Wir haben ein Modell der ersten im offiziellen Handel erhältlichen Sony A7r IV erworben und sind damit durch Berlin gezogen. Ziel war es zunächst einmal herauszufinden, wozu ein solches Pixelmonster in der Praxis taugt. Die Bilddateien, mit denen Sie sich Ihr eigenes Urteil bilden können, gibt es gratis im Download.
Vorgeschichte
Einige unter Ihnen werden sich an unsere Geschichte „Die 50-Megapixel-Lüge“ aus dem Jahr 2014 erinnern. Canon hatte gerade seine 5Ds mit 50 Megapixel Auflösung vorgestellt und wir bekamen Zweifel, ob die damals verfügbaren und vor allem die bei den meisten Fotografen im Einsatz befindlichen Objektive diese Auflösung wohl auch nur im Ansatz bedienen können. Einzig das zu der Zeit ganz neue Zeiss Otus 55mm F/1.4 schien für diese Auflösung gerüstet.
Die Praxis zeigten dann allerdings völlig andere Probleme: Ob die Objektive bei der Aufnahme das volle Potenzial des Sensors ausschöpfen konnten, war bald keine Frage mehr. Als viel problematischer erwies sich Canons eigenwillige Produktpolitik, auf eingebaute Bildstabilisatoren im Kameragehäuse zu verzichten, um den Fotografen bei jeder Linse aufs Neue für ein wenig Bildstabilisation zur Kasse zu bitten. Viele 5Ds-Käufer hatten ihre Schwierigkeiten, die Kamera hinlänglich ruhig zu halten, und so fand das Modell außerhalb von Studios viel weniger Freunde als erwartet.
Heute
Inzwischen sind fünf Jahre ins Land gegangen und alle Kamera- und Objektiv-Hersteller konnten sich auf die neuen High-res-Auflösungen vorbereiten. Um die 40 Megapixel sind inzwischen fast schon „normal“, alle besseren Objektive der letzten Jahre gehen damit relativ souverän um und haben, will man den Herstellern glauben, was Auflösung betrifft, noch Luft nach oben. Und auch wenn sie nicht das letzte Megapixel aus dem Sensor herauskitzeln können, sind die Ergebnisse dank des Oversampling-Prinzips nicht schlechter als mit einer Kamera, die geringer auflöst. Die Fraktion der neuen gläsernen Hochauflöser hat allerdings zwei Nachteile im Gepäck: Zum einen sind die Objektive ebenso schwer wie unhandlich. Zum anderen bewegen sie sich fast alle in einer Preislage zwischen 1.000 und 3.000 Euro.
Auf Sinnsuche
Der Bildsensor der Sony A7r IV löst ein Motiv in 61 Megapixel auf. Das ist ziemlich genau so viel, wie man für einen 200-dpi-Ausstellungsprint im A0-Format braucht – also für den Druck eines Fotos mit einem Quadratmeter Größe. Das ginge natürlich auch mit weniger Aflösung, aber so kann man alle Details auch ohne Mindest-Betrachtungsabstand erkunden. So riesig druckt zwar kaum jemand seine Werke aus, aber es ist natürlich toll, wenn man das kann. Vermutlich wird der Auflösungszuwachs nur für die wenigsten Käufer der Grund sein, zur Sony A7r IV zu wechseln. Interessant ist sie vor allem als Paket mit 15-Blenden-Dynamikumfang, einem schnellen (Augen-)Autofokus, gutem Rauschverhalten bei hohen ISO-Werten und vielerlei kleinen technischen Verbesserungen.
Die wichtigste Voraussetzung: Lust am Detail
Ganz ehrlich: Kein Mensch braucht so eine hohe Auflösung für Erinnerungsfotos. Und auch in der Profiwelt kommt man sehr gut mit 24 Megapixel klar. Eine A4-Doppelseite in einem Magazin mit 300 dpi in feinster, frequenzmodulierter Rasterung gedruckt, braucht mit Beschnitt gerade mal 18 Megapixel. Rationale Gründe sind es also nicht in erster Linie, die einen zur 60-Megapixel-Kamera greifen lassen. Zu den weniger rationalen zählt dann die Lust am Detail. So ein Sensor speichert viel mehr als das menschliche Auge auch mit einem langen Blick aufnehmen kann. Wer in der 100- oder 200-Prozent-Darstellung durch solche Aufnahmen scrollt, wird vieles entdecken, was im Moment der Aufnahme wahrscheinlich unsichtbar blieb. In der Architektur- und Landschaftsfotografie ist das oft ein Segen, im Studio und bei der Porträtfotografie nicht immer.
Beispielbilder mit DNGs als Gratis-Download
Alle folgenden Fotos in voller Auflösung als DNG-Dateien laden Sie hier als 366-MB-ZIP-Datei. Die DNG-Dateien sind je mach Menge der Motivdetails zwischen 70 und 90 Megabyte groß. Sie sind nur als Anschauungsmaterial gedacht, alle Rechte und Verwertungsoptionen bleiben beim Fotografen.
Transparenz
Wie bei den meisten Tests auf DOCMA.info haben wir die vorgestellte Kamera und das Objektiv im freien Handel und zu marktüblichen Preisen erworben.
Hohe Auflösung wirkt beeindruckend, wenn die Fotos auf großen Fernsehbildschirmen, möglichst mit 8K, gezeigt werden. Schade, dass über diese Art der Präsentation nicht mehr berichtet wird. Zum Beispiel über die Anpassung der EBV an die TV-Farbräume und ähnliches mehr.
Das wird in den nächsten Jahren sicherlch interessant werden. 100 Zoll, 8K TV mit HDR600….
Ein Genuss vor der Familie oder vor Freunden seine Bilder zu zeigen.
Dafür wird sich sicherlich der eine oder andere Fotobegeisterte entscheiden.
Als Nutzer der 5DSR musste ich mich in der Tat für die Hälfte der üblichen Belichtungszeit entscheiden, um unverwackelete/scharfe Bilder zu erhalten. Für Landschaftsaufnahmen auf dem Stativ ist die kürzere Belichtungszeit aber sowieso kein Thema.
Erwarte in den nächsten Tagen die 7RIV, konnte bei einem Seminar schon einige Bilder mit meinem 200-600 OSS (Jpeg) machen. Primär ist mir aufgefallen, dass bei der 7RIV Leihkamera der eingeschaltete IBIS mit dem eingeschalteten OSS am Objektiv konkurriert und die Bilder unschärfer waren, als wenn der Ibis aus war. Aber das ist sicherlich eine leicht zu behebendes Problem – sofern ich wieder dem Menüwirrwarr Herr werde 🙂 . Die Bildqualität der ersten Probeschüsse ist im JPEG gefühlt gleich wie die der 7RIII. Trotz der höheren Auflösung.
Aber wofür brauche ist das? Hr. Künne hat schon Recht, eigentlich zu viel des Guten und kaum im Print nutzbar (abgesehen von Whitewalls neuen hochauflösenden Drucken). Mein fokus liegt aber in der Naturfotografie. Crop bei Vögeln oder weit entfernten Tieren. Daher brenne ich schon darauf, weil ich neben meiner 5DSR/5DIV Variante mit dem 600erIII eine „handheld Variante“ mit dem 200-600er von Sony haben möchte.