Sind meine Objektive noch gut genug?
Alle – nun ja, viele – wollen mehr Megapixel, aber wenn sie die erst haben, regt sich der Verdacht, die teuer bezahlten Objektive könnten dem höher auflösenden Sensor nicht mehr gewachsen sein. Aber keine Bange.
Mir sträuben sich ja immer die Nackenhaare, wenn wieder einmal jemand versucht, die Auflösung von Objektiven in Megapixeln anzugeben. Objektive erzeugen nun mal keine zu Pixeln gerasterten Bilder und wo es keine zählbaren Pixel gibt, kann man auch keine Megapixelzahlen nennen. Seriöserweise kann man nur den Kontrast angeben, mit dem ein Objektiv verschiedene Ortsfrequenzen (unterschiedlich feine Details, umgangssprachlich ausgedrückt) abbildet. Dies hängt dann auch noch von der Blende ab, und auch davon, ob man das Bild im Zentrum oder in den Ecken betrachtet – wer all das ganz genau wissen will, muss lernen, MTF-Kurven zu lesen, wie sie viele Hersteller zu ihren Objektiven veröffentlichen. Dass diese Kurven meist mit einem Simulationsmodell berechnet, statt anhand eines konkreten Objektivs gemessen sind, beeinträchtigt ihre Aussagekraft kaum.
Wie kann man nun aber die Auflösung von Objektiven, angegeben als der Kontrast, mit dem soundsoviel Linienpaare pro Millimeter abgebildet werden, mit der in Megapixeln spezifizierten Sensorauflösung vergleichen? Nehmen wir als Beispiel eine Kleinbildkamera, die 6000 mal 4000 Pixel (24 Megapixel) auflöst. 6000 Pixel auf 36 mm (also die Bildbreite des Kleinbilds) bedeuten, dass ein Sensorpixel 6 µm misst und rund 167 Pixel auf einen Millimeter gehen. Dieser Sensor kann also Ortsfrequenzen auflösen, die unter etwa 83 Linienpaaren pro Millimeter (Lp/mm) liegen. Das ist allerdings noch zu optimistisch gerechnet, denn da jedes Sensorpixel nur eine Grundfarbe registriert und ein kompletter Datensatz aus Rot, Grün und Blau aus den Nachbarpixeln interpoliert werden muss, ist die effektive Auflösung geringer – man muss erfahrungsgemäß durch etwa 1,4 teilen, womit man auf realistischere 60 Lp/mm kommt. Bei Kleinbildobjektiven wird der Kontrast meist nur für Ortsfrequenzen bis 40 Lp/mm angegeben, aber wenn die Werte hier hoch sind, kann man mit einem hinreichend gut aufgelösten Bild rechnen.
Was aber passiert, wenn man die Auflösung auf der Sensorseite noch weiter in die Höhe treibt? Selbst wenn das Objektiv bei entsprechend höheren Ortsfrequenzen nur noch einen geringen Kontrast produziert, wird das Bild durch den höher auflösenden Sensor immer noch besser. Das Bild mag in der 100-Prozent-Darstellung etwas weich wirken, aber die feinere Pixelstruktur des Sensors tastet es feiner ab und das so aufgezeichnete Bild bietet daher gute Voraussetzungen für eine Scharfzeichnung, die den Kontrast feiner Details erhöht. In Lightroom sollten Sie beim Schärfen nicht so sehr den »Betrag« heraufsetzen, sondern den Regler »Details« auf hohe Werte nahe 100 schieben, weil dann mit einer besonders effektiven Dekonvolution statt einer Unscharfmaskierung nachgeschärft wird.
Generell sollten Sie beachten, dass die Wirkung des Bildes im Ganzen zählt, nicht die Qualität immer kleinerer Ausschnitte. Je größer die Zahl der Sensorpixel, desto weicher muss zwangsläufig das Bild in einer 100-Prozent-Ansicht erscheinen, die ja immer stärker vergrößert – dennoch ist die Bildqualität im Ganzen gestiegen. Aber zugegeben: Immer höhere Megapixelzahlen bringen einen immer geringeren Zugewinn, und daher muss man abwägen, ob sich eine Investition in noch mehr Pixel wirklich auszahlt.