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Aktfotografie

Von Sachbüchern erhofft sich der Leser Antworten auf konkrete Fragen, und in dieser Reihe befragt Michael J. Hußmann Fachbücher darüber, welche Antworten sie geben können. In „Aktfotografie – Die große Fotoschule“ teilen fünf Fotografen und Fotografinnen ihre Erfahrungen mit verschiedenen Spielarten der Aktfotografie.

Die Aktfotografie ist durch ihren Gegenstand, den nackten Körper definiert, aber die Herangehensweisen sind vielfältig. Die Autoren von „Aktfotografie – Die große Fotoschule“, vier Fotografen und eine Fotografin, stellen in ebenso vielen Kapiteln die natürliche, klassische, gefühlvolle, sinnliche und inszenierte Aktfotografie vor. Interviews mit einem Aktmodell und einem sechsten Fotografen, der sich im Gegensatz zu den Autoren auf den männlichen Körper spezialisiert hat, runden den Überblick über das Genre ab.

In den einzelnen Kapiteln beschreiben die Autoren ihre Art der Aktfotografie und gehen auf praktische Fragen ein, von der Suche nach geeigneten Modellen bis zur abschließenden Bildbearbeitung. Je drei beispielhafte Fotoshoots konkretisieren noch einmal die Grundlagen. Und was kann uns die Lektüre lehren? Wir befragen das Buch, und es antwortet mit der Stimme seiner Verfasser.

Was ist beim Umgang mit dem Modell zu beachten?

Grundsätzlich ist es nicht gestattet, das Aktmodell zu berühren, auch wenn eine störende Haarsträhne weggeschoben werden soll oder Sie beim Zurechtrücken der Pose mit mit Händen schneller als mit Worten wären. Wenn Sie das Modell nicht kennen, sollten Sie von solchen Handgriffen Abstand nehmen, denn das kann leicht falsch verstanden werden. Bitten Sie das Modell, solche Kleinigkeiten selbst zu beseitigen, oder führen Sie Ihr Shooting mit einer weiteren Person durch, die sich darum kümmert. Natürlich muss auch das vorher mit dem Modell abgesprochen sein. Fotografinnen haben bei weiblichen Modellen einen Vorteil, da es für Frauen meistens okay ist, wenn eine Fotografin kleine Korrekturen selbst vornimmt. Fragen Sie das Modell, ob Sie eine Strähne verschieben und beim Zurechtrücken der Pose helfen dürfen. Meist sind die Modelle froh, wenn die Fotografin solche „Problemchen“ selbst löst.

Mit einem Spot und eingelegtem Gobo (kleines Bild) können Sie Lichtspiele auf dem Körper des Modells erzeugen. Aktfotografie
Mit einem Spot und eingelegtem Gobo (kleines Bild) können Sie Lichtspiele auf dem Körper des Modells erzeugen.

Was ist ein Gobo?

Fotos wie Bild 1 entstehen mit einem Blitzgerät, das eine besondere Art des harten Lichts erzeugt. Es ist ein fokussierbarer Spot mit der Möglichkeit, einen sogenannten Gobo darin einzulegen, eine ausgestanzte Metallschablone, die Muster auf den Körper des Modells „malt“. Solche Gobomasken mit verschiedenen Mustern gibt es für Studio- und Aufsteckblitze.

Ein Aktfoto, ohne die Nacktheit des Modells zu zeigen. Aktfotografie
Ein Aktfoto, ohne die Nacktheit des Modells zu zeigen

Welche Brennweiten sind empfehlenswert?

Für die meisten Aufnahmen ist ein Standardzoom im Bereich 24–70 mm gut geeignet. Empfehlenswert sind zudem lichtstarke Festbrennweiten, beispielsweise ein 50 mm f/1,4. Aber auch andere Brennweiten haben ihren Reiz. Warum nicht einmal mit einer sehr kurzen Brennweite die Beine des Modells überlang erscheinen lassen oder mit einer langen Brennweite ein schönes Spiel mit Schärfe und Unschärfe erzeugen? Eine kurze Brennweite lässt Dinge, die nah an der Kamera sind, größer und somit abstrakter erscheinen. Der Körper des Modells wirkt verzerrt, was Sie sich für kreative Experimente zunutze machen können (Bild 2). Wenn Sie in sehr kleinen Räumen fotografieren, kann eine kurze Brennweite Ganzkörperporträts auch erst ermöglichen, da Sie eventuell nicht weit genug vom Modell entfernt stehen können.

Analoge und komplementäre Farbkomposition. Aktfotografie
Analoge und komplementäre Farbkomposition

Welche Farbkompositionen eignen sich für Aktfotos?

Ausgehend vom Aktmodell als Hauptmotiv ist seine Hautfarbe die primäre Farbe im Bild. Passen Sie nun die weiteren Farben daran an, können Sie damit die Bildwirkung unterstützen. Eine analoge Farbkomposition kombiniert im Farbkreis benachbarte Farben. Die Farbe der Haut ist zwischen Rot und Gelb zu finden; es gibt lediglich unterschiedliche Nuancen und natürlich Unterschiede in der Helligkeit. Passend zu dieser primären Farbe suchen Sie sich eine Umgebung mit ähnlichen Farben (Bild 3). So wirkt das Bild besonders harmonisch. Eine komplementäre Farbkomposition besteht dagegen aus Farben, die sich im Farbkreis gegenüberliegen. Die Farben verstärken sich gegenseitig und das Bild wirkt dynamisch und lebendig. Passend zur Haut lässt sich Blau gut als Komplementärfarbton verwenden (Bild 4).

Die Visagistin hat die Haare des Modells mit Öl nach hinten gestylt und das Gesicht geschminkt. Aktfotografie
Die Visagistin hat die Haare des Modells mit Öl nach hinten gestylt und das Gesicht geschminkt.

Welchen Anteil hat eine Visagistin am Ergebnis?

Ein Make-up kann optische „Nachteile“ wie eng stehende Augen, eine hohe Stirn, ein rundes Gesicht und vieles mehr kaschieren. Eine Visagistin kann den Typ des Modells aber auch komplett verändern, so dass das Make-up wie auch die Haare perfekt zur Bildidee passen. Viele Visagistinnen sind froh über ein Moodboard (eine visuelle Ideensammlung), da sie sich dann besser vorstellen können, wie das Make-up aussehen soll. Durch die Arbeit einer Visagistin kann eine Retusche oftmals komplett entfallen, und die Bilder sind nach der Raw-Entwicklung bereits fertig (Bild 5).

Andreas Bübl, Hannes Caspar, Anna Försterling, Sascha Hüttenhain, Sacha Leyendecker:
Aktfotografie – Die große Fotoschule
Rheinwerk Verlag, 2020
311 Seiten, gebunden
39,90 Euro
www.rheinwerk-verlag.de/5100

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Michael J. Hußmann

Michael J. Hußmann gilt als führender Experte für die Technik von Kameras und Objektiven im deutschsprachigen Raum. Er hat Informatik und Linguistik studiert und für einige Jahre als Wissenschaftler im Bereich der Künstlichen Intelligenz gearbeitet.

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