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Spenden für Wiki

Mal ehrlich – wie oft gehen Sie zum Regal, um im Lexikon nachzuschlagen? Und wie oft geben Sie stattdessen in der Wikipedia den Begriff ein, den Sie gern erklärt bekommen möchten? Die Nutzung des Online-Lexikons kostet nichts – aber es verursacht durchaus Kosten, den Wiki-Apparat aufrecht zu erhalten. Daher fände Doc Baumann es nett, wenn Sie als Nutzer gelegentlich Spenden für Wiki überweisen würden.

Spenden für Wiki
An gedruckten Nachschlagewerken herrscht ja oft kein Mangel – Wiki ist aber bequemer und man muss seinen Hintern nicht vom Schreibtischstuhl bewegen. / Foto: Doc Baumann

 

Kürzlich war ich auf einem Bücherflohmarkt. Gefunden habe ich wenig – entweder ich hatte es schon oder es interessierte mich nicht –, aber mir fielen unter einigen der mit Krimis, Fantasy-Romanen, Koch- und Reisebüchern beladenen Tapetentische etliche Bananenkisten voller Lexikon-Bände auf, die zu einem Spottpreis zu haben gewesen wären.

Nun reihen sich in meine Arbeitszimmer bereits rund 35 Regalmeter Nachschlagewerke: 18 Bände Meyers Konversations-Lexikon aus den 1890er Jahren, je 24 Bände Brockhaus Enzyklopädie und Encyclopædia Britannica, 10 Bände Duden Wörterbuch der deutschen Sprache; dazu zahllose Speziallexika vom vierbändigen Lexikon der Neuro-Wissenschaft über das zehnbändige Wörterbuch des deutschen Aberglaubens und 43 Bände Thieme/Becker/Vollmer Künstlerbiographien bis zum zehnbändigen Theologischen Wörterbuch zum Neuen Testament (bei dem ich erst nach dem Kauf, zum Glück günstig im Antiquariat, bemerkte, dass die Stichwörter in altgriechischer Sprache geordnet sind). Dafür gibt’s dann noch ein Regal mit Wörterbüchern, von ägyptischen Hieroglyphen über Altgriechisch bis zum Victorian Dictionary of Slang & Phrase.

Diese paar hundert Bände kann ich von meinem Schreibtischstuhl aus mit ein paar Schritten erreichen. In meiner Bibliothek stehen dann etwa noch der Nachdruck von Zedlers Grossem vollständigen Universal-Lexikon aller Wissenschaften und Künste, welche bishero durch menschlichen Verstand und Witz erfunden worden von 1733 (68 Bände), die Allgemeine Deutsche Biographie (56 Bände), die 33 Bände des Grimmschen Wörterbuchs


Ich erzähle Ihnen das nicht, um mit meinem Bücherbestand anzugeben, sondern um ein Geständnis abzulegen: Obwohl ich eigentlich ganz ordentlich ausgestattet bin, was Nachschlagewerke betrifft, bin ich in vielen Fällen zu faul, mich aus meinem Schreibtischstuhl zu erheben – obwohl ich weiß, dass das meiner Gesundheit zuträglich wäre und mein Körper stundenlanges Sitzen vor dem Monitor eigentlich gar nicht mag –, und ein paar Schritte zum Regal zu gehen, den passenden Band herauszuziehen und das Stichwort zu suchen. Selbst bei Rechtschreibzweifeln rolle ich oft nicht einen Meter zurück und blättere im Duden, sondern gebe in der Suchmaschine zum Beispiel ein „Duden + Promptuarium“ (MS Word kennt dieses Wort jedenfalls nicht und setzt eine rote Unterstreichung drunter).

Wenn’s allerdings wirklich ernst wird und ich ausführliche Informationen suche und sicher (na ja, sagen wir lieber: sicherer) sein will, dass die Angaben zuverlässig sind, ist die Web-Recherche nur der erste Schritt und ich vertiefe das lieber durch einen Gang zum Regal oder in die Bibliothek.


Um nun endlich zu Wikipedia zu kommen: Statt aufzustehen und meine teuer erworbenen Lexika zu nutzen, gehe ich allzu häufig fix über meine Suchmaschine zu Wikipedia und werde dort fast immer fündig. „Promptuarium“ war nun zwar leider ein schlechtes Beispiel, weil auch Wiki dieses Wort nicht kennt, aber das kommt wirklich selten vor.

Es ist auch nicht so, dass die Wikipedia fehlerfrei und hundertprozentig zuverlässig wäre. Vor längerer Zeit etwa wollte ich etwas über die „Villa Malta“ in Rom wissen. Der Wiki-Eintrag präsentierte mir aber unter diesem Eintrag stattdessen ein Gebäude auf dem Aventinhügel in Rom, die „Villa di Malta“ (eigentlich „Villa del Priorato di Malta“) – ich wollte aber etwas über jenes Haus wissen, das der bayrische König Ludwig I. auf dem Pincio erworben und in dem etliche deutsche Künstler gewohnt hatten. Zum Glück wusste ich, dass der Eintrag falsch ist (und informierte den Zuständigen davon), so dass heute im Wiki-Eintrag zur „Villa Malta“ sogar ausdrücklich zu lesen ist: „Sie ist nicht mit der Villa di Malta auf dem Aventin zu verwechseln.“

(Oder ein aktuelles Beispiel meiner heutigen Recherchen für meinen Roman: Laut der deutschen Wikipedia war Sir Charles Warren von 1872 bis 1876 im englischen Shoeburyness tätig; nach der englischen Wikipedia war es 1871 bis 1873. Die Encyploædia Britannica geht auf solche Details gar nicht ein. In der von seinem Enkel 1941 veröffentlichten Biographie – der wahrscheinlich zuverlässigsten Quelle – schließlich findet sich für Shoeburyness der Zeitraum von 1872 bis 1875, eine Angabe, die in dem 1902 anonym verfassten Buch „Sir Charles Warren and Spion Kop: A Vindication“ bestätigt wird. Allerdings nennt Roy Dutton in „Forgotten Heroes Zulu & Basuto Wars including Medal Roll 1877-8-9“ wiederum 1871 bis 1873 – was zeigt, dass gedruckten Quellen ebensowenig blind vertraut werden darf wie web-basierten. Aber ist es nicht egal, ob nun 1871 oder 1872? Nicht, wenn davon etwa abhängt, ob das vor oder nach einem anderen Ereignis war.)

Und ja, man liest auch immer wieder, dass manche Firmen, Institutionen und Politiker Menschen beschäftigen, die unliebsame Wikipedia-Passagen löschen oder durch unverfänglichere Texte ersetzen, also Veränderungen vornehmen, die eine vollständige und unabhängige Information erschweren. (Was dann an Orwells Ministerium für Wahrheit aus „1984“ erinnert, in dem beständig die Dokumente der Vergangenheit  den politischen Anforderungen der Gegenwart angepasst wurden – damals noch mühsam manuell.) Dann sollte man andere Quellen ergänzend hinzuziehen, und wenn man deutliche Abweichungen findet, ahnt man, dass hier jemand Dreck am Stecken hat, wenn solche Manipulationen nötig sind.

Ich muss gestehen, dass ich nicht weiter verfolgt habe, wie Wiki mit diesen Problemen inzwischen umgeht.

(Wobei zu bedenken ist, dass auch andere Quellen im Web manipuliert sein können und Fehler oder gezielte Falschinformationen enthalten mögen. Dann sollte man halt außerhalb des Webs weiterrecherchieren – zwar ist auch Gedrucktes, wie mein Warren-Beispiel oben zeigt, nicht hundertprozentig zuverlässig, geht aber in der Regel durch mehr Kontrollinstanzen, und seriöse Medien haben viel zu verlieren, wenn sie Fehler oder gar Falschmeldungen veröffentlichen.)


Fazit also: Tun Sie was für Ihre Gesundheit und stehen Sie gelegentlich lieber mal auf, um Ihr Lexikon aus dem Regal zu holen. Und wenn das veraltet ist (oder auch bereits für ein paar Euro auf den Flohmarkt verscherbelt wurde) und Sie die Wikipedia-Seiten nutzen: Denken Sie daran, dass die Organisation dieses Nachschlagewerks trotz der vielen ehrenamtlichen Mitwirkenden Geld kostet, das nicht durch nervige Werbung wieder reingeholt wird, sondern durch Spenden. Ich überweise in jedem Jahr einen Betrag; notfalls erinnert mich zum Jahresende ein eingeblendeter Balken auf der Wiki-Seite daran, wie viel Geld noch fehlt.

Wenn Sie also die Wikipedia immer mal wieder nutzen: Seien Sie so nett und tragen Sie mit dazu bei, dass das weiterhin ein (relativ) zuverlässiges, unabhängiges und werbefreies Medium bleibt. Mehr zum Spenden für Wiki finden Sie hier. Es gibt fünf Zahlungsvarianten; hier die Daten für eine Überweisung: Wikimedia Fördergesellschaft, IBAN: DE33 1002 0500 0001 1947 00, BIC: BFSWDE33BER (prüfen Sie’s lieber noch mal nach – es könnte ja auch mein Privatkonto sein 😉 )


PS: Fast hätte ich diesen Blog-Beitrag nicht veröffentlicht, weil ich mich dann doch noch über Wiki ärgern musste: Ich hatte nachgefragt, ob ich zur Illustration das Wikimedia-Logo verwenden dürfe. Die Antwort war so bürokratisch, dass mir fast die Lust zur Unterstützung vergangen wäre. Aber man sollte das hilfreiche Nachschlagewerk nicht wegen der ruppigen Dame am Telefon bestrafen.

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Doc Baumann

Doc Baumann befasst sich vor allem mit Montagen (und ihrer Kritik) sowie mit der Entlarvung von Bildfälschungen, außerdem mit digitalen grafischen und malerischen Arbeitstechniken. Der in den Medien immer wieder als „Photoshop-Papst“ Titulierte widmet sich seit 1984 der digitalen Bildbearbeitung und schreibt seit 1988 darüber.

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4 Kommentare

  1. Zu dem Abschnitt bzgl. 1984 – wenn sich Leute detektivisch durch die Web-Wiki-Unterwelt wühlen müssen, um die Pseudonyme zu entlarven, die ihre Reputation per einseitiger und irreführender Einträge in Wikipedia zerstören, um sie gerichtlich belangen zu können – und diese Machenschaften von den Admins auch noch gedeckt werden – spätestens da vergeht mir die Lust an dieser „Enzyklopädie“.
    Landgericht Hamburg, Urteil vom 15. Februar 2019, Aktenzeichen 324 O 468/18 , z. B. hier kommentiert:
    https://www.neue-justiz.nomos.de/fileadmin/neue-justiz/doc/2019/Aufsatz_NJ_19_11.pdf , Ziff. 3 des ersten Artikels
    Interview dazu: https://www.youtube.com/watch?v=zfvcj6_8z5w
    Ich ignoriere die inzwischen (fast) genauso konsequent wie eine Suchmaschine namens Google.
    Ich halte es lieber so: „Orwells ‚1984‘ war als Warnung gedacht, nicht als Gebrauchsanleitung“ – Quelle mir unbekannt.

  2. Siehe den Kommentar von Thorsten Kowalski – Wikipedia ersäuft in Geld, was erstmal kein Problem ist …aber es wird von deren Seite nichts unternommen, um das was Wikipedia zerstört aufzuhalten. So schön also die Idee dieser Seite in ihrer reinen Form ist, so unschön ist das, was daraus geworden ist. Es wäre schade drum, wenn die üblichen Beeinflussungsapparate die im Medienrummel ihr politisches Ding durchpeitschen, auch diese Seite schrotten. Vielleicht würde ein vorübergehender Einbruch der Spenden da zur Einsicht verhelfen.

  3. Ich sehe das wie bilddaten, eine solche „Quelle“ mag ich nicht unterstützen,
    Aufschlussreich als Quelle dazu dazu die Filme von Markus Fiedler und Frank-Michael Speer „Die dunkle Seite der Wikipedia “ und die Fortsetzung „Zensur“.

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