Adaptiert – Braucht man teure Spezialadapter?
„Ein Objektiv-Adapter ist doch nur ein besserer Metallring“. Diese Meinung ist verbreitet und war sicherlich auch lange Zeit berechtigt. Doch gilt sie nicht mehr, wenn es um die Adaptierung von Fremdobjektiven an spiegellose Kamerasysteme geht. Besonders deutlich zeigt dies Sigmas neuer „Mount Converter“ für Sonys A7-, NEX-, α5000- und die α6000-Modelle.
Der Kauf einer ersten Systemkamera ist für viele Fotografen wie eine Eheschließung mit der jeweiligen Marke. Bald schon merken sie, dass das mitgelieferte Kit-Objektiv nicht alle Motiv- oder Qualitätsanforderungen erfüllt und wünschen sich Nachwuchs in Form weiterer Linsen. Neuere Kameragehäuse mit höher auflösenden Sensoren machen den Erwerb besserer Objektive nötig, bis die Investition in das fotografische Glas irgendwann den Wert der Gehäuse um ein Vielfaches überschritten hat. Stellt man dann einmal fest, dass eine andere Marke die hübscheren Töchter hat, heißt es: Entweder Scheidung oder Polygamie. Beides ist teuer und erzeugt wieder neue Abhängigkeiten.
Mit Einführung der Alpha 7 und der NEX-Modelle hat Sony eine Kameragattung erfunden, die man sich auch zusätzlich zur bisherigen DSLR-Ausrüstung als Geliebte halten kann und die sich prima mit dem Nachwuchs versteht. Wegen des fehlenden Spiegelkastens und dem dadurch bedingten kurzen Auflagemaß der Sony-Kameras lassen sich an ihnen fast alle anderen Objektive aus der gesamten Spiegelreflexwelt adaptieren.
Teure Spezialadapter? Adapter-Technik
Mit dieser Vielfalt rückt die Adaptertechnik in den Fokus. Klassische Objektivadapter für DSLRs sind auf den Einsatz von älteren manuell fokussierenden Objektiven ausgelegt. Sie bestehen aus einem Stahlring, der als Bajonett-Kupplung fungiert. Qualitätsunterschiede liegen zum einen in der Verarbeitung und zum anderen in der Unterstützung des elektronischen Informationstransfers, etwa um Blendenwerte zu übertragen oder damit das so genannte „Focus-Confirm“ als Scharfstellhife genutzt werden kann. Autofokus beherrschen diese Adapter nur in seltenen Ausnahmefällen.
Über solch kümmerliche Features müssen sich die Besitzer von Autofokus-Adaptern für den Sony E-Mount nicht ärgern. Die meisten der am Markt befindlichen Geräte unterstützen die heute üblichen Basis-Features und ermöglichen relativ normales Arbeiten mit den adaptierten Fremdobjektiven. Allerdings muss man hier sehr genau darauf achten, ob und in welchem Umfang die eigenen Objektive unterstützt werden. Mancher Adapter funktioniert etwa beim Autofokus mit bestimmten Objektiven eines Herstellers hervorragend und mit anderen gar nicht. Allerdings lässt sich das oft nicht im Vorfeld aus den Produktdaten ablesen und es ändert sich mit jedem Firmware-Update aufs Neue. Man ist fast gezwungen, die Kompatibilität selbst zu testen oder viel Zeit bei der Informationssuche in Foren zu verbringen.
Wer hinsichtlich der vollen Unterstützung von Objektiv und Kamera auf Nummer sicher gehen will, kommt derzeit um den neuen Sigma-Adapter MC-11 kaum herum. Obwohl preiswerter als viele seiner Kollegen, bietet er zumindest für die meisten der aktuellen Sigma-Objektive (mit Sigma- und mit Canon EF-Bajonett) einen Funktionsumfang im Zusammenspiel mit Sony A7-, NEX-, α5000- sowie den α6000-Modellen, den sonst nur original Sony-Objektive bieten.
Teure Spezialadapter? Zusatzfeatures
Der sicherlich wichtigste Aspekt der Objektiv-Unterstützung im alltäglichen Gebrauch ist die Möglichkeit, im elektronischen Sucher der Sony bereits jenes Bild zu sehen, das man anschließend erhält. Dabei geht es nicht nur um die Farbigkeit, sondern auch um die Auswirkungen der Blendeneinstellung auf die Tiefenschärfe. Diese Möglichkeit gibt es bei DSLRs konstruktionsbedingt beim Blick durch den optischen Sucher nicht. Bei den Sonys ist das technisch grundsätzlich möglich, nur unterstützen viele Adapter, im Gegensatz zu Sigmas MC-11, diese Funktion nicht, die ein entscheidendes Plus an Kontrolle bietet.
Außerdem unterstützen „normale“ Adapter wie der Metabones Mark IV für rund 400 Euro nur drei von sechs „Fokusfeld“-Modi. Dagegen beherrscht der rund 300 Euro teure Sigma MC-11 auch die Features „Feld“, „AF-Verriegelung“ und „Erweiterter flexible Spot“. Ähnliches zeigt sich bei den „Fokusmodi“: Während Sigmas Adapter den Zugriff auf alle fünf Arten gestattet, kann man mit dem Pendant von Metabones nur zwei davon ansteuern.
Ein weiteres Highlight ist die Unterstützung des „Eye-Focus-Tracking“, mit dem sich bei einem Porträtfoto (bei aktivierter Gesichtserkennung) der Autofokus ein Auge im Motiv sucht und es in der Bewegung verfolgt. Bisher unterstützt der MC-11 in diesem Umfang 19 aktuelle Sigma-Objektive. Für die Zukunft ist er gut gerüstet, denn man kann per einfachem Firmware-Update jederzeit die neu hinzugekommenen Objektive einspielen.
Teure Spezialadapter? Fazit
Für die neue Sigma-Objektiv-Palette, deren optische Qualität über jeden Zweifel erhaben ist, zeigt sich der MC-11 als perfekte Schnittstelle, um Objektive des vorhandenen Canon- oder des Sigma-Systems mit Sony-Kameras zu liieren, ohne auf Komfortfeatures verzichten zu müssen. Interessant ist er auch für Qualitätsfanatiker, die den Kostenrahmen im Blick behalten und daher die Sigma-Art-Serie an den hochauflösenden Sensoren der großen A7-Modelle einsetzen wollen. Kombiniert man den MC-11 mit anderen Canon EF-kompatiblen Objektiven, sind die meisten Basis-Funktionen verfügbar, auch wenn Sigma offiziell und beim Support keine Fremdobjektive unterstützt.
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Ein Kollege von mir fotografiert mit einer a6000 von Sony und mir gerade erst gestern nach seinem Urlaub berichtet, dass er mit den Sigma-Objektiven bzw. mit den Adaptern sehr gut zurecht kommt. Wir reden halt nicht von einem Must Have, aber wenn man die Adapter dementsprechend verwendet zahlt sich die Investition trotzdem aus.