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Praxistest Sony a7rII: Fokussieren (Teil 3)

Wie lässt es sich mit der Sony a7rII fokussieren? Was taugt der verbesserte Autofokus für Sonys FE-Objektive? Wie kompatibel sind andere Objektiv-Welten?

Sony a7rII fokussieren: Testgeraete


Adaptierung von Fremdoptiken


Zum einen ist die Auswahl an „nativen“ FE-Vollformat-Objektiven zur Zeit noch recht übersichtlich. Nur Sony selbst und Zeiss bieten bis dato speziell für das a7-System gerechnete Linsen an. Zum anderen erlaubt die spiegellose Bauform – zumindest theoretisch – die Adaptierung fast aller am Markt verfügbaren Voll- und Mittelformat-Objektive – selbst solche für die Leica M. Wie gut das dann im Alltag funktioniert, ist ofmals eine Frage des Adapters – besonders, wenn man nicht per Hand fokussieren möchte.


Schärfe nach Augenmaß


Aber bleiben wir erst einmal beim Do-it-yourself-Scharfstellen: Manuelles Fokussieren ist in der Praxis mit der a7rII relativ undramatisch – aber nicht komfortabel. Da systembedingt keine Mattscheiben zum Einsatz kommen, die sich mehr, minder oder gar nicht zum manuellen Fokussieren eignen, ist das Hauptproblem beseitigt, mit dem man beim Blick durch den optischen Sucher jeder DSLR zu kämpfen hat. Durch den elektronischen Sucher lässt sich die Bildschärfe relativ gut kontrollieren. Wem das nicht ausreicht, der hat weiterführende Optionen: Zum einen gibt es die Möglichkeit, scharfe Kontrastkanten farblich hervorzuheben. Das funktioniert gut. Noch besser allerdings, wenn man (als Raw-Fotograf) den Bildstil auf Schwarzweiß schaltet und gleichzeitig die Kontrastkanten-Hervorhebung auf Rot oder Gelb.
Leider sind die Ergebnisse dennoch nicht perfekt. Zumindest Freunde der offenen Blende scheitern regelmäßig an den kleinen Unterschieden der Schärfeanzeige in der Normalansicht und der in den optional einschaltbaren Vergrößerungen. Die Wirkung dieses Problems verstärkt sich logischerweise mit der erhöhten Auflösung der a7rII. Fast immer muss man den Fokus nach dem Einzoomen leicht nachjustieren. Daran hat auch der neue Sucher nichts geändert. Allerdings wäre es schön gewesen, das Einzoomen nicht mehr nur vollformatig zu erlauben, sondern auch als hervorgehobenen Bildausschnitt. Denn beim ansichtsfüllenden Einzoomen verliert man fast zwangsläufig den Bezug zum Gesamtmotiv während der Scharfstellung. Ein interessantes Feature wäre sicherlich die digitale Interpretation des guten alten Schnittbild-Entfernungsmessers – erweitert um den Vorzug, bei der Wahl des Fokus-Punktes nicht mehr nur auf die Bildmitte beschränkt zu bleiben.


Auto-Schärfe mit Fremdobjektiven


Zuerst die gute Nachricht: Mit dem Metabones Mark IV-Adapter, der neusten Adapter-Firmware und der a7rII, sind zumindest viele autofokussierende Canon-Objektive in der Welt der spiegellosen Sonys angekommen.

Meine Autofokus-Erfahrungen mit diesem Adapter und der alten a7 sind – gelinde gesagt – katastrophal. Bei keinem meiner Objektive (ob von Metabones empfohlen oder nicht) war ein Autofokus ohne enervierendes Pumpen möglich. In der Regel erwies es sich als zeitsparender, den AF abzuschalten und die Schärfe manuell einzustellen.

Das ist bei der a7rII nun völlig anders. Von meinen drei unterwegs getesteten Objektiven (Canon f1.2 50mm L, Canon f1.8 85mm und Sigma f1.4 50mm Art) arbeiteten die beiden 50er nahezu perfekt mit Kamera und Adapter zusammen. Das gilt sowohl für sonnige Lichtbedingungen als auch für abendliche Aufnahmen in Räumen, bei Kunstlicht und bei spätabendlichen Fotos in Umgebungen, die mit Straßenlampen und Schaufenstern beleuchtet sind. Erst in nächtlichen „Fast-gar-kein-Licht-mehr“-Settings (wie etwa im Mondlicht oder in Clubs) versagt der  Autofokus bisweilen. Allerdings, das sei zur Ehrenrettung angemerkt, die Leistungen der adaptierten 50-mm-Linsen unter schlechtesten Bedingungen waren immer wenigstens genauso gut wie die mit meinem „nativen“ Zeiss/Sony f2,8 35mm.

Laut Metabones-Liste werden Canons f1.2 50mm und das f1.8 85mm vom Mark IV-Adapter unterstützt. Vom Sigma f1.4 50 ist dort nichts zu lesen. Als für mich persönlich sehr erfreulich zeigt sich die perfekte Unterstützung dieses nicht aufgeführten Objektivs. Warum das automatische Fokussieren mit dem f1.8 85mm unmöglich zu sein scheint, bleibt dagegen im Dunkeln. Es könnte daran liegen, dass mein 85er nicht der „Version 18“ entspricht, die in der Liste aufgeführt ist. Näheres ließ sich allerdings (noch) nicht herausfinden.


Autofokus mit Zeiss/Sony-Objetiven


Bei der Arbeit mit dem Zeiss/Sony f2,8 35mm gibt es beim Fokussieren keine spürbaren Verzögerungen, solange etwas Licht vorhanden ist. Schwierig wird es – wie oben beschrieben – in „Fast-gar-kein-Licht-mehr“-Settings. Dann erinnert das Autofokusverhalten an Canons 5D Mark II – was nicht unbedingt eine niedrige Messlatte ist, nicht aber hochgesteckte Erwartungen erfüllt. Denselben Eindruck auch bei besserem Licht hatte ich bei Experimenten mit dem f1.8 85er Zeiss Batis in den Räumen einer Boxschule in Berlin. Aber ich will nicht ausschließen, dass sich hier mehr Performance heraus kitzeln lässt, wenn man alle Autofokus-Funktionen und ihre Abhängigkeiten komplett verinnerlicht hat. Dennoch sagt mir mein Bauchgefühl: Zumindest Hallen-Sport- und Nachtschwärmer-Fotografen sind derzeit mit hoch performanten DSLRs in Sachen Autofokus noch immer besser bedient.


Zwischen-Fazit: Sony a7rII fokussieren


Der überarbeitete Autofokus mit jetzt 399 Messpunkten und einer Mischung aus Kontrast- und Phasen-AF bringt spürbare Vorteile – nicht nur im Hinblick auf die vergrößerte Abdeckungsfläche. Zumindest mit dem Metabones-Adapter der Version Mark IV und einigen Canon-Objektiven ist das Problem des pumpenden Autofokus aus der Welt geschafft. Leider sind aber nicht alle Autofokus-Funktionen der Kamera mit Fremdobjektiven verfügbar.

Im manuellen Fokus ist die a7rII wie ihre Schwestermodelle gut benutzbar, aber es gibt durchaus noch Optimierungspotenzial. Der Autofokus (mit und ohne Adapter) bewegt sich nach meiner Einschätzung in Sachen Geschwindigkeit insgesamt etwas oberhalb des Niveaus der Canon EOS 5D Mark II, aber noch nicht auf dem der 5D Mark III. Allerdings handelt es sich hier um subjektive Wahrnehmungen. Es dürfte spannend werden, was die Kollegen in den Messlaboren herausfinden.


Mehr lesen:


Teil 1: Der Plan und erste Raw-Bilder
Teil 2: Das Handling
Teil 3: Fokussieren
Teil 4: Der Stabilisator
Teil 5: Die Bildqualität
T
eil 6: Das Fazit

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Christoph Künne

Christoph Künne, von Haus aus Kulturwissenschaftler, forscht seit 1991 unabhängig zur Theorie und Praxis der Post-Photography. Er gründete 2002 das Kreativ-Magazin DOCMA zusammen mit Doc Baumann und hat neben unzähligen Artikeln in europäischen Fachmagazinen rund um die Themen Bildbearbeitung, Fotografie und Generative KI über 20 Bücher veröffentlicht.

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