Typisch STAR WARS – schlecht zitiert ist halb verloren
Ein Buch über die Bezüge der Star-Wars-Filme zur Bibel – warum nicht? Aber muss man das Cover deswegen mit einer so schlechten Typographie gestalten? Die Perspektive ist hier zwar nicht wirklich falsch, sondern nur falsch zitiert, aber die Verwendung des gleichnamigen Fonts spricht nicht gerade für typographisches Gespür, findet Doc Baumann.
Den ersten Star-Wars-Film sah ich 1977 in einem riesigen Londoner Kino, und ich glaube mich daran zu erinnern, wie mich das Intro faszinierte mit dieser gelben Schrift, die langsam in der Unendlichkeit des Weltalls verschwand. (Vielleicht täuscht mich meine Erinnerung da aber auch, weil das bei den folgenden Filmen ja genauso aussah.) Inzwischen assoziiert man diese sich perspektivisch verkürzenden Sätze geradezu mit der Filmreihe, und wer ein wenig mit populärer Science-Fiction-Kultur vertraut ist, muss nur eine entsprechende Schriftgestaltung sehen, um zu erkennen, was hier zitiert wird.
Im Prinzip sollte das auch bei einem Buchcover funktionieren, das den Titel trägt „Im Namen des Vaters, des Sohnes und der Macht. Star Wars und die Bibel“. Allerdings haben die Gestalter des auf theologische Themen spezialisierten Herder Verlags hier gleich mehrere Fehler gemacht. Nun gut – Fehler im strengen Sinne des Wortes sind es eigentlich nicht; sagen wir mal: eine unschöne Verwendung der Vorgaben.
Falsche Perspektive
Die Perspektive der Buchstaben ist nicht wirklich falsch, aber sie sieht nicht aus wie das zitierte Original. Dort „liegen“ die Buchstaben sozusagen auf einem Band, das in den Kosmos driftet. Auf dem Buchtitel dagegen sehen sie aus wie schräg aufgestellte Photovoltaik-Paneele auf einem Flachdach. Es lässt sich zwar nicht leugnen, dass der Text so etwas besser lesbar ist. Aber diese Perspektive entspricht nicht dem Original. Zur Ehrenrettung der Gestalter ist festzuhalten, dass die Perspektive der Schrift dennoch stimmt – alle Zeichen haben einen gemeinsamen Fluchtpunkt weit oben und wurden nicht willkürlich nach vorn gekippt. Der „Fehler“ liegt also darin, dass der Fluchtpunkt der Schrift nicht nur ein wenig oberhalb des Bildes liegt, sondern weit außerhalb davon. (Läge er im Bild, gar in der Mitte, wäre die Verkürzung so extrem, dass die Schrift nicht mehr lesbar wäre.)
Typo I: Falscher Font
Echte Star-Wars-Fans wissen genau, selbst wenn sie sonst wenig Ahnung von Typographie haben, wie der Font heißt, der für dieses Intro verwendet wird: Franklin Gothic. (Ich gehöre nicht zu diesen Fans, trotz früherer Begeisterung für das SF-Genre und obwohl ich sogar mal ein kulturgeschichtliches Buch darüber geschrieben habe.) Auch hier wurde falsch zitiert: Der Font des Titels stammt aus der Titelschrift der Reihe, die als kompletter Zeichensatz aus den Buchstaben von STAR WARS abgeleitet wurde und an diversen Stellen im Web gratis heruntergeladen werden kann. Aber Vorsicht: Mein Mac warnt mich wegen schwerwiegender Fehler des Fonts, ihn zu installieren! Die Franklin Gothic wäre sicherlich besser lesbar gewesen.
Typo II: Falsche Zeichenverwendung
Früher legte man vor allem bei älteren Schreibschriften als Satzschriften viel Wert auf ein ausgeglichenes und schönes Schriftbild. Dazu gehörten vor allem sogenannte Schwungbuchstaben, mitunter in mehreren Varianten für einen abwechslungsreichen und individuellen Schriftsatz; diese besonders ausladenden Buchstaben wurden an passender Stelle am Anfang und Ende von Wörtern benutzt.
Auf der Website Typo-Info heißt es dazu etwa: „Bei digitalen Schriften sind diese Schwungbuchstaben (Englisch: swash) entweder in einen eigenen Swash-Schnitt ausgelagert oder bei OpenType-Fonts einfach per Menü-Steuerung zu aktivieren. Bei der Anwendung ist darauf zu achten, dass Schwungbuchstaben stets nur am Anfang oder Ende eines Wortes eingesetzt werden dürfen. Niemals sollte ganze Wörter oder Sätze aus einem Schwungbuchstaben-Alphabet gesetzt werden.“
Auch die Star-Wars-Fonts verfügen über solche Zeichen; da es sich dabei um eine reine Versalienschrift (also eine nur aus Großbuchstaben bestehende) handelt, sind auch die „Binnenzeichen“, die normalerweise in Kleinbuchstaben gesetzt werden, Großbuchstaben (untere Reihe). Dennoch unterscheiden sich im Satz großgeschriebene Wortanfänge vom Rest des Textes: Buchstaben wie A, B, D … (also alle, die mit einem senkrechten oder geneigten Stamm beginnen und nicht mit einer Rundung), verfügen oben, nach links, also zum Wortanfang weisend, über eine Art überstehender Halbserife (obere Reihe). Das ist unter diesem Aspekt recht ordentlich gestaltet.
Die Gestalter des Covers haben nun aber solche Anfangsbuchstaben auch dort verwendet, wo „normale“ Versalien stehen sollten, also im Wortinneren. Wegen ungewohnter Ligaturen (Buchstabenverbindungen zu einem Zeichen) wie etwa das „es“ in „des“ oder „Sohnes“ sind diese Wörter ohnehin schlechter lesbar. Wenn dann aber noch „NA“ (In „Namen“ oder „MA“ in „Macht“ auf diese Weise zusammengezogen werden, wird die Lesbarkeit noch schlechter.
Bevor nun Kritiker auf meine übergenaue Typo-Kritik mit „Korinthenkackerei!“ reagieren (wenn doch, dann diesmal bitte mit „th“), dann haben sie nicht ganz unrecht. Aber Typographie lebt von solchen Details, die kein Selbstzweck sind oder pure Konvention, sondern dazu dienen, die Lesbarkeit von Texten zu verbessern. In diesem Fall ist es nun nicht so, dass man große Mühe hätte, die Titelschriftzeilen zu entziffern, aber hier gilt wie in Falle unsauberer Doktorarbeiten, über die der eine oder andere Politiker mitunter stolpert (oder auch trotz Aberkennung des Titels weitermacht, als sei nichts geschehen): Wenn, dann bitte sauber zitieren!
Ist eben eines der vielen verunglückten Buchcover. Solche verunglückten Grafiken passieren sehr oft, wenn der Zwang einer strikten Vorgabe besteht, ohne dass sich die Vorgabe unter den vorhandenen Notwendigkeiten erfüllen lässt. Mit einem Wort, so geht es nicht. Das muss nicht am Grafiker liegen, es gibt unglaublich sture, uneinsichtige Auftraggeber. Wobei es viele Menschen gibt, die die Wirkung auf Nichtbeteiligte und potenzielle Käufer nicht empfinden können. Ihre Bewertung wird durch eigene Emotionen, in dem Fall, durch die vermutlich tiefen Empfindungen beim ersten Betrachten des Filmtitels und dann des Films bestimmt, nur dass eben beim Betrachter des Buchcovers keine aufwühlende Musik von Herrn Williams in den Ohren dröhnt. 🙂
Nach Berichten über die Realisierung der Episode 4-Titelsequenz war es wirklich ein liegender Text, über den sich die Kamera bewegte, das brachte gegenüber einem Laufband eine unverwackelten Text. Er verschwindet auch nicht in der Unendlichkeit der Weiten, sondern wird deutlich ausgeblendet. Der beim Film erzielte Kompromiss zwischen Lesbarkeit für langsamere Leser und Leserinnen und gewünschter Tiefenwirkung ist IMO sehr gut gelungen. Es gibt zwar andere Filme mit solchen Lauftexten auch mit Tiefenwirkung, doch meist in einem viel steileren Winkel, so dass die Zeichen nicht so klein werden. Und es zeigte sich, dass fotografierte oder gefilmte Realität echt ist.
Schon vorher wurden durch den immer kleiner werdenden Titel Zuseher auf die Tiefe eingestimmt. Endgültig gelungen.