Sensorgeflüster: (Nicht viel) Neues vom organischen Sensor
Jüngst wurde wieder der Yeti gesichtet, sprich der organische Sensor, der seit Jahren immer wieder mal das nächste große Ding in der Sensortechnik zu werden verspricht. Bleibt er am Ende doch das ewige Talent?
2020 hätte eigentlich das Jahr des organischen Sensors werden sollen; für die Olympischen Spiele in Tokio hatte Panasonic eine 8K-Fernsehkamera mit organischem Super-35-Sensor (annähernd APS-C-Format) in Aussicht gestellt. Dass die Spiele wegen der Pandemie verschoben werden mussten, schien Panasonic nicht ungelegen zu kommen, da die Entwicklung offenbar mehr Zeit benötigte, aber auch 2021 trat der organischen Sensor nicht zu den Wettbewerben an.
Über dieses Entwicklungsprojekt hatte ich hier schon mehrfach berichtet. Nachdem sich in den Nullerjahren vor allem Fujifilm mit organischen Sensoren beschäftigt hatte, wurde später Panasonic zur treibenden Kraft; Fuji sollte weiterhin das organische Halbleitermaterial liefern, aber von einer aktiven Beteiligung dieses Partners war zuletzt nicht mehr die Rede.
Panasonics Design wirkt bestechend: Es ersetzt einen wesentlichen Teil der Funktionen eines CMOS-Sensors, die Umwandlung von Licht in elektrische Ladungen (photoelektrische Konvertierung), durch eine auf den Chip aufgetragene organische Halbleiterschicht; der CMOS-Chip ist nur noch für das Auslesen und die Digitalisierung des Bildes nötig. Da sich die Stärke der photoelektrischen Konvertierung durch eine angelegte Spannung regeln lässt, kann man damit einen regelbares ND-Filter simulieren und – indem man die Effektivität der Umwandlung auf Null stellt – einen globalen elektronischen Verschluss realisieren. Die lichtempfindliche organische Halbleiterschicht bringt noch weitere Vorteile mit sich, denn sie fängt die Photonen in einer relativ dünnen Schicht ein, was Übersprechen zwischen den Pixeln vermindert und für ein robustes Verhalten bei flachen Einfallswinkeln des Lichtes sorgt.
Auf einer japanischen Messe für 4K- und 8K-Videotechnik hat Panasonic vor zwei Wochen seinen Kameraprototyp vorgeführt, wie Monoist meldete; der organische Sensor lebt also, scheint aber noch immer nicht ready for prime time zu sein. Die Gründe dafür sind nicht recht klar, aber es ist offenkundig, dass die Realisierung des vom Prinzip her so überzeugenden Konzepts noch auf Schwierigkeiten stößt. Monoist berichtet, der Zeitpunkt einer praktischen Anwendung stünde noch nicht fest, und zitiert einen ungenannten Panasonic-Vertreter: „Auf Basis der Resonanz auf dieser Messe möchte ich die Entwicklung für die Praxis weiter beschleunigen“. Das klingt zumindest so, als bliebe dies nicht die letzte Yeti-Sichtung.
Währenddessen scheint das Ziel eines CMOS-Sensors mit (fast) globalem elektronischen Verschluss auf anderem Wege erreicht zu werden. Sony, Canon und jetzt auch Nikon mit der Z9 setzen darauf, den klassischen Rolling Shutter immer schneller zu machen, bis – wie bei der Z9 – das verräterische „Rollen“ kaum noch zu sehen ist. Diesem brute-force-Ansatz, der einen gestapelten Sensor mit einem zweiten CMOS-Chip für die Digitalisierung und die Zwischenspeicherung der Rohdaten erfordert, fehlt die Eleganz von Panasonics Design, aber er hat sich bisher als praktikabler erwiesen.