Sensorgeflüster: Neues vom organischen Sensor
Und täglich grüßt das Murmeltier: Seit Jahren geistert der organische Sensor in verschiedenen Varianten durch die Medien, aber praktisch damit fotografieren kann man noch immer nicht. Jetzt hat die japanische Rundfunkgesellschaft NHK den Prototyp eines teil-organischen Dreischichtsensors vorgestellt.
Mit der Entwicklung (teilweise) organischer Sensoren haben sich bereits viele Hersteller beschäftigt, darunter Fuji, Panasonic, Samsung und Sony. Auch das japanische Fernsehen (NHK) entwickelt organische Sensoren für Fernsehkameras. Dabei sollen organische Halbleiterschichten nicht etwa die Siliziumkristalle konventioneller CMOS- oder CCD-Sensoren ersetzen, sondern diese ergänzen.
Im klassischen Sensordesign erfüllt der Siliziumchip drei Aufgaben: Die Energie des einfallenden Lichts in Elektrizität umzusetzen, die so entstehenden elektrischen Ladungen zu speichern, und diese nach Ende der Belichtung schließlich in Spannungen zu wandeln und auszulesen. Aktuelle CMOS-Sensoren übernehmen noch eine vierte Aufgabe, nämlich die ausgelesenen Spannungswerte zu digitalisieren. In einem (teilweise) organischen Sensor ist es eine dünne organische Halbleiterschicht auf dem Siliziumchip, die für die fotoelektrische Umwandlung sorgt; der Chip selbst muss die elektrischen Ladungen nur noch speichern und auslesen – und gegebenenfalls digitalisieren. Diese Aufgabenteilung hat unter anderem den Vorteil, dass auf dem Chip mehr Platz zur Speicherung entsprechend größerer Ladungen bleibt, was den Dynamikumfang und den Rauschabstand verbessert.
Frühe Konzepte, wie sie Fuji schon vor mehr als 10 Jahren vorstellte, sollten die Tatsache ausnutzen, dass organische Halbleiterschichten je nach dem verwendeten Material unterschiedliche Wellenlängen des Lichts absorbieren. Man kann also jeweils eine rot-, grün- und blauempfindliche Schicht übereinander stapeln und so an jeder Stelle des Sensors alle drei Grundfarben registrieren. Im Gegensatz zu einem konventionellen Sensor mit Farbfiltern im Bayer-Muster erfordert der organische Sensor dann keine Interpolation: Jedes Sensorpixel liefert alle RGB-Daten.
Die Idee eines organischen Dreischichtsensors verlor allerdings über die Jahre an Popularität, wohl weil ihre Verwirklichung auf technische Probleme stieß. In jedem Sensorpixel müssen die beiden oberen organischen Schichten durch Drähte mit dem darunter liegenden Chip verbunden werden, durch ein oder zwei Schichten hindurch, und die Herstellung solcher Verbindungen wäre aufwendig.
In letzter Zeit konzentrierte sich die Entwicklung auf konventionellere Designs mit nur einer einzigen organischen Schicht, die alle Wellenlängen des sichtbaren Lichts registriert. Zur Farbdifferenzierung dienen Farbfilter im Bayer-Muster. Sowohl NHK wie auch Panasonic kündigten 8K-Fernsehkameras mit einem solchen Sensor an, die rechtzeitig zu den für dieses Jahr geplanten olympischen Spielen in Japan einsatzbereit sein sollten. Die sportlichen Events sollen schließlich durchgängig in 8K-Auflösung aufgenommen und übertragen werden. Dass es um diese Kameras mit organischen Sensoren zuletzt etwas ruhiger wurde, mag auch damit zu tun haben, dass die olympischen Spiele wegen der Corona-Pandemie verschoben werden mussten.
Überraschenderweise hat NHK nun wieder einen Prototyp eines Dreischichtsensors vorgestellt. Er besitzt allerdings nur zwei organische Schichten, die blaues beziehungsweise grünes Licht registrieren; rotes Licht lassen sie durch und dieses wird vom Siliziumchip registriert. Im Gegensatz zu den älteren Dreischicht-Designs sind keine Verbindungen zwischen den organischen Schichten und dem Chip vorgesehen. Stattdessen liegt über der blauempfindlichen und unter der grünempfindlichen organischen Schicht je eine Schicht transparenter Transistoren, über die die elektrischen Signale ausgelesen werden. Der Chip ist allein für den Rotkanal zuständig. Insgesamt ist ein solcher Sensor vermutlich einfacher zu produzieren als es eine Verwirklichung der alten Konzepte gewesen wäre, aber was die genaue Funktionsweise betrifft, bleiben Fragen offen. Die von den organischen Schichten freigesetzten Elektronen müssen ja während der Belichtung gespeichert werden, und da dies nicht der Chip übernimmt, bliebe zu diesem Zweck höchstens die parasitäre Kapazität der zum Auslesen verwendeten Transistoren, die aber relativ klein sein dürfte.
Der Sensor-Prototyp hat eine lichtempfindliche Fläche von etwa 6,4 mal 4,8 Millimetern und löst 320 mal 240 Pixel auf. Die Farbwiedergabe lässt noch zu wünschen übrig, aber der „proof of concept“ dieser Konstruktion ist NHK gelungen. Künftig sollen die Pixel verkleinert und deren Zahl damit vergrößert werden; das Ziel ist die Entwicklung einer Single-Chip-Kamera. Für die Zwecke der bildmäßigen Fotografie dürften die Ansätze mit einer einzigen organischen Schicht aber trotzdem aussichtsreicher sein. Selbst wenn NHK und Panasonic dazu die zusätzliche Zeit benötigen sollten, die ihnen die Verschiebung der olympischen Spiele verschafft.
Auf 35 mm umgerechnet, immerhin rund 3,85 Megapixel. Für die Aufzeichnung würde jedoch ein TV-Format benutzt, um die Fläche besser auszunützen.
Kritisch dürfte die Lichtempfindlichkeit sein, was man wohl durch helles Kunstlicht wettmachen wird.