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Von vorn oder von hinten?

Manche Situationen sind schwierig zu interpretieren – im Bild, aber auch in der Realität selbst. In der neuen DOCMA 97, die am 3. März 2021 erscheinen wird, beantwortet Doc Baumann eine Leserfrage: Kommt ein im Gegenlicht aufgenommenes Pferd auf den Betrachter zu oder geht es von ihm fort? Gibt es Indizien, die für das eine oder andere sprechen? Hier dürfen Sie schon mal miträtseln, was solche Bilder zeigen.

Von vorn oder von hinten?
Die Silhouette eines Pferdes – kommt es auf den Betrachter zu oder entfernt es sich von ihm?

Bei einem Scherenschnitt, etwa von Goethe, ist die Situation klar: Da wir den Dichterfürsten im Profil sehen, wissen wir, welche Körperseite er uns zuwendet. Ein Scherenschnitt hingegen, der das Porträt einer bestimmten Person wiedergeben soll, wäre wenig brauchbar, wenn diese dem Künstler ihr Gesicht frontal zeigte. In diesem Fall sehen wir einen Umriss, der nicht klar entscheiden lässt, ob wir ins Gesicht oder auf den Hinterkopf blicken. Porträtähnlichkeit ist so schwer erreichbar (von ein paar Ausnahmen abgesehen wie vielleicht Albert Einstein oder Kim Yong-un).

Sie kennen vergleichbare Situationen sicherlich aus dem Alltagsleben. Da geht man in der Dämmerung einen langen, geraden Weg entlang und weit entfernt läuft eine andere Person oder es fährt dort ein Radfahrer. Auch hier ist – insbesondere bei Gegenlicht – oft kaum zu entscheiden, ob die nun auf einen zukommen oder sich in dieselbe Richtung bewegen wie wir.

Die Leserfrage

Anlass des Tutorials in DOCMA 97 war eine Leseranfrage: „Hallo zusammen, da dieses Bild in den sozialen Medien gerade so rege diskutiert wird, haben wir uns hier auch daran versucht, die Lösung aufgrund einer Bildanalyse zu finden. Aber letztlich sind alle Argumente nicht schlüssig. Hat der Chef eine Meinung dazu? Beste Grüße, Ulrich Kiel“.

Mit „der Chef“ meinte Ulrich Kiel wohl mich, obwohl das gar nicht stimmt. Aber eine Meinung dazu habe ich trotzdem. Sein Bildbeispiel war ein anderes als das hier gezeigte; aus Urheberrechtsgründen habe ich mit einem Foto aus meinem eigenen Archiv gearbeitet und es ein wenig, passend zum Thema,  nachbearbeitet. Zudem zeige ich in dem Tutorial auch noch andere schwer zu deutende Silhouetten.

* * *

So, nun haben Sie zwei Wochen Zeit zu rätseln, ob Sie das Pferd von vorn oder hinten sehen – und ob es irgendwelche gut begründbare Indizien dafür gibt, sich für eine der beiden Alternativen zu entscheiden.

Ich kann Ihnen schon jetzt verraten: Ja, es gibt sie, aber … Ich zeige Ihnen unten noch ein weiteres Bild, in dem schwach der Pferdekopf  zu erkennen ist. Dazu müssen Sie gleich eine weitere Entscheidung treffen: Ist das eine Irreführung oder eine Hilfestellung?

Wenn Sie mutig sind, hinterlassen Sie einen Kommentar mit Ihrer Wahl und begründen kurz, woran Sie erkannt haben, ob von vorn oder von hinten. Zu gewinnen gibt es zwar nichts Materielles – aber ab dem 3. März immerhin einen Erkenntniszuwachs.

Von vorn oder von hinten?
Hier ist der Kopf des Pferdes als Hilfestellung schwach eingefügt … oder ist das vielleicht eher eine Irreführung?

PS: Wie Sie bei den Hashtags zu diesen Beitrag sehen, kommt das Stichwort „Kamasutra“ dabei nicht vor …

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Doc Baumann

Doc Baumann befasst sich vor allem mit Montagen (und ihrer Kritik) sowie mit der Entlarvung von Bildfälschungen, außerdem mit digitalen grafischen und malerischen Arbeitstechniken. Der in den Medien immer wieder als „Photoshop-Papst“ Titulierte widmet sich seit 1984 der digitalen Bildbearbeitung und schreibt seit 1988 darüber.

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12 Kommentare

  1. Moin,
    ich denke, dass das Pferd von hinten fotografiert wurde und den Kopf nur nach vorne dreht. Ich gehe von dem rechten Hinterlauf (das zweite Bein von links) aus und hier das Gelenk. Die Schweifhaltung passt dazu.

  2. Intuitiv würde ich mich gjw1 und stern anschließen. Für einen Pferdekenner ist Antwort wahrscheinlich leicht(er).
    Wenn man nach „Pferd, Sonnenuntergang“ googelt, findet man eine Menge ähnlicher Silhouetten-Fotos,
    auch hier ist es oft schwierig, eine Entscheidung zu treffen.
    Das „aufgehellte“ Beispiel, auf dem der Kopf zu erkennen ist, legt nahe, dass das Pferd dem Betrachter
    zugewandt ist, andernfalls müsste es den Kopf stark nach hinten gedreht haben. Das erscheint mir anatomisch weniger wahrscheinlich zu sein. Bin gespannt auf die Auflösung!

  3. Das ist fast ein „Rätselraten“: Ich glaube, das Pferd geht nach vorne. An der Fußstellung des Pferdes lässt sich das erkennen, wahrscheinlich hilft die Bodenlinie der Hufe, um die Gehrichtung des Pferdes zu entscheiden. Die Hufe der Vorderbeine scheinen auf einer Linie mit den Hinterbeinen zu liegen, vielleicht sogar ein wenig tiefer.
    Das zweite Bild mit dem schwach erkennbaren Pferdekopf ist eine Irreführung, denn das Pferd könnte nach dem Dunkelbild den Kopf beim Gang nach vorne auch abgewendet halten.
    Auf die Auflösung bin ich gespannt, es ist jedenfalls eine anregende Bildanalyse.

  4. Das Pferd entfernt sich im Schritt vom Betrachter. Das „Argument“ Pferde würden im sogenannten Passgang laufen stimmt nicht.
    Die üblichen drei Gangarten sind Schritt (4-Takt), Trab (2-Takt) und Galopp (3-Takt). Ausnahmsweise gibt es noch den Rennpass der Pacer.
    aus Wikipedia:
    Schritt. Der Schritt ist eine ruhige Viertaktgangart ohne Schwebephase, bei der das Pferd die Hufe „diagonal-lateral“also z. B. in der Reihenfolge links vorne – rechts hinten – rechts vorne – links hinten setzt, wobei die Bewegungen sich ein wenig „überlappen“.
    Aus der Beinstellung und der Kopfhaltung schließe ich, mich auf meinen Pferdeverstand verlassemd, intuitiv dass sich das Pferd vom Betrachter entfernt. Bei der „Hilfestellung“ hat man einen Kopf hinzugepinselt, der nicht zu Beinstellung und Halsbiegung passt.

  5. ich bin absolut KEIN pferdekenner, dennoch entfernt sich für mein auge das pferd vom betrachter. indiz ist
    1. der anatomische ansatzpunkt des schweifes
    2. der „durchblick“ zwischen schweif und hüftgelenk

    ich lasse mich überraschen.

  6. Nach den bisherigen Kommentaren steht es 4 : 4. Da hat Herr Baumann also mal wieder eine spannende Frage gestellt.
    Aus meiner Sicht passen Kopf-, Schweif- und Beinstellung zu beiden Laufrichtungen. Ich habe mich gefragt, wo weitere 3D-Infos auf dem Foto versteckt sein könnten und bin in meinem Blog bei meiner 3D-Schattensimulation für einen gefällten Baum fündig geworden (Link zum Blog-Beitrag: https://www.w-fotografie.de/fotomontagen-mit-3d-modellierung-1-ps-3d-cinema-4d-sketchup-oder-blender/). Das Pferd wirft zwar keinen sehr deutlichen Schatten aber im Gegenlicht ist er doch von links nach rechts hinten verlaufend erkennbar. Die Front des Pferdes ist also weiter vom Betrachter entfernt und damit trottet es vom Fotografen weg.
    Georg Schober hat die Laufrichtung mit seiner Kenntnis über Pferde direkt erkannt. Ich kenne mich da nicht so gut aus, finde aber auch, dass die Körperproportionen nicht zu einem entgegenkommenden Pferd passen.

  7. Ich habe mir das Gras angesehen und behaupte, dass das Pferd die Vorderhufe weiter vorne zum Betrachter setzt als die Hinterhufe.

    Das bestätigt dann mein Bauchgefühl, welches mir sagt, dass bei einem Pferd von hinten der Kopf mit Hals niemals diese Silhouette bilden könnte, es sei denn, das Pferd wäre eine Art Pferde-Kontorsionist.

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