UFOs, Geister, Unschärfekreise
Ist es ein Vogel, ein Flugzeug, ein Gespenst oder eine fliegende Untertasse? Nein, es ist bloß das Bokeh … Eine einfache Anleitung, wie sich vermeintlich außerirdische oder außersinnliche Phänomene mit handelsüblicher Fototechnik abbilden lassen.
UFOs, also unidentifizierte Flugobjekte, haben es jüngst mal wieder in die Medien geschafft, nachdem Ex-Präsident Barack Obama in der „Late Late Show“ deren Realität bestätigt hatte. Laut Obama verfüge die US-Regierung über Videomaterial, das Flugobjekte unbekannter Herkunft dokumentiere, deren Flugbewegungen man sich nicht erklären könne.
Das war nun allerdings nicht neu, denn die angesprochenen Videos, aufgenommen von Piloten der US-Navy, sind schon seit ein paar Jahren öffentlich und das US-Verteidigungsministerium hatte ihre Authentizität bereits bestätigt. Im CBS-Fernsehmagazin „60 Minutes“ wurde nun Luis Elizondo dazu interviewt, der von 2008 bis 2012 das „Advanced Aerospace Threat Identification Program“ (AATIP) geleitet hatte.
Dieses beim Militärgeheimdienst DIA (einem der vielen US-Geheimdienste neben CIA, NSA etc.) angesiedelte Programm sollte „unexplained aerial phenomena“ (UAP) untersuchen, also UFOs unter einem anderen Namen, aber die Existenz dieser Einrichtung lässt nicht darauf schließen, dass sich das US-Militär besondere Gedanken über fliegende Untertassen machte. AATIP war das Baby des demokratischen Senators Harry Reid, den Berichte über UFOs und die angeblichen Kontakte von US-Behörden zu Außerirdischen seit jeher fasziniert hatten, und es wurde von dem Milliardär Robert Bigelow gefördert, dessen Interesse an paranormalen Phänomenen notorisch ist. Ein einflussreicher Politiker mit einem UFO-Spleen hatte dem Militär ein Projekt aufgenötigt, dessen Etat von 22 Millionen USD Peanuts waren, verglichen mit den Rüstungsausgaben der USA insgesamt; wohl nur deshalb spielten die Militärs mit. 2012 wurde AATIP dann eingestellt, und Luis Elizondo beklagte sich über das Desinteresse, auf das seine Arbeit bei Militär und Regierung stieß.
Dass man sich bei der Navy wirklich nicht erklären konnte, was die Piloten gesehen hatten, ist zu bezweifeln. Schließlich ist es ihre Aufgabe, den Luftraum der USA zu schützen, und wenn sich darin unbekannte Objekte bewegen, kann man das nicht einfach auf sich beruhen lassen. Selbst wenn diese keine bösen Absichten verfolgen sollten, wären sie eine Gefahr für die Flugsicherheit – beispielsweise Copter, die manche Deppen immer wieder mal im Sperrgebiet um Flughäfen aufsteigen lassen. Tatsächlich fällt es nicht schwer, plausible Erklärungen für die Mehrzahl der Videos zu finden, wie Mick West im „Skeptic“ schreibt. Der Moderator von „60 Minutes“ hatte sich dagegen erschreckend unkritisch gezeigt und die Thesen Elizondos nie hinterfragt.
Wenn vermeintliche Flugobjekte aus dem Nichts auftauchen und wieder verschwinden, unerklärliche Flugmanöver vollführen, extrem stark beschleunigen und dabei keinen sichtbaren Antrieb haben, dann muss man sich doch als Erstes fragen, ob diese Objekte überhaupt real sind, und kein bloßes Artefakt der zur Beobachtung verwendeten Technik.
Eines der Videos ist hier besonders interessant, weil es einen in der Fotografie wohlbekannten Effekt zeigt. Das unbekannte Flugobjekt, das nahe der US-Westküste über dem Pazifik flog, hatte eine Dreiecksform, was UFO-Fans hellhörig machte – dem Begriff „fliegende Untertassen“ zum Trotz haben Berichte über dreieckige UFOs eine lange Tradition.
Wie Mick West anschaulich vorführt, entstehen solche Formen, wenn eine Kamera nicht richtig fokussiert ist: Helle, punktförmige Details werden als Unschärfekreise abgebildet. Diese Unschärfekreise haben die Form der Blende und sind daher nicht unbedingt echte Kreise; eine dreieckige Blende, wie sie für IR-Kameras typisch ist, erzeugt Unschärfedreiecke. Tatsächlich tauchen in diesem Video noch weitere Dreiecke auf, und dass sie alle genau gleich ausgerichtet sind, weist schon darauf hin, dass es sich um Artefakte, nämlich Bilder der Blende handelt.
Aber auch wenn das Flugobjekt nicht wirklich dreieckig ist, muss es dieses Objekt ja geben, und es bleibt die Frage, um was es sich handelt. Sein Blinkmuster entspricht dem einer Boeing 737, und da durch das fragliche Gebiet beliebte Flugkorridore zwischen der US-Westküste und Flughäfen in Asien verlaufen, liegt die Identifizierung auf der Hand. Die IR-Kamera hatte ein weit entferntes Verkehrsflugzeug erfasst, das – da die Kamera nicht darauf scharfgestellt war – in Form der dreieckigen Blende abgebildet wurde. Tatsächlich tauchen noch weitere Dreiecke im Video auf, die sich auf helle Himmelskörper zurückführen lassen; dass die Dreiecke alle exakt gleich ausgerichtet sind, unterstreicht noch einmal, dass es sich um Artefakte handelt.
Unschärfekreise, die im Bereich der Fotografie sonst vor allem als Elemente des Bokeh diskutiert werden, verwirren die Freunde des Paranormalen schon seit langem. Als sogenannte „Orbs“ gelten sie als Bilder von Geistern, die sich seltsamerweise nur in Blitzaufnahmen zeigen. Vor Jahren, als die Hersteller immer kleinere digitale Kompaktkameras bauten, deren Blitz dem Objektiv immer näher kam, waren diese Gebilde ein populäres Thema – nicht so sehr, weil man darin Geister sah, sondern weil sie die Aufnahme ruinierten. Sie entstehen, wenn sich feine Partikel – Staub, Pollen oder Wassertröpfchen – wenige Zentimeter vor dem Objektiv befinden, wo sie im Blitzlicht grell aufleuchten. Da sie weit außerhalb der Schärfenzone liegen, erscheinen sie im Bild als helle, durchscheinende Kreise (oder eben als Bilder der Blende, die ja nicht immer kreisförmig ist). Insbesondere Objektive mit asphärischen Elemente erzeugen Unschärfekreise mit konzentrischen Ringen oder anderen Strukturen, in denen passionierte Geisterseher bisweilen Gesichter erkennen – dabei werden so nur die Unvollkommenheiten eines nicht völlig präzisen asphärischen Linsenschliffs sichtbar.
Ein Sonderfall der Orbs sind längliche Gebilde, die oft als Leuchtspuren schnell beweglicher Objekte missdeutet werden. Aus der vermuteten Entfernung, der Länge der Spur und der kurzen Belichtungszeit haben manche schon irrwitzige Geschwindigkeiten dieser Objekte errechnet. Dabei handelt es sich hier schlicht um Haare – Katzenhaare zumeist –, die ebenso wie Staubteilchen dicht vor dem Objektiv schweben und vom Blitz angestrahlt werden.
Wenn Sie einmal selbst Geister oder UFOs fotografieren wollen, bieten sich dazu Objektive mit auswechselbarer Blende an, wie es sie beispielsweise bei Lensbaby gibt. Sie können sich aber auch aus Pappe eine Blende basteln, die Sie vor Ihr vorhandenes Objektiv setzen. Dann müssen Sie nur noch für helle Reflexe im unscharfen Vorder- oder Hintergrund sorgen, die als geheimnisvolle, durchscheinende Phänomene im Foto erscheinen werden. Ob Sie diese dann gegenüber Leichtgläubigen als echte Geister oder außerirdische Raumschiffe aus der fünften Dimension ausgeben, müssen Sie mit Ihrem Gewissen ausmachen. Zumindest können Sie ehrlich schwören, dass Photoshop hier nicht im Spiel gewesen ist.