Wie ich zu Photoshop kam und wie Photoshop mein Leben verändert hat
Die Überschrift klingt schmalzig, ich weiß. Aber – um es kurz zu fassen: Isso! 😉 Anlässlich des 30. Geburtstages meiner (immer noch) Lieblingssoftware erlaube ich mir mal, einen eeeeetwas längeren und persönlicheren Blogbeitrag zu verfassen: Wie ich zu Photoshop kam und wie Photoshop mein Leben verändert hat.
30 Jahre Photoshop
Mittwoch war ich als Photoshop-Artist bei Adobe für einen Livestream in München eingeladen, um meine Arbeiten und meine Arbeitsweise zu präsentieren. Eine Aufzeichnung des zweistündigen Livestreams könnt Ihr Euch hier anschauen:
Zwar habe ich nur geschätzte 5 Prozent des ganzen Stoffs geschafft zu zeigen, den ich (sicherheitshalber) vorbereitet hatte. Aber das war vielleicht auch ganz gut, denn ich neige gern dazu, Inhalte – genau wie in meinen DOCMA-Artikeln – maximal zu verdichten (mein natürlicherseits wohl viel zu schnelles Sprechen habe ich inzwischen schon ganz gut im Griff, denke ich). Aber bei einer Präsentation ist eine sehr hohe Informationsdichte meist eher überfordernd als hilfreich. Zum Glück gibt es aber die Aufzeichnung des Livestreams, so dass sich das jeder noch einmal in Ruhe anschauen kann.
Jedenfalls war es für mich eine große Ehre, anlässlich des 30. Geburtstags von Photoshop (mehr Infos dazu) am 19. Februar 2020 als Künstler dabei gewesen sein zu dürfen.
Wie ich zu Photoshop kam
Im DOCMA-Impressum steht es in maximaler Kurzform: Meinen Erstkontakt mit Photoshop hatte ich an der Uni. Falls es Euch interessiert, hier die etwas längere Kurzfassung. 😉
Ende 2002/Anfang 2003 erwachte in mir das Interesse an der digitalen Bildbearbeitung (da lieferte zum Beispiel Schlecker zusätzlich zu den entwickelten Filmen auch alle Fotos gescannt auf CD! Ich kaufte mir damals spontan die Software Picture Publisher (PB), da mich die Beschreibung und die Abbildungen auf der Softwarebox (solche Pakete gab es damals tatsächlich ausschließlich!) überzeugten. Ich kam damit auch ziemlich schnell und gut klar. Da war ja auch noch ein dickes Handbuch dabei! Komplett in schwarzweiß, aber okay.
Aber vor allem hatte PB super Filter, wie etwa einen erstklassigen Blitze-Filter, den ich allzu gerne einsetzte. Photoshop hielt ich später – rein filtertechnisch – für völlig unterlegen. Leider stimmt das heute – generell – immer noch, obwohl vieles im Speziellen einfacher, besser und genauer geworden ist.
An die Grenzen der Software stieß ich jedoch recht schnell, da es in der Version damals noch keine Ebenen, sondern nur schwebende Auswahlen gab. Davon wusste ich freilich nichts, bis ich im Internet nach „Profi-Software“ suchte und dort immer nur von einem „Photoshop“ die Rede war. Und irgendwie kam mir dieser Begriff bekannt vor.
Ich studierte zu der Zeit Humanbiologie an der Uni Greifswald, Schwerpunkt Molekularbiologie und Genetik. Und da mussten immer viele Elektrophorese-Gele für DNA-Analysen eingescannt werden.
Tja, und dafür war Photoshop 7 installiert und alle Paletten und Werkzeuge ausgeblendet. Ich wäre im Leben nicht darauf gekommen, dass das eine Kreativsoftware sein könnte. Denn unsere Anwendung beschränkte sich darauf, über »Datei > Twain« das Scanner-Plug-in aufzurufen, das Gel zu scannen und dann die Datei über »Datei > Speichern« abzuspeichern. ?
Dass Photoshop 7 Ebenen und eine ziemliche geniale Pinsel-Engine hatte, wurde mir erst nach und nach bewusst. Glücklicherweise konnte ich die Photoshop-Version auch auf meinem eigenen (damals noch) PC kostenlos (hüstel) nutzen. Mein erste offizielle Version war dann 2005 die Education-Version der Creative Suite CS2, die ich mir von meinem knappen Bafög abzwackte. Die Vollversion der Creative Suite 3 und 4 erhielt ich dann erst durch den Gewinn von Foto- und Bildbearbeitungswettbewerben wie eben dem DOCMA-Award. Tatsächlich kommerziell nutzte ich die Software aber erst viel später.
Wie Photoshop mein Leben verändert hat
Ich wollte ja von Kindesbeinen an immer Künstler oder Wissenschaftler werden. Nach dem Abi musste ich aus familiären Gründen erst mal Bankkaufmann werden, aber den Beruf hatte ich dann trotz fantastischer Kollegen und Aufstiegschancen Akten-frustriert bald an den Nagel gehängt, um zu studieren. Die Wissenschaften begeistern mich nach wie vor – nur eben nicht deren Arbeitsalltag – wie ich während meines Promotionsstudium – wiederum trotz fantastischer Kollegen und Kommilitonen – zunehmend feststellte. Insofern bin ich froh, dass ich daraus fliehen konnte – dank Bildbearbeitung im Allgemeinen und Photoshop im Speziellen.
Nur ein paar konkrete Erinnerungen, wie Photoshop direkt oder indirekt mein Leben verändert hat:
- In der Fotocommunity (kurz: FC) gewann ich Ende 2008 den Award in der Kategorie „Digiart“ mit einem nicht wirklich alltäglichen Motiv, das auf der Photokina ausgestellt wurde. Damals war die Photokina noch groß, die FC (und viele andere Aussteller) hatten riesige Showbühnen mit Freigetränken und Spezialveranstaltungen. Und mein Bild wurde zudem großformatig ausgedruckt und auf der Messe im Hauptgang ausgestellt. Das war für mich persönlich, der bis dahin noch kein einziges seiner Bilder ausgedruckt (gesehen) hatte, wirklich der Hammer!
- Im FC-Forum kam ich auch in Kontakt mit Calvin Hollywood, mit dem ich mir dort das eine oder andere Antwort-Battle geliefert hatte. Das endete dann im echten Leben in den gemeinsamen Videoproduktionen von „Photoshop Secrets“ Teil 1 und 2, als auch in der gemeinsamen „Photoshop Secrets“-Tour durch Deutschland, an die ich mich gerne erinnere.
- Heute bin ich selbst Redakteur für das damals von mir bewunderte Photoshop-Magazin, mit dem immer noch unangefochtenen Filterkombinations-Guru Doc Baumann und dem ideenfreudigen Fototechnik-Nerd Christoph Künne, und schreibe inzwischen beinahe das halbe Heft (und bewundere immer noch den („vielleicht ein bisschen möglicherweise manchmal potenziell ein wenig übertrieben“) hohen Qualitätsanspruch der Kollegen von den Inhalten bis hin zu peniblen Layout- und Typographie-Fragen. Aber ich weiß noch, wie ich vor Freude hüpfte, als ich damals mit diesem Bild den ersten Preis in der DOCMA-Award-Profikategorie gewann (und damit mein erstes Wacom-Tablet und meine erste Creative-Suite-Vollversion erhielt). Doc bemerkte Augenbrauen-hochziehend im Heft , dass ich ja gar kein Profi wäre, aber die Einschätzung ja den Teilnehmern selbst überlassen sei. LOL
- Video2Brain/LinkedIn Learning kam auf mich zu und fragte nach Videotutorials an. Bei meinem ersten Kurs zu „Photoshop CS4 für Fortgeschrittene“ war ich noch wirklich davon ausgegangen, dass „Fortgeschritten“ dafür steht, dass man nicht jeden mutmaßlich selbstverständlichen Schritt laut aussprechen muss. Das war wohl zu viel des Guten. Da kam kaum jemand mit. Inzwischen habe ich gelernt: „Fortgeschritten“ heißt nicht, dass selbst ein Profi alles weiß. Ganz im Gegenteil – oft weiß der enthusiastische Amateur viel mehr! Das hätte mir der Video2Brain-Gründer, also die Speerspitze der deutschsprachigen Videotutorials und ein inzwischen sehr geschätzter Freund – Gerhard Koren – ja auch gleich sagen können! (menno, Gerhard, ich finde gerade kein Foto von dir oder gar mit uns beiden!)
- Ich konnte Branchengrößen und Legenden wie etwa Russel Brown von Adobe, den Photoshop-Erfinder Thomas Knoll und den Mastermind hinter Camera Raw – Eric Chan – persönlich kennenlernen. Und auch Uli Staiger, also einer der großen Helden meiner Photoshop-Kindheit 😉 würde ich heute als Buddy bezeichnen, obwohl wir uns ja viel zu selten treffen.
- Durch individuelle Privat-Coachings oder die Workshops und Seminare für LinkedIn Learning, Wacom und Adobe habe ich nicht nur Geld verdient, sondern auch viele Menschen kennengelernt, die ich ohne Photoshop (und ohne Internet!) nie getroffen hätte. So unterrichte ich regelmäßig die Phantombildzeichner-Abteilung (ohne Beamtendeutsch gesagt) der Deutschen Polizei und habe auch schon die Mediengestalter des NDRs geschult (wobei auch mal ein Foto im Tagesschaustudio drin war) 😉
- Zusammen mit Picture Instruments kann ich jetzt auch eigene Bedienfelder für Photoshop entwickeln, die den kreativen Workflow vereinfachen, wie zum Beispiel das Freistellen-Panel.
- Generell: All die kreativen und fast durchweg positiven Menschen, die ich durch meine Arbeit in und mit Photoshop kennenlernen durfte, sind eine extreme Bereicherung für mein Leben.
Alles in allem: Danke Photoshop, dass es dich gab und gibt! Möge die aufstrebende Konkurrenz dich noch mehr verbessern. 😉 *hüstel* (Auch schön: Dass ich mich für nichts und niemanden verbiegen muss!)
Ich hab zwar nur circa zwei Drittel der Photoshop-Geschichte bis jetzt persönlich erlebt, aber danke dafür @Adobe und @Photoshop!
Happy 30th birthday!
Also, alles Gute zum 30. Geburtstag!
Hallo Olaf,
Sie sagen danke, dass es Photoshop gibt! Und ich sage danke, dass es Sie mit Ihren zahlreichen, tollen und informativen Tipps gibt!
Sei es bei der DOCMA, bei den PS-Turtorials oder auch persönlichen Anfragen!
Machen Sie weiter so und lG Marianne
Vielen Dank, Marianne! 🙂
Hallo „PS Guru „Olaf,
Ich habe in all den Jahren von Ihnen viel über PS gelernt und zwar hauptsächlich durch die Zeitschrift DOCMA. Die Artikel und TUT von Olaf Gierman waren immer super.
Etwas möchte ich aber zu dem Artikel über 30 Jahre PS noch anfügen. Auch ich fing mit dem Picture Publisher an. Es gab sogar eine Vorgängerversion die etwas mit „Zauber“ im Namen hatte. Jedenfalls fand ich den Picture Publisher sehr gut, vor allem kostete die Software damals nur einen Bruchteil von PS. Nach meiner Pensionierung war ich dann fast 15 Jahre bei der VHS im Bereich PS Kurse tätig und finde es nun schade, daß durch das Mieten der Softwar CC für den Kleinen Mann, der mit seiner Bildbearbeitung kein Geld verdient, sein Hobby fast oder überhaupt nicht mehr zu finanzieren ist. Vielleicht hat, oder könnte mal DOCMA bei Adobe intervenieren daß für den kleinen Bildbearbeiter der wie ich PS schon aus der Anfangszeit kennt die Software wieder erschwinglich wird.
Jedenfalls lese ich sehr gern die Artikel von Olfaf Gierman und hoffe daß DOCMA noch viele Jahre im Geschäft bleibt.
Viele Grüße aus Franken – Hoffmann Volker
Hallo Volker,
da unterschätzen Sie aber die Größe „unseres“ Verlages und Einflusses, um in irgendeiner Weise einen Einfluss auf den Adobe-Vertrieb haben zu können.
Das Thema Abo haben hatten wir seinerzeit ja schon im Heft und im Blog ausführlich diskutiert und kritisiert. Aber Photoshop war doch nie erschwinglicher als jetzt. Für meine erste Studentenversion hatte ich, wenn ich mich recht entsinne, 300 Euro gezahlt, die Vollversion kostete weit über 1000. Damals hätte ich mich als wenig bemittelter Student über das jetzige Fotoabo inkl. den Lightrooms und Co. für (wenn man auf die passenden Angebote wartet) nur einen schlappen 10er pro Monat extrem gefreut. Teuer und für ein Hobby möglicherweise zu teuer, wird es erst, wenn man mehr als nur Photoshop und Lightroom von Adobe verwenden will. 10 Euro/Monat halte ich jedenfalls auch und gerade für ein Hobby nicht nur finanzierbar, sondern im Vergleich zu allen anderen Hobbys (Modellbau, Golf spielen, Computer-spiele etc.) auch vergleichsweise günstig. Aber klar, so etwas wie eine Studentenversion für Rentner und VHS-Schüler wäre sicher wünschenswert. Genauso wie Rent-to-own, wie es zum Beispiel bei meiner 3D-Software der Fall ist: Man mietet zwar die Software, kann die letzte Programmversion nach Kündigung des Abos aber ohne Einschränkungen weiter nutzen. Viele Grüße
Olaf
Hallo Olaf,
vielen Danke für die persönlichen Einblicke im Umgang mit unserer — mehr oder weniger — konkurrenzlosen Bildbearbeitungssoftware! Rethorisch herausragend, mit hoher ‚Informationsdichte‘, vor allem aber sympathisch sind mir deine Videotutorials von Video2Brain oder Adobe TV im Sinn geblieben. Ließ sich gut und gern über Lautsprecher hören, ohne diverse ‚Fremdschämanfälle‘, wie das leider bei so vielen Lehrvideos der Fall war und nach wie vor ist.
Dass Maxon neben Adobe und Autodesk inzwischen auch auf so ein ‚Subscription-Lizenzmodell‘ umgestellt hat, ist nebenbei auch interessant zu erfahren …
Das Foto mit dem Herrn Knoll ist auch echt mal epic!
Bitte so weitermachen wie bisher! 😉
Vielen Dank, Patrick!