Von Sachbüchern erhofft sich der Leser Antworten auf konkrete Fragen, und in dieser Reihe befragt Michael J. Hußmann Fachbücher dazu, welche Antworten sie geben können. In „Fotorecht: Ihr Ratgeber für den fotografischen Alltag“ geht es um ein Thema, um das kein Fotograf herum kommt.
Fotografen haben sich öfter, als es ihnen lieb ist, mit Rechtsfragen herumzuschlagen. Einerseits müssen sie Verletzungen ihrer Urheber- oder Verwertungsrechte abwehren, andererseits laufen sie selbst Gefahr, das Recht am eigenen Bild, das Eigentumsrecht oder das Markenrecht zu verletzen. Bei der immer verbreiteteren Fotografie mit Hilfe unbemannter Fluggeräte muss auch noch das Luftverkehrsrecht beachtet werden, und selbst wer dabei unabsichtlich Schaden anrichtet, kann sich mit hohen Schadensersatzforderungen konfrontiert sehen.
Rechtlicher Rat ist im Internet wohlfeil, aber da sich kaum ein juristischer Laie mit den Feinheiten des nationalen und internationalen Rechts wirklich auskennt, gibt es für die notwendige Einschränkung längst eine geläufige Abkürzung – IANAL für „I Am Not A Lawyer“. Wolfgang Rau, der Autor von „Fotorecht: Ihr Ratgeber für den fotografischen Alltag“, ist dagegen Anwalt, und er ist schon seit vielen Jahren mit Fällen aus dem weiten Bereich des Fotorechts befasst. Auf über 500 Seiten deckt sein Buch praktisch alle rechtlichen Zweifelsfragen ab, die sich dem Fotografen stellen. Wir befragen das Buch zu solchen Themen, und es antwortet mit der Stimme seines Verfassers.
Was unterscheidet Lichtbilder von Lichtbildwerken?
Dürfen Aufnahmen, die mit Mobiltelefonen hergestellt wurden, die meist keine individuellen Einstellungen von Zeit und Blende ermöglichen, sondern lediglich das Drücken des Auslösers erfordern, von jedermann frei verwendet werden? Solche Aufnahmen, die im Wesentlichen nur durch Drücken des Auslösers entstanden sind, auf rein handwerklichen Fähigkeiten beruhen und keine Individualität erkennen lassen, nennt man Lichtbilder – im Gegensatz zu Lichtbildwerken. Der Gesetzgeber hatte Lichtbildern zunächst einen urheberrechtlichen Schutz versagt, aber seit 1985 genießt auch ein Schnappschuss urheberrechtlichen Schutz (Bild 1).
Der Unterschied zwischen Lichtbildern und Lichtbildwerken ergibt sich ausschließlich aus der Schöpfungshöhe des einzelnen Bildes. Das bedeutet weder, dass der Profifotograf oder engagierte Amateur nur Lichtbildwerke fertigt, noch, dass der Laie nur Lichtbilder herstellt. Für jedes einzelne Werk ist eine Beurteilung erforderlich, ob durch Wahl der Bildelemente, der Kameraeinstellungen, des Standpunktes und so weiter eine künstlerische Aussage zum Ausdruck kommt.
Wie entsteht ein Urheberrecht am Bild?
Gelegentlich wird die unzutreffende Meinung vertreten, dass durch die Verbindung eines Bildes mit dem international bekannten Copyright-Zeichen der Urheberrechtsschutz entstehe, und dass ohne dieses Zeichen kein Urheberrecht vorhanden sei. Nach deutschem Recht entsteht das Urheberrecht mit der Schaffung des Werkes, ohne dass der Urheber irgendetwas zusätzlich tun muss. Anders als andere Schutzrechte, wie zum Beispiel Patente, Marken- und Designrechte, die erst mit Eintragung beim Deutschen Patent- und Markenamt entstehen, muss und kann ein Urheberrecht nirgendwo eingetragen werden. In dem Moment, in dem der Fotograf auf den Auslöser gedrückt und das Bild gemacht hat, ist er Urheber des jeweiligen Fotos. Allerdings empfiehlt sich die Verwendung des ©-Zeichens, um mögliche Schadensersatzansprüche im angloamerikanischen Rechtskreis vor Gericht besser durchsetzen zu können.
Darf man das Eigentum Dritter fotografieren?
Manche Eigentümer einer Sache machen ihr Eigentumsrecht als Begründung dafür geltend, dass Sie ihre Sachen nicht fotografieren dürfen. Dazu gibt es eine eindeutige und über Jahre gefestigte Rechtsprechung. Da mit einer Fotografie die Substanz der Sache nicht angegriffen und die Verfügungsbefugnis des Eigentümers nicht beeinträchtigt wird, stehen diesem keine Abwehr- und Unterlassungsansprüche zu. Sie stehen nur demjenigen zu, der durch Eingriffe von außen in seinem Eigentumsrecht beeinträchtigt wird, etwa indem jemand Gegenstände auf sein Grundstück wirft. Das bloße Fotografieren einer Sache stellt jedoch keine solche Einwirkung dar, so dass der Eigentümer das Fotografieren seines Eigentums dulden muss (siehe das Aufmacherbild und Bild 2 ).
Gilt das auch für Fotos von einem Privatgelände aus?
Sie möchten beispielsweise die Skulptur eines jungen Künstlers auf einem Platz mitten in der Stadt fotografieren. Da Sie nicht genügend Abstand für eine formatfüllende Aufnahme nehmen können, fragen Sie einen Anwohner, ob er Ihnen gestattet, das Foto von seinem Grundstück aus zu machen. Dieser hat ein Herz für Fotografen und gestattet Ihnen die Fotografie von seinem Garten aus. Ein Werk unterliegt aber nur dann der Panoramafreiheit, wenn es von öffentlichen Plätzen aus fotografiert werden kann. Unter öffentlichen Plätzen versteht die herrschende Meinung solche Lokalitäten, die nicht nur frei zugänglich sind, sondern auch dem Gemeingebrauch gewidmet wurden. Aufnahmen, die auf oder von Privatgelände aus gefertigt werden, unterliegen also schon aufgrund ihrer Definition nicht der Panoramafreiheit.
Gilt die Panoramafreiheit für Aufnahmen vom Stativ?
Eine für den Fotografen interessante Frage ist auch, ob die Panoramafreiheit Aufnahmen mit Stativ umfasst, da ja nur die Verwertung von Aufnahmen gestattet ist, die ohne Hilfsmittel zustande gekommen sind. Zwar ist das Stativ zweifellos ein Hilfsmittel, es dient jedoch nicht dazu, sich eine Position zu verschaffen, aus der man ohne Stativ nicht fotografieren könnte, sondern allein der Stabilisierung der Kamera. Gegen die Verwendung eines Stativs dürfte deshalb nichts sprechen, solange die Kamera nicht durch extremen Auszug der Mittelsäule in eine Position deutlich über Augenhöhe gebracht wird. Einbeinstative mit enormer Höhe, die für neue Blickwinkel angepriesen werden, sind dagegen eindeutig Hilfsmittel im Sinne von § 59 UrhG; damit hergestellte Aufnahmen genießen daher nicht das Privileg der Panoramafreiheit.
Brauche ich für Drohnen-Aufnahmen eine Versicherung?
Grundsätzlich haftet der Betreiber für alle Schäden, die durch sein Fluggerät verursacht werden, und zwar gleichgültig, ob ihn ein Verschulden trifft oder nicht. Deshalb ist eine Versicherung für Betreiber von unbemannten Flugobjekten Pflicht, gleichgültig, ob diese gewerblich oder privat genutzt werden. Nach § 43 Abs. 2 LuftVG müssen in Deutschland alle Luftfahrzeuge versichert werden. Es empfiehlt sich, eine Haftpflichtversicherung über eine Deckungssumme von 1,5 Millionen Euro abzuschließen. Der Nachweis einer Versicherung ist auch eine Voraussetzung dafür, sich beim Luftfahrtbundesamt als Betreiber registrieren zu lassen. Von einer bereits bestehenden Haftpflichtversicherung werden Schäden, die durch den Betrieb von UAS (Unmanned Aircraft System) verursacht werden, in aller Regel nicht abgedeckt. Die Versicherungsgesellschaften haben sich jedoch schon länger dem Markt angepasst und bieten spezielle Versicherungen für den Betrieb eines UAS an.
Wolfgang Rau:
Fotorecht: Ihr Ratgeber für den
fotografischen Alltag
Rheinwerk Verlag, 2021
524 Seiten, gebunden
39,90 Euro
www.rheinwerk-verlag.de/5348
Hallo
Wahrscheinlich war das Interview ja mit dem Buch und nicht dem Autor –
ist trotzdem irgendwas bekannt zum, auch auf Docma, brandheissesten Thema – Midjourney und Co.,
künstliche mehr oder weniger Intelligenz.
Wer hat das schöpfende Urheberrecht an so einem Bild ?
Die Promptenden ?
Die Firma die hinter dem Werkzeug steckt ?
Das Werkzeug nach bestehen des Turing Tests ?
Wäre auch ein hübscher Artikel in Docma.
Grüsse
Frank
An diesem Thema bin ich in derselben Ausgabe (DOCMA 105) dran, wenn auch nicht aus einer juristischen Perspektive – ich bin eben kein Jurist –, und wir verfolgen diese Thematik weiter. Die juristische Bewertung entwickelt sich ja erst; da ist noch vieles im Fluss und daher wird uns das noch etwas länger beschäftigen.