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Interview mit Robert Maschke

Interview mit Robert MaschkeDunkle Porträts von scheinbar düsteren Charakteren – diese Mischung hat Robert Maschke zum Hoffotografen der Hip-Hop-Szene gemacht. Christoph Künne traf sich mit ihm, um herauszufinden, ob es zum Leben reicht, wenn man für einen Stil bekannt ist.

Christoph Künne (CK): Wenn man deine Website besucht und sich dort die Referenzen anschaut, sieht es so aus, als würdest du in zwei Welten leben: Auf der einen Seite porträtierst du Hip-Hop-Musiker, Comedians und andere Künstler. Gleichzeitig aber arbeitest du auch für Unternehmen wie Vorwerk, Henkel, Eon und Bayer. Wie geht das?

Robert Maschke (RM): Ganz richtig beobachtet: Ich bediene zwei komplett gegensätzliche Marktsegmente mit ganz unterschiedlichen Bildsprachen. Bei den Business-Kunden kann ich meine technischen Fertigkeiten unter Beweis stellen. Hier geht es oft darum, Agenturvorgaben auf den Punkt zu bedienen. Ganz anders ist die Arbeit mit den Künstlern. Mit diesen Bildern versuche ich Emotionen zu erzeugen, Projektionsflächen zu schaffen und übliche Schallmauern zu durchbrechen.

CK: Wie bist du zur Fotografie gekommen?

RM: Spät. Meine erste digitale Kamera habe ich mir 2008, also mit Ende 20 gekauft. Eigentlich eher, weil sie ein Schnäppchen war, als weil ich sie wirklich gebraucht hätte. Davor hatte ich in einem Urlaub gerade einmal zwei Filmrollen belichtet. Allerdings kannte ich damals Photoshop schon fast mein halbes Leben lang. Ich begann als 13-Jähriger damit zu spielen. Bei meiner späteren Arbeit als Designer war es mein Lieblingswerkzeug, weil Vektoren einfach nicht so mein Ding sind. 2007 fragte mich eine Fotografin, ob ich ihr Modell stehen wollte. Ich sagte ja, und nach dem Shooting blickte ich ihr bei der Bildbearbeitung über die Schulter. Sie gehörte zu der Photoshopper-Fraktion, die ohne Ebenen arbeitet. Die, wenn das Bild mißlingt, einfach noch mal ganz von vorne beginnt. Nach mehreren Hinweisen, wie man dieses oder jenes besser machen könnte, ließ sie mich entnervt an den Rechner. Wir sind später trotzdem Freunde geworden (lacht).
Ich habe dann sehr schnell gemerkt, dass Bilder retuschieren genau das ist, was ich immer schon machen wollte.

Interview mit Robert MaschkeCK: Also bist du ein Photoshopper, der eher zufällig zum Fotografieren gekommen ist?

RM: Am Anfang schon. Ich bin – wie wahrscheinlich jeder Amateur – erst einmal mit der neuen Digitalkamera herumgezogen und habe alles Mögliche fotografiert: Wälder, arrangierte Stillleben und eine ganze Zeit lang auch Vorhängeschlösser. Die haben mich irgendwie fasziniert. Wenn sie ordentlich verrostet waren, konnte man auch so schön die Strukturen herausarbeiten. Ich bin dann relativ schnell beim Menschen als Motiv hängengeblieben. Genau genommen hat mich die Mischung aus Porträtfotografie und Nachbearbeitung so in ihren Bann gezogen, dass ich mein altes Geschäftsfeld, in dem ich Webseiten gebaut und Logos entwickelt hatte, mehr und mehr aus dem Blick verlor. Ich brachte mir bei, mit Blitzanlagen zu arbeiten, veröffentlichte Fotos in damals viel frequentierten Online-Communities, hatte erste Bilder in Magazinen. Als ich begann, Privatkunden gegen Honorar zu fotografieren, entstanden die ersten Kontakte in die ­Musikszene.

CK: Leidenschaft, Online-Anerkennung, kleine private Aufträge, hier und da mal ein Job fürs Renommee – diese Story habe ich in den letzten 20 Jahren hundertfach gehört. Aber kaum jemand von denen, die sie mir erzählt haben, war – wie du – gerade dabei, sein neues 200-Quadratmeter-Studioloft vor den Toren Kölns zu beziehen, weil die alten Räume zu eng geworden sind. Wie hast du es geschafft, deine Leidenschaft auch auf einen soliden finanziellen Sockel zu stellen?

RM: Als ich mit dem Fotografieren anfing, wusste ich von meinem vorherigen Business: Um Erfolg zu haben, muss man mit ­Werbeagenturen arbeiten. Ich hatte Glück und fand eine Agentur, die – wie ich auch – im Begriff stand, durchzustarten. Der Rest war eine Mischung aus Glück, Zufällen und harter Arbeit.

CK: Kommen wir zurück zur Musik. Auf deiner Künstler-Referenzliste findet man neben weltbekannten Stars wie Yello oder den No Angels vor allem Hip-Hopper wie Kollegah, KC Rebell, AZAD oder PA Sports. Wie bringt man die dazu, sich von einem fotografieren zu lassen?

RM: In erster Linie ist die eigene Haltung wichtig. Mir geht es nicht darum, Szene-Promis zu fotografieren, um damit viel Geld bei irgendwelchen Medien zu verdienen. Ich komme von der anderen Seite. Mich interessiert die Musik. Ich beschäftige mich mit der Kultur dahinter und möchte diese Aspekte jenseits der üblichen Klischees sichtbar machen.

CK: Allein vom Haltung-haben oder vom Sichtbar-machen-wollen kommt doch niemand vor die Kamera, oder?

RM: Natürlich nicht (lacht). Um mit den Musikern in Kontakt zu kommen, müssen sie schon Bilder von dir gesehen haben. Wenn die Ergebnisse eindrucksvoll genug sind, werden irgendwann auch die Stars auf dich aufmerksam. Sobald man mit ihnen arbeiten darf, treten die Bilder aber ein Stück weit in den Hintergrund. Ich mache meist die Erfahrung, dass es im Wesentlichen eine Frage des Umgangs und des Tons ist, der richtig gewählt sein muss. Je ehrlicher und direkter man sein kann, desto besser werden die Bilder. Aber diese Ehrlichkeit und Direktheit will natürlich auch gut verpackt sein. Am Ende ist es immer ein Gesamtpaket, das die Türen öffnet, nicht nur die Bildergebnisse selbst.

CK: Inzwischen ist dein Bekanntheitsgrad gewachsen. Kommen die Leute jetzt auf dich zu?

Interview mit Robert MaschkeRM: In der Regel schon. Viele haben erkannt, dass gerade Fotos in starkem Maße ihr öffentliches Image prägen und ihre Produkte – wie etwa Musik­alben – verkäuflich machen. Inzwischen gehe ich selbst eher auf die jungen Talente zu und biete ihnen meinen Support beim „Sichtbarwerden“ an. Allerdings steht für mich auch hier die Musik im Vordergrund. Ich ­en­-
gagiere mich nur, wenn ich die Songs mag und die Leute interessant finde.

CK: Bitte noch ein Wort zur Technik, die du einsetzt – oder spielt sie für dich keine große Rolle?

RM: Technik spielt vor allem bei meinen Firmen-Jobs eine wichtige Rolle. Einmal, weil es hier um maximale Qualität geht, aber auch, weil vielen Auftraggebern zum Beispiel der Einsatz von Mittelformatkameras wichtig ist. Während hier die Auflösung nicht hoch genug sein kann, folgt die Wahl der Technik für meine Künstlerporträts anderen Prioritäten. Meine derzeitige Lieblingskamera ist eine Sony a7s. Sie ist nicht nur klein, handlich und unauffällig, sondern erlaubt mir auch unter ungünstigsten Lichtbedingungen zu arbeiten. In solchen Fällen ist für mich die Bildauflösung nebensächlich. 

CK: Was ist mit der Nachbear­bei­­­tung in Photoshop? Machst du die selbst oder gibst du sie an Dienstleister weiter?

RM: Die wichtigen Abstimmungen nehme ich grundsätzlich selbst vor – also alles, was den finalen Look betrifft. Wenn der Job es erforderlich macht, gebe ich aber Vorarbeiten wie Freisteller oder Ausfleck-­Retuschen aus der Hand.

 


Interview mit Robert Maschke: Möchten Sie wissen, wie Robert Maschke seinen speziellen Stil mit Photoshop Schritt für Schritt umsetzt? Dann lesen Sie das Making-of-Tutorial in der neuen DOCMA 77 (Ausgabe 4/2017).


 

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Christoph Künne

Christoph Künne, von Haus aus Kulturwissenschaftler, forscht seit 1991 unabhängig zur Theorie und Praxis der Post-Photography. Er gründete 2002 das Kreativ-Magazin DOCMA zusammen mit Doc Baumann und hat neben unzähligen Artikeln in europäischen Fachmagazinen rund um die Themen Bildbearbeitung, Fotografie und Generative KI über 20 Bücher veröffentlicht.

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