestehen darin, dass KI-Bilder und Fotografie zwei unterschiedliche Dinge sind. Während Fotografie Licht (und in den meisten Fällen eine Linse) erfordert, entstehen KI-generierte Bilder aus Worten mithilfe von Algorithmen und maschinellem Lernen, dafür brauche ich nur Wifi und ein Interface. Um zu zeigen, dass ich mit KI nicht nur etwas wie Fotos, sondern auch Zeichnungen, Malerei, 3D Grafiken, ausgedruckten Objekten oder Musik synthetisch herstellen kann, bevorzuge ich den Begriff „Promptographie“. Es ist wichtig, die Unterschiede zwischen Fotografie und Promptografie anzuerkennen und zu entscheiden, ob sie in einem Wettbewerb miteinander konkurrieren sollten.
DOCMA: Du hast angeregt, eine Diskussion darüber zu führen, was wir als Fotografie ansehen wollen und was nicht. Wie stellst Du Dir diese Diskussion vor, und welche Ergebnisse erhoffst Du Dir davon?
Boris Eldagsen: Ich stelle mir eine offene Diskussion vor, bei der Künstler, Fotografen, Kritiker und Interessierte gemeinsam über die Zukunft der Fotografie und die Rolle von KI-generierten Bildern sprechen. Ich erhoffe mir, dass durch diese Diskussion ein besseres Verständnis dafür entsteht, wie KI und Fotografie zusammenarbeiten können und wie sie voneinander getrennt werden sollten, um die Integrität beider Kunstformen zu bewahren.
DOCMA: Wie erklärst Du Dir das Medieninteresse nach Deiner Preisrückgabe? Normalerweise sind Fotothemen ja nicht unbedingt etwas, das eine so breite und prominente Berichterstattung in Massenmedien nach sich zieht.
Boris Eldagsen: Das Medieninteresse entstand, weil es ein großes Interesse der Foto-Community gab, Fotografie und KI-generierte Bilder schärfer voneinander abzugrenzen. Als diese Debatte immer größer wurde, wurde die internationale Presse darauf aufmerksam. Die Massenmedien haben das Thema jedoch zunehmend unter dem Aspekt der Desinformation diskutiert.
DOCMA: Deine Einreichung war – zumindest für Interessierte – ja klar als KI-Arbeit zu erkennen. Die Würdigung kann also eigentlich kein Versehen gewesen sein. Wie haben sich Sony und der Veranstalter dazu positioniert?
Boris Eldagsen: Eine klare Position zum Verhältnis zwischen KI und Fotografie gibt es bis heute nicht. Der Kurator der Open Competition hat sich bis heute nicht geäußert. Es gab einmal eine Zusage zu einem Radiointerview, die er wieder zurückzog.
DOCMA: Als Mitglied der DFA hast Du ja viel mit Verbandsarbeit zu tun. Wie nimmst Du die Reaktion der Fotografen auf die KI-Herausforderung und die damit verbundenen Umbrüche wahr?
Boris Eldagsen: Als Mitglied der Arbeitsgruppe „Technischer Fortschritt“ des Deutschen Fotorates habe ich DFA, FREELENS und den Deutschen Fotorat bei der Erarbeitung ihrer KI-Positionspapiere unterstützt. Durch den Austausch mit Vertretern von DGPh und BFF verstehe ich die Reaktionen der Fotografen und Fotografinnen, kann diese aber nur ermutigen, sich frühzeitig mit KI auseinanderzusetzen. Für mich ist KI ein Wissensverstärker, und alle, die sich mit Fotografie auskennen, werden KI auf einem höheren Niveau verwenden können als Fachfremde.
Hinweis
In der kommenden DOCMA-Ausgabe, die ab Anfang Juni 2023 erhältlich ist, bringen wir ein ausführliches Interview mit Boris Eldagsen über seine Erfahrungen bei der systematischen Arbeit mit KI-Prompts.
„Für mich ist KI ein Wissensverstärker, und alle, die sich mit Fotografie auskennen, werden KI auf einem höheren Niveau verwenden können als Fachfremde.“
Damit hat er sich selbst disklalifiziert. Allein das Himmel austauschen in Photoshop geht garnicht bei Fotografen und KI ist der Killer des Fotografierens. Ich fotografiere, wegen des Fotografierens und nicht, weil eine KI aus kopiergeshcützen Werken sich das angeeignet hat, Bilder zu erstellen. OHNE UNSERE Werke könnte die KI nichts
Es gibt viele Wege zu einem Bild. Fotografie ist einer; Malen, Zeichnen, 3D-Modelle konstruieren und Bilder davon rendern sind andere. Die generative KI mit Text-zu-Bild-Systemen eröffnet uns nun einen weiteren Weg.
Manche legen sich auf einen Weg fest, sei es aus Neigung oder weil sie darin ihr größtes Talent sehen, und wer ausschließlich fotografiert, der ist beim Thema KI eben ’raus. Wer als Fotograf dennoch auch mal neue, alternative Verfahren ausprobiert, kann sein fotografisches Wissen auch bei der Anwendung von KI-Verfahren nutzbringend einsetzen, und das ist der Punkt, den Boris Eldagsen hier machen wollte. Wobei das natürlich nicht nur für KI gilt; auch Maler und 3D-Künstler werden von fotografischen Erfahrungen profitieren (und umgekehrt).