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Voyager – Die weiteste Foto-Safari der Welt

Vor fast einem halben Jahrhundert starteten die beiden Voyager-Sonden, um Fotos und Messwerte von den äußeren Planeten unseres Sonnensystems zu senden. Inzwischen haben sie das Sonnensystem verlassen und befinden sich im interstellaren Weltraum – und schicken noch immer Daten zu Erde. Doc Baumann stellt Ihnen den schönen Bildband vor, der diese Mission dokumentiert; höchst spannend für Astronomie- und Raumfahrt-Begeisterte, und Inspiration für Bildbearbeiter, sich eigene Monde zu basteln.

Voyager – Die weiteste Foto-Safari der Welt
Ein beeindruckendes Foto dreier Monde von Voyager? Nein, zugegebenermaßen nicht. Wie Sie solche Himmelskörper mit Photoshop selbst erzeugen können, demonstriert Ihnen ein Tutorial von Doc Baumann in DOCMA 98. Das Hintergrundfoto der Michstraße stammt von Egil Sjøholt (Pexels).

Fotos von den Planeten und Monden unseres Sonnensystems sind nichts Neues mehr. Gerade erst ist Perseverance auf dem Mars gelandet und schickt Fotos, auf denen noch Objekte im Millimeterbereich von dessen Oberfläche erkennbar sind.

Nachdem 1969 bereits Menschen in kosmischer Nachbarschaft auf dem Mond gelandet waren, starteten acht Jahre später zwei Sonden, deren Ziele Milliarden Kilometer von unserem Heimatplaneten entfernt sind. Ein paar Jahre zuvor hatten findige Wissenschaftler und Ingenieure herausgefunden, dass die äußeren Planeten so günstig zueinander standen, dass Raumsonden sie alle nacheinander besuchen könnten und dabei von deren Schwerkraft zusätzlich beschleunigt werden würden. Die Zeit war knapp, eine ähnliche Möglichkeit würde sich erst in 176 Jahren wieder bieten.

Das zunächst sehr viel ehrgeiziger und teurer geplante Programm wurde schließlich auf Voyager 1 und 2 zusammengestrichen – es würde ausreichen, wenn die Sonden vier Jahre lang Daten erfassten und sendeten. Nun, nach ihren Starts 1977 sind sie inzwischen mehr als das Zehnfache dieser Zeit unterwegs und liefern noch immer Daten (wenn auch keine Fotos mehr – weit draußen gibt es nichts mehr zu fotografieren, und in der Oortschschen Wolke einem Objekt zu begegnen, ist recht unwahrscheinlich).

Voyager – Die weiteste Foto-Safari der Welt
Mond Europa mit Wolkenwirbeln des Jupiter im Hintergrund (Seite 80)

Langsam geht den Radionuklid-Batterien jedoch die Energie aus. Die wird nicht nur zum Erfassen und Senden der Daten gebraucht, sondern auch zum Heizen; allzu kalt dürfen die Instrumente nicht werden. Zur unerwartet langen Lebenszeit der Sonde hat unter anderem beigetragen, dass man lernte, sogar die Reibungswärme des Bandrekorders (!) zu nutzen, der die Daten zwischenspeichert. Von den 23 Watt Sendeleistung kommen auf der Erde gerade noch 0,0000000000000001 Watt an.

Voyager – Die weiteste Foto-Safari der Welt
Die Voyager-Sonde

Ja, und Voyager war auch jene Mission, die auf goldenen Platten gespeichert zahlreiche Daten über das Leben auf der Erde mit sich führt, für den Fall, dass irgendwann einmal Außerirdische die Sonde entdecken sollten und wissen möchten, wo sie herkam und welche Art von Wesen wir sind. Inzwischen würde man so etwas wohl nicht mehr machen – zu viele Wissenschaftler halten es inzwischen für nicht unwahrscheinlich, dass Außerirdische nicht unbedingt freundlich gesonnen sein könnten. Aber keine Sorge: Die Chancen stehen „gut“, dass es keine auszulöschende Menschheit mehr geben wird, wenn diese Nachrichten jemals gefunden und entschlüsselt werden sollten.

Das Buch

Auf 300 Seiten dokumentiert dieser Bildband die Voyager-Missionen, von ihrer frühen Planung Anfang der 70er Jahre über die beiden Starts 1977 bis zu den Vorbeiflügen an den äußeren Planeten Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun und ihren Monden (und Ringen), schließlich ihr Vordringen über die Grenzen des Sonnensystems hinaus.

Voyager – Die weiteste Foto-Safari der Welt
Foto des Jupiter-Mondes Europa (S. 106)

Beim letzten Foto hat die Sonde quasi einen Blick über die Schulter geworfen und in Richtung Sonne fotografiert. Und irgendwo in diesem Bild gibt es, aus sechs Milliarden Kilometern Entfernung aufgenommen, einen winzigen blauen Punkt in der Leere des Alls – unser Heimatplanet, den für das Leben zu zerstören unsere Spezies derzeit weit mehr Aufwand treibt, als Voyager jemals zuteil wurde.

Zu Beginn der Mission hatte Voyager 1 ein vergleichbares Foto aus „nur“ elfeinhalb Millionen Kilometern Entfernung aufgenommen – das erste, das die Erde, eine blau-weiße Sichel, zusammen mit ihrem Mond zeigt. Bei diesem Foto war das Signal eine halbe Minute zu Erde unterwegs – beim erstgenannten fast sechs Stunden.

Die Textbeiträge des Buches berichten kompetent und auch für Laien gut nachvollziehbar von Vorbereitung und Durchführung der Mission; die zahlreichen Abbildungen werden ausführlich kommentiert.

Und, gar keine Kritik diesmal? Doch, eine kleine: Dem Band fehlt das Inhaltsverzeichnis. Aber ansonsten ist alles vom Inhalt über die Gestaltung bis zur Bildqualität hervorragend. Also rundum empfehlenswert, sofern einen diese Themen und Fotos interessieren.

Do-it-yourself-Monde

Mit Bildbearbeitung hat dieser Band nichts zu tun (na ja, stimmt nicht ganz – Aufnahmetechniken und Weiterbearbeitung der Bilddaten spielen schon eine Rolle). Aber er kann durchaus Anregungen für eigene Bilder geben. Ausgerechnet das „Foto“, das ganz oben diesen Artikel einleitet, stammt gar nicht von Voyager, sondern von mir. Fotografiert daran ist nur die Milchstraße im Hintergrund – alles andere wurde mit Photoshop mit recht einfachen Mitteln umgesetzt.

Auch diese Kraterladschaft hat nicht Voyager aufgenommen; sie wurde ebenfalls mit Photoshop gestaltet.

Denn inspiriert durch die beeindruckenden Abbildungen dieses Bandes wollte ich ausprobieren, wie weit man mit eigenen Mitteln kommt. Ich zeige Ihnen hier nur zwei Beispiele. Ein Tutorial dazu finden Sie in einer der kommenden DOCMA-Ausgaben.

Jens Bezemer, Joel Meter, Simon Phillipson, Delano Steenmeijer, Ted Stryk:
Voyager. Fotografien von der größte Reise der Menschheit
teNeues Verlag, Düsseldorf 2020
gebunden, Großformat, 300 Seiten, 50 Euro

Buchcover „Voyager“
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Doc Baumann

Doc Baumann befasst sich vor allem mit Montagen (und ihrer Kritik) sowie mit der Entlarvung von Bildfälschungen, außerdem mit digitalen grafischen und malerischen Arbeitstechniken. Der in den Medien immer wieder als „Photoshop-Papst“ Titulierte widmet sich seit 1984 der digitalen Bildbearbeitung und schreibt seit 1988 darüber.

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