Was bringt 2019?
Da mein nächster fahrplanmäßiger Blog-Termin in die Weihnachtsfeiertage fällt, ist dies schon mein letzter Beitrag in diesem Jahr – Zeit für einen Rückblick auf 2018 und einen Ausblick auf das kommende Jahr. Also, was bringt 2019?
Über eine für die Fotobranche wichtige Ankündigung haben wir bereits berichtet: 2019 wird entgegen den ursprünglichen Plänen der Kölnmesse ein Jahr ohne photokina. Was immer das neue Jahr an Neuvorstellungen bringen wird, werden wir uns auf kleineren Messen und Festivals anschauen – und vielleicht auf der IFA in Berlin, auf der die Fotografie wohl eine größere Rolle als im vergangenen Jahr spielen wird. Da ein Messetermin im Spätsommer attraktiver als der ungeliebte Mai-Termin der photokinas ab 2020 erscheint, könnte die IFA künftig auch Aufgaben einer Fotomesse übernehmen. Dagegen spricht allerdings, dass einerseits der Platz nicht reicht – auf dem Berliner Messegelände muss ja ein breites Produktspektrum von der Unterhaltungselektronik bis zur Weißen Ware abgebildet werden – und andererseits die Fotobranche schrumpft und nicht mehr die wirtschaftliche Bedeutung von ehedem hat. Was bringt 2019 sonst noch?
Canon hat sich 2018 im DSLR-Bereich zurückgehalten; die Einsteigermodelle EOS 2000D und 4000D wurden vorgestellt, aber der Schwerpunkt der Entwickler lag offenbar auf Canons neuem spiegellosen Kleinbildsystem. 2019 muss gleichzeitig das neue System zügig ausgebaut und das DSLR-System im Profibereich glaubwürdig weiterentwickelt werden. Beim EOS-M-System muss Canon sein Profil schärfen und den Kunden zeigen, wohin die Reise für das erfolgreiche APS-C-System geht, das leider weitgehend inkompatibel zu EOS R ist. Da gibt es für den Marktführer eine Menge zu tun, um seine Position zu behaupten.
Fuji will nichts von einem vermeintlichen Trend zum Kleinbildformat wissen und setzt stattdessen auf größere und kleinere Bildformate, APS-C einerseits und das „kleine“ Mittelformat (oder Super-Vollformat) von 44 × 33 mm andererseits. Beim X-System mit APS-C-Sensoren hat die X-T3 gerade eine neue Hardwareplattform mit neuem Sensor und schnellerem Prozessor eingeführt. 2019 dürften weitere Modelle auf dieser Basis folgen, darunter vielleicht eine X-T30 als preisgünstigerer Alternative zur X-T3 sowie eine X-E4 im Messsucher-Formfaktor. Ob Fuji einen Nachfolger der X-Pro 2 mit Hybridsucher bringen will, ist unklar, und eine X-H2 wird kaum vor 2020 kommen. Die aktuelle X-H1 ist Fujis bislang einziges Modell mit integrierten Bildstabilisator; für die anderen, kleineren Modelle erfordert dieser noch zu viel Platz, aber sicher arbeitet Fuji längst an einer kleineren Version. Im Mittelformatbereich wird 2019 eine GFX 100 mit 100-MP-Sensor kommen, mit integrierten Bildstabilisator und einem Sensor, der mit über das gesamte Bildfeld verteilten Phasendetektionspixeln bis in die Ecken scharfstellen können soll.
Leica hat in diesem Jahr vor allem Varianten der zwei Jahre alten M10 vorgestellt. Die Mittelformat-DSLR S3 mit auf 64 MP vergrößerter Auflösung ist angekündigt und kommt 2019 in den Handel. Die Ankündigung der L-Mount-Allianz mit Panasonic und Sigma war nicht von der Vorstellung neuer Produkte begleitet, aber 2019 ist mit einem Nachfolger der SL zu rechnen – eher in der zweiten als in der ersten Jahreshälfte. Auch eine M11 dürfte in der Entwicklung sein, aber vielleicht kommt die erst 2020 – Leica lässt sich bekanntlich nicht hetzen.
Nikon sieht sich in einer ähnlichen Situation wie Canon, da sie nun zwei Systeme für einen ähnlichen Kundenkreis weiterentwickeln, beziehungsweise ausbauen müssen, und weder den Anhängern der DSLRs noch jenen der spiegellosen Kameras den Eindruck vermitteln dürfen, ihre Bedürfnisse hätten eine niedrigere Priorität. Für eine D6 könnte sich Nikon aber noch bis Anfang 2020 und damit der nächsten photokina Zeit nehmen, wenn sie bei ihrem bisherigen Produktzyklus bleiben. Wichtiger für den Umsatz dürfte aber Nikons Positionierung bei den Systemkameras für Einsteiger sein: Soll das weiterhin die Domäne von APS-C-DSLRs bleiben oder wird Nikon seine Z-Reihe mit APS-C-Modellen nach unten erweitern? Die erste Variante erscheint nicht zukunftsträchtig, während gegen die zweite spricht, dass das Z-System mit seinem großen Bajonett für APS-C überdimensioniert erscheint.
Olympus hat 2018 ein Einsteigermodell der PEN-Baureihe eingeführt, aber im Hauptsegment der OM-D-Modelle ist nichts passiert. Das wird sich schon im Januar 2019 ändern – man rechnet mit einem neuen Flaggschiff als Nachfolger der OM-D E-M1 Mark II. Die Gerüchteküchen orakeln von einer OM-D E-M1X mit integriertem Hochformatgriff, deren Bildstabilisator eine Stabilisierungsleistung von beachtlichen 7,5 EV erreichen soll. Mit weiteren Produktvorstellungen in diesem Bereich ist zu rechnen, denn Olympus muss jetzt zeigen, dass sie allein mit Micro-FourThirds ein breites Anwendungsspektrum vom Einsteiger- bis zum Profibereich abdecken können.
Für Panasonic wird 2019 das Jahr seiner neuen Kleinbildmodelle mit L-Mount werden. Auf der diesjährigen photokina hat Panasonic zwar schon Eckdaten angekündigt und Prototypen gezeigt, aber was sie im größeren Format wirklich leisten können, wird sich erst im kommenden Jahr erweisen. Im MFT-Bereich ist Panasonic mit einem breiten Modellspektrum gut aufgestellt, aber natürlich darf nicht der Eindruck entstehen, dieses Segment würde zugunsten des Kleinbildsegments vernachlässigt. Panasonic hat stets einen besonderes Augenmerk auf die Videofähigkeiten seiner Kameras gelegt, und hier könnten die MFT-Modelle auch künftig die Nase vorn haben. Wir warten gespannt auf die ersten Kameras mit einem organischen Sensor; das werden zwar zunächst Kameras für Fernsehübertragungen sein – die olympischen Spiele 2020 in Tokyo werfen ihre Schatten voraus –, aber falls sich das Konzept bewährt, werden wir solche Sensoren sicherlich auch bald in Fotokameras finden.
Ricoh deckt mit seiner Marke Pentax als einziger DSLR-Hersteller das gesamte Spektrum von APS-C über das Kleinbild bis zum Mittelformat ab, auch wenn das zu Lasten der Modellvielfalt innerhalb einer Sensorgrößenklasse geht. An pfiffigen Ideen fehlt es Ricoh nie, aber dieser Hersteller hat es schwer, sich zwischen den Großen der Branche zu behaupten. Das Mittelformatmodell 645Z ist in die Jahre gekommen und wird von Fujis preisgünstiger GFX 50R bedrängt. Eine der Baustellen, bei der Ricoh aktiv werden müsste, ist der Autofokus: Schon beim Kleinbildmodell K-1 Mark II ist die geringe Abdeckung des Bildfelds nicht mehr zeitgemäß; erst recht gilt das für die 645Z. Mittelformat-DSLRs haben zwar noch nie beim Autofokus geglänzt, weil es an speziell für das Mittelformat konzipierten AF-Sensoren fehlt, aber die neuen spiegellosen Kameras zeigen einen Ausweg.
Sony, der bislang unaufhaltsame Aufsteiger im Kameramarkt, der bereits Nikon vom zweiten Platz verdrängt hat, bekommt nun Konkurrenz durch die spiegellosen Kleinbildsysteme von Canon und Nikon. Sony hat zwar einen jahrelangen Vorsprung und mit der eigenen Halbleitersparte einen gewichtigen Vorteil, aber dagegen können Canon und Nikon eine stärkere Markenbindung ihrer Kunden ins Feld führen. Sony kann sich keine Schwächen mehr erlauben, wovon der Sony-Kunde profitieren wird. Weiterhin unklar bleibt die Rolle, die die APS-Modelle der NEX-Baureihe künftig spielen sollen. Wie es aussieht, wenn man APS-C wirklich ernst nimmt, führt Fuji vor, und hier hat Sony noch aufzuholen.