So werden Sie schnell reich
Schaut man sich an, wie ich mit vielversprechenden Mails umgehe, die mir mehrere Millionen Euro verheißen, ohne dass ich viel dafür tun müsste, könnte man denken, ich sei entweder reich oder ignorant. Dabei bin ich nur ungläubig. Selbst einer armen Frau mit „schwer Träne in ihre Aug und großartig Leid im Herzen“, die demnächst verenden wird, habe ich nicht geantwortet.
Vielleicht kennen Sie das ja aus eigener Erfahrung: Mehrfach pro Woche erhalte ich lange Mails, in denen ich zwar nicht extra namentlich angesprochen werde, die mir aber trotzdem verkünden, ich sei auserwählt worden, um eine Summe von ein paar Millionen Euro oder Dollar entgegenzunehmen. Nahezu ohne weitere Verpflichtungen; gelegentlich werde ich auch gebeten, einen Teilbetrag weiterzuleiten – doch eine ansehnliche Summe, die für deutlich mehr als den Rest meines Lebens reichen würde, darf ich behalten.
Man könnte sich fragen, warum diese herzensguten Menschen aus der Türkei, Nigeria, Ghana, Südafrika, Indien oder Lateinamerika, die mich aus Milliarden anderer Erdenbürger ausgewählt haben, um mich glücklich zu machen, mich nicht einmal mit meinem Namen anreden. Aber da sie meine Mail-Adresse kennen, müssen sie ja wissen, wer ich bin, und es kann es sich dabei nur um ein Versehen handeln.
Meist sind diese Mails in englischer Sprache abgefasst. Manchmal aber auch auf Deutsch beziehungsweise der Variante, die Übersetzungsprogramme aus unserer geliebten Muttersprache destillieren. So erhielt ich vorgestern die folgende Mail, die ich Ihnen nicht vorenthalten möchte:
„Friede sei mit dir,
ich bin Schreibe dies Post zu du mit schwer tränen in meinen auge und großartig leid in meinem herz weil meinem Arzt erzählte mir dass ich werde verenden in drei Monate zeit. Ich bin (Frau.) Luety Mansa, Ich bin 76 Jahre alte Frau, Ich bin leidend aus lang zeit Krebs von die Lunge welche auch betroffen mein Gehirn,
von allen Anhalt meine Bedingungen ist wirklich verschlechternden und es ist ziemlich offensichtlich dass ich wird nicht wohnen, nach meiner Ärzte sie sagten dass Ich kann nicht Leben für die nächsten drei Monate, Und ich verspreche um den Willen meines verstorbenen Mannes zu erfüllen um die Summe zu spenden [$3.6 Millionen Vereinigt Zustand Dollar} zu einem christlichen Bruder oder Schwester, die verwenden werden dieser Fonds zu helfen die weniger Privilegien und die person wird zu nehmen 30% von die gesamt Summe Während 70% von die Fonds werden gehe zu Nächstenliebe Organisationen dass gibt pflege von die Waisenhäuser.
1: Für die Kranken, weniger privilegierten
2: Für die Witwen und die mutterlose Babys
3: Waisenhaus oder Nächstenliebe Startseite
Mit freundlichen Grüßen.
Frau. Luety Mansa“
Es ist ein Jammer! Wenn ich mir die Frau Mansa so vorstelle, mit schwer Tränen in ihren Auge, mit großartigem Leid und demnächst verendend …
Aber soll ich die zu erwartende Mühe wirklich auf mich nehmen, für Nächstenliebe Organisationen, für die Kranken, die weniger privilegierten, für Nächstenliebe-Startseiten – und dann von den „3,6 Mio Vereinigt Zustand Dollar“ lediglich läppische 30% behalten dürfen? Lohnt doch nicht! Ich erinnere mich an Mails, da wurden mir vertrauenswürdig zweistellige Millionenbeträge versprochen. Außerdem hätte ich ein schlechtes Gewissen, weil ich gar kein christlicher Bruder bin – das entspräche sicher nicht dem letzten Willen des verstorbenen Ehemannes.
Spaßeshalber gab ich den Namen der demnächst verendenden Dame bei Google ein und fand auch tatsächlich etliche Erwähnungen:
Die erste machte mich traurig, ja ärgerlich, denn noch im März hatte Frau Mansa jemandem gemailt: „ … habe ich einige Fonds die ich von meiner späten liebevoller Ehemann Dr. Mansa Yasha, der Summe (USD$4.900.000, 00), die er in der Bank hinterlegt geerbt hier …“ Aha, 4,9 Mio! Und wo ist jetzt der Rest? Aber seien wir nicht selbstgerecht: Frau Mansa hatte ja geschrieben, auch ihr Gehirn sei betroffen.
An einer anderen Stelle im Web wird herzlos unterstellt, hier handle es sich um Spam! Ach was?! Frau Mansa wird da mit einer fast wortgleichen Mail vom 16. Februar erwähnt, was mich nun doch ungemein erleichtert, denn da ihr Arzt ihr schon damals nur noch drei Monate gegeben hat, ist er entweder unangemessen pessimistisch, inkompetent oder – man mag gar nicht daran denken! – stimmt vielleicht die ganze Geschichte nicht.
Der nagende Wurm des Zweifels wird weiter genährt, liest man eine andere, recht ähnliche Mail:
„Spende von Frau Lisa Dillon. Abidjan Elfenbeinküste
Aufmerksamkeit !!!!
Grüße im Namen des HERRN Zebaoth der Geber alles Guten. Ich weiß, dass dieser Vorschlag auf jeden Fall, Sie als eine große Überraschung sein, aber ich bitte Sie um Ihre Zeit, um durch sie sorgfältig, wie die Entscheidung, die Sie machen, wird ein langer Weg, um meine Zukunft zu bestimmen, gehen Sie zu gehen. Ich bin Mrs. Lisa Dillon eine alternde Witwe 57 Jahre alt leidet lange Krankheit Brustkrebs und Lungenkrebs. Ich habe einige Fonds, die ich geerbt von meinem verstorbenen Mann, den Betrag von USD $ 4.500.000,00 und ich brauchte eine sehr ehrlich und Gott, der Person, die das Geld dann zurückziehen können verwenden die Gelder für wohltätige Werke.
(…) Ich fand Ihre E-Mail-Adresse aus dem Internet nach dem ehrlichen Gebete an den Herrn mir ehrliche Person ich vertraue auf, um zu bringen, und ich beschloss, sie zu kontaktieren, wenn Sie bereit und interessiert, diese Treuhandfonds in gutem Glauben zu behandeln. (…) Dies ist nicht gestohlene Geld und es gibt keine damit verbundenen Gefahren.“
Es ist ein Elend auf der Welt! Überall verenden schwer reiche Frauen mit einem Vermächtnis ihres Ehemanns, der ihnen ins Jenseits vorausgeschritten ist, und wollen ein paar Millionen unter die Leute bringen. Doch vereinsamt, wie die Superreichen nun mal sind, haben sie keinen an ihrer Seite, der das in ihrem Sinne umsetzen kann. Aber jetzt weiß ich endlich, wie sie an mich geraten ist: Gott hat mich als Antwort auf ihr Gebet empfohlen als ehrliche Person. Das macht mich ein bisschen stolz. Auch als Ungläubigen lässt er mich nicht fallen (und erkennt an, dass man auch als Atheist ehrlich sein kann, Gott sei Dank!). An der Allwissenheit hatte ich schon immer meine leisen Zweifel, aber auch, wenn Gott meinen Namen nicht kennt, konnte er doch immerhin meine E-Mail-Adresse weitergeben, was ja auch schon mal was ist. Und während ich das schreibe, habe nun auch ich „schwer Träne in meinen Auge …“.
Letzthin hatte sich Warren Buffet via E-Mail bei mir gemeldet, es ging um einen Millionen-Deal, den er nur mit mir bewerkstelligen wollte. Dass er mich aber nicht mal mit meinem richtigen Vornamen angeredet hatte (und sich auch nicht mehr an meine Bank-Verbindung erinnern konnte), hatte mich derart beleidigt, dass ich sein Mail direkt gelöscht habe! Sorry, aber so geht man einfach nicht mit Freunden um! Offenbar ist ihm meine (Nicht-)Reaktion ziemlich eingefahren – habe seitdem nämlich nichts mehr von ihm gehört.