Panasonic Lumix DC-S5 – Flexibler Fokus
Die Fähigkeit, die Schärfenzone praktisch beliebig auszudehnen oder den Fokus noch nach der Aufnahme zu verschieben, bringt man gemeinhin mit Technologien wie der Lichtfeldfotografie in Verbindung. Dass die klassische Fotografie hier nicht zurückstecken muss und qualitativ sogar die Nase vorn hat, zeigt die spiegellose Systemkamera Panasonic Lumix DC-S5.
Bei Aufnahmen im Nah- und Makrobereich ist die Schärfentiefe auch bei kleinen Blenden oft nicht groß genug, um das Motiv vollständig scharf abzubilden, aber die Lumix S5 bringt Funktionen zur Ausdehnung der Schärfenzone mit. Die S5 ist Panasonics viertes Vollformat-Modell der S-Serie und damit ein Beitrag zur L-Mount-Allianz von Leica, Panasonic und Sigma. Kameras und Objektive mit dem L-Mount sind untereinander austauschbar und bilden somit ein System. Waren die ersten L-Mount-Kameras noch relativ groß, beweist die im September 2020 eingeführte Lumix S5 für rund 1950 €, dass eine Vollformatkamera sogar kleiner als manches Micro-Four-Thirds-Modell sein kann.
Fokussieren nach der Aufnahme
Der Traum, den Fokus und die Schärfentiefe noch im Nachhinein korrigieren zu können, sollte eigentlich durch die Lichtfeldfotografie verwirklicht werden. 2012 brachte die Firma Lytro die erste Kamera für den Massenmarkt heraus, die „Lichtfelder“ aufnahm, aus denen sich Fotos mit beliebigem Fokus berechnen ließen. Diese Technologie setzte sich jedoch nicht durch, schon weil die Auflösung der so erzeugten Bilder gering war. Zudem können normale Kameras mit der Aufnahme von Fokusreihen Ähnliches leisten, und das mit qualitativ überzeugenderen Resultaten.
Die Lumix S5 ist weder das einzige noch das erste Modell, das auf diese Weise eine Fokussierung im Nachhinein unterstützt. Panasonic-Kameras bieten solche Features schon seit einigen Jahren, nicht nur in den Modellen des S-Systems, sondern auch in den MFT-Kameras. Es gibt zwei alternative Verfahren, die beide, außer einem Stativ, kein weiteres Zubehör erfordern – also keinen motorisierten Schlitten, wie wir ihn vor einem Jahr zum Fokus-Stacking genutzt hatten (siehe DOCMA 92 ab Seite 80). Während das eine Verfahren unterschiedlich fokussierte Bilder bereits in der Kamera miteinander verrechnen kann, liefert das andere die Ausgangsbilder zur Verrechnung auf dem Computer.
Beide Methoden des Fokus-Stacking bieten neben der Flexibilität, die Lage und Ausdehnung der Schärfenzone noch nach der Aufnahme verändern zu können, den oft noch wichtigeren Vorteil, eine größere Schärfentiefe zu erhalten, als die allein durch Abblenden erreichbare. Dies ist insbesondere im Nahbereich wichtig, da ein großer Abbildungsmaßstab mit einer geringen Schärfentiefe erkauft wird und starkes Abblenden zu Beugungsunschärfen führt.
Post-Fokus
Die »Post-Fokus«-Funktion der S5 basiert auf den 6K- und 4K-Modi, einem Zwitter zwischen Standbild- und Videoaufnahmen. In diesen Modi werden Filmsequenzen mit 18,7 (6K) beziehungsweise 8,3 Megapixeln (4K) gespeichert, wobei sich die Verschlusszeit im Gegensatz zum Videomodus frei wählen lässt. Die Filme werden so komprimiert, dass sich auf einfache Weise Einzelbilder herausziehen und als JPEGs sichern lassen. Den Nutzen von 4K-Filmaufnahmen für fotografische Zwecke haben wir in DOCMA 65 ab Seite 100 beschrieben, und im 6K-Modus wird der größte Teil der Sensorauflösung von 24 Megapixeln genutzt.
Mit der »Post-Fokus«-Funktion nimmt die Kamera eine Fokusreihe im 6K- oder 4K-Foto-Modus auf, wobei der Autofokus die Szene abtastet und nacheinander auf alle Motive im Bild scharfstellt. Die resultierende Filmsequenz gibt Ihnen ähnliche Möglichkeiten wie die Aufnahmen einer Lichtfeldkamera. Durch Antippen einzelner Motive auf dem Touchscreen verschiebt sich der Fokus, indem das Foto aus der Reihe ausgewählt wird, auf dem dieses Motiv scharf abgebildet ist. Das Foto lässt sich dann als eigenständige Datei speichern.
Darüber hinaus können Sie nacheinander alle oder einen Teil der Messfelder auswählen, auf die die Kamera fokussiert hatte, um aus den einzelnen Aufnahmen ein Bild mit ausgedehnter Schärfentiefe berechnen und speichern zu lassen.
Fokus-Reihe
Falls Sie ein Fokus-Stacking mit der vollen Sensorauflösung und/oder mit Raw-Dateien durchführen wollen, müssen Sie statt der »Post-Fokus«- die »Bracketing«-Funktion wählen, die neben Belichtung, Blende und Weißabgleich auch die Fokussierung in einer Reihenaufnahme variieren kann.
Die Zahl der Reihenaufnahmen (bis zu 999) und die Schrittweite müssen Sie manuell einstellen, und der Weg zu den optimalen Werten führt nur über Versuch und Irrtum. Je größer die Blende und je geringer daher die Schärfentiefe eines einzelnen Bildes ist, desto mehr Aufnahmen mit desto kleinerer Schrittweite sind nötig. Im Zweifelsfall gilt, dass man immer erheblich mehr Aufnahmen braucht, als man denkt.
Zur Kontrolle müssen Sie die Bilder erst miteinander verrechnen; die Vorgehensweise haben wir in DOCMA 92 ab Seite 20 beschrieben. Falls sich im resultierenden Bild scharfe und unscharfe Zonen abwechseln, verkleinern Sie die Schrittweite und vergrößern die Zahl der Aufnahmen, bis sich eine durchgehend hohe Schärfe ergibt. Wenn Sie stattdessen weiter abblenden, sollten Sie die »Beugungskorrektur« im Kameramenü auf »Auto« stellen, was sich allerdings nur auf JPEGs und nicht auf Raw-Bilder auswirkt.
Die Fokussierung vor dem Druck auf den Auslöser, der die Reihenaufnahme startet, legt entweder den Nahpunkt fest, von wo aus der Fokus schrittweise nach hinten verschoben wird, oder einen mittleren Punkt, von dem aus abwechselnd nähere und weitere Entfernungen scharfgestellt werden. Wenn die Schärfentiefe nicht weit genug reicht, ist eine größere Zahl von Aufnahmen erforderlich.
Nachdem Sie herausgefunden haben, welche Einstellungen bei einer bestimmten Kombination von Brennweite, Blende und Entfernung zu optimalen Ergebnissen führen, gehen die eigentlichen Aufnahmen schnell von der Hand, wie unser Projekt der Dokumentation einer Puppensammlung gezeigt hat (siehe Seite 78 f.). Die auf diese Weise produzierten Ergebnisse sprechen für sich: Für eine flexible Ausweitung der Schärfenzone reichen die Bordmittel einer Kamera wie der Lumix S5 sowie Photoshop aus, und hinsichtlich der erzielbaren Bildqualität ist diese Kombination einer Lichtfeldkamera überlegen.
Panasonic Lumix DC-S5: Weiterführende Informationen finden sie hier.