Sensorgeflüster: Huawei P30 Pro – Gelb ist das neue Grün
Das Smartphone Huawei P30 Pro wartet mit einer Neuerung auf: Die Sensoren der gemeinsam mit Leica entwickelten Kameramodule haben gelbe statt grüne Farbfilter, was zu einer erhöhten Empfindlichkeit beitragen soll. Die Leistungen des Huawei P30 Pro im High-ISO-Bereich sind offensichtlich, aber was für einen Vorteil könnte eine andere Filterfarbe bieten?
Das Huawei P30 Pro besitzt wie sein Vorgänger P20 Pro drei Kameramodule hinten (und eines vorne), darunter die Hauptkamera mit einem 40-Megapixel-Sensor und eine Tele-Kamera in Periskopbauweise. Der Sensor der Hauptkamera ist minimal gewachsen (1/1,7 statt 1/1,78 Zoll), aber der auffälligste Unterschied liegt im Farbfiltermuster, das statt der üblichen roten, grünen und blauen Filter solche in Rot, Gelb und Blau enthält.
Die Grundfarben Rot, Gelb und Blau sind ebenso wie Rot, Grün und Blau geeignet, alle wahrnehmbaren Farben durch additive Mischung darzustellen, aber da die Gelbfilter einen größeren Spektralbereich passieren lassen, der von Rot über Gelb bis Grün reicht, sind die gelbempfindlichen Sensorpixel laut Huawei rund 40 Prozent empfindlicher, was ziemlich genau einer halben Blendenstufe entspricht. Auch beim klassischen Bayer-Filtermuster ist die Empfindlichkeit der Sensorpixel nicht einheitlich; die grünen Pixel haben durchweg die höchste Empfindlichkeit, gegenüber der die Empfindlichkeit für Rot und insbesondere Blau abfällt. Da eine Überbelichtung eines Farbkanals vermieden werden muss, entspricht die Empfindlichkeit des Sensors der ihrer empfindlichsten Pixel, also in diesem Fall der gelbempfindlichen Pixel. Der neue Sensor ist daher um eine halbe Blendenstufe empfindlicher. Das scheint ein offensichtlicher Vorteil zu sein, aber ganz so einfach ist es nicht.
Aufgrund der größeren Transmission der Gelbfilter hat der Sensor eine höhere Grundempfindlichkeit; das Kameramodul kann also knapper belichten und eine kürzere Verschlusszeit wählen, womit sich Bewegungen besser einfrieren lassen. Dennoch können die gelbempfindlichen Sensorpixel nicht mehr Elektronen als grünempfindliche Pixel speichern, denn ihre Kapazität wird durch den Sensorchip und nicht durch die Farbfilter bestimmt. Aufgrund der knapperen Belichtung können die rot- und blauempfindlichen Pixel aber entsprechend weniger Elektronen sammeln; ihre Signale sind daher stärker verrauscht als sie es wären, wenn sich die Belichtung an grünempfindlichen Pixeln orientieren würde. Und es kommt noch ein weiteres Problem hinzu, denn am Ende sollen ja RGB-Bilder gespeichert werden; das Smartphone muss also einen Grünkanal berechnen, indem es Rot von Gelb subtrahiert. Eine Subtraktion der Signale versucht man generell zu vermeiden, da sie den Rauschabstand verschlechtert – das resultierende Signal ist kleiner, während das Rauschen nicht in gleichem Maße abnimmt. In diesem Fall wird das rauscharme Gelb-Signal vom verrauschten Rot-Signal kontaminiert, was alle Vorteile der höheren Empfindlichkeit zunichte machen dürfte.
Wie schon oben gesagt: Das Huawei P30 Pro liefert beeindruckende Bilder. Das neue Rot-Gelb-Blau-Farbfiltermuster dürfte aber den geringsten Anteil daran haben, nicht zuletzt, da auch die Empfindlichkeitssteigerung um eine halbe Blendenstufe nicht erklären könnte, weshalb das P30 Pro nun ISO 409600 erreicht.