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Praxistest Sony a7rII – Die Bildqualität (Teil 5)

Kommen wir zur Gretchenfrage: Was bringt der neue Sensor der Sony a7rII für die Bildqualität? Nun, grundsätzlich profitiert der Besitzer einer a7rII (im Vergleich zur a7) davon, dass Sony das Sensordesign überarbeitet hat. Ob es an der neuen Backside-Illumination-(BSI)-Technologie liegt, dem Weglassen des Tiefpassfilters oder an den zusätzlichen Pixeln, kann dieser Test nicht klären. Fakt ist: Wer ganz genau hinschaut, findet mehr feine Details im Bild. Außerdem ist man mit der Kamera bei Nacht bis 25.600 ISO für viele Zwecke gut bedient – trotz der kleineren Pixel, die mit der hohen Auflösung auf gleicher Sensorfläche einhergehen.


Hintergrund des Praxistests mit der Sony a7rII


Man könnte jetzt mit dem Bildvergleich starten und daraus seine Schlüsse ziehen. Leider ist es nicht ganz so einfach, denn ein Bild ist nicht nur Produkt des Sensors, sondern auch maßgeblich bedingt durch das verwendete Objektiv und durch Design-Details wie das fehlende Tiefpassfilter. Was allein ein fehlendes Sperrfilter für die wahrgenommene Schärfe eines Objektivs beim gleichen Sensor ausmachen kann, verdeutlichen folgende Vergeiche: Auf der Seite www.dxomark.com wurden sowohl die Nikon D800 als auch die Nikon D800E mit dem Zeiss Otus 85mm vermessen.
Sony a7rII: Tests_and_reviews_for_the_lens_Carl_Zeiss_Apo_Planar_T__Otus_85mm_F14_ZF_2_Nikon_mounted_on_Nikon_D800_-_DxOMark

 

Obwohl beide Modelle 36 Megapixel sensorseitig auflösen, erreicht das Otus an der Nikon D800 „nur“ 29 Megapixel, an der D800E dagegen 35. Dass hier auflösungstechnisch noch nicht Schluss sein muss, zeigt das Apo Sonnar T 2/135, mit dem sich an der D800E sogar die vollen 36 Megapixel herauskitzeln lassen. Trotz der vermeintlich besseren Auflösung sind es an der Nikon D800 allerdings nur 28 Megapixel.

Wie lernen: Mit dem richtigen Objektiv und ohne Tiefpassfilter kann man auch bei hochauflösenden Kameras die gesamte verfügbare Auflösung nutzen – zumindest aktuell bis zu 36 Megapixel – höher auflösende Modelle wurden bei DXO noch nicht berücksichtigt.
Allerdings sind Objektive, die diese Auflösungen unterstützen, teuer und vor allem rar – es gibt nur eine gute Hand voll von ihnen – zumindest wenn man den verfügbaren DXO-Messungen Glauben schenken will. Man darf also durchaus skeptisch sein, ob die meisten am Markt verfügbaren Objektive in der Lage sind, die 42 Megapixel der Sony a7rII vollumfänglich zu bedienen.

Canon sagt im Bezug auf seine 50 Megapixel auflösenden 5Ds-Modelle, sie hätten 19 Optiken im Portfolio, die mit der hohen Auflösung umgehen könnten. Nikon will für die D810 mit 36 Megapixeln 16 „kompatible“ Objektive im Bestand haben.
Sony erklärt, sie (und Zeiss) hätten bereits in weiser Voraussicht alle nach Erscheinen der Sony a7 im Jahr 2013 ins Programm genommenen Vollformat-FE-Objektive für diese Auflösungen gerechnet. Damit verfügen sie über 20 Produkte, die Bilder entsprechend detailliert erfassen können.
Die zehn verfügbaren DXO-Messungen für die 36-Megapixel-a7r sprechen indes eine andere Sprache: Da liegen die Festbrennweiten zwischen 22 und 32 Megapixel, während sich die Zooms zwischen 9 und 16 Megapixel tummeln. Aber da die Sony a7rII ohne Tiefpassfilter auskommt und ein verbessertes Sensordesign bietet, sind hier durchaus erhebliche Zuwächse der Auflösung bei den entsprechenden Messungen zu erwarten.

Soweit zur Theorie. In der Praxis geht es ja darum, ein möglichst detailreiches Bild in allen Aufnahmesituationen zu bekommen. Und da wahrscheinlich niemand, der mit so einer Kamera liebäugelt, das erste Mal ein digitales Modell kauft, ist es zudem wichtig, dass der Unterschied zur bisher verwendeten Technik deutlich sichtbar ist. Ob dabei 9, 32 oder alle 42 Megapixel aufgelöst werden, interessiert eigentlich nur Testredakteure, Pixel-Peeper und Marketingabteilungen, die nach Verkaufsargumenten suchen.


Testbilder: 100 ISO Basisempfindlichkeit


Wir haben in erster Linie Bilder aus der Sony a7rII mit solchen aus der circa 2.500 Euro günstigeren Sony a7 verglichen. Für alle Canon-Wechselkandidaten sei angemerkt: Die EOS 5D Mark III ist im Hinblick auf die Sensorqualität beim Rauschen der a7 ebenbürtig, ihr aber beim Dynamikumfang etwa eine Blende unterlegen.
Teils entstanden die Testbilder mit Stativ, teils ohne. Insgesamt entsprechen sie natürlich im Hinblick auf die Präzion der Rahmenbedingungen keinen Labormessungen. Dennoch zieht sich in der nachträglichen Analyse dieselbe Aussage durch alle Vergleichsbilder. Dabei ist es unerheblich, ob sie mit dem adaptierten 50mm-Sigma-, einem 85mm-Canon- oder dem nativen 35mm-Sony-Objektiv, vom Stativ oder aus der Hand gemacht wurden: Die Sony a7rII zeichnet bei Verwendung desselben Objektivs etwas mehr Details auf als die Sony a7. Allerdings sieht man den Unterschied in der 100%-Ansicht nur mit Mühe, in der 200%-Ansicht schon deutlicher und so richtig genau dann in der 400%-Ansicht. Aber bitte, wer möchte auf diese Weise Bilder beurteilen?

 

Sony a7rII: Salo
Ausgangsbild: Die Hafenpromenade von Salo am Gardasee im Mittagslicht. Im Ausschnitt finden sich vielfältige Details.
Sony a7rII: salo-LR
Der Vergleich in Lightroom (links 1:1 die Sony a7, rechts angepasst die Sony a7rII) zeigt zunächst keine Qualitätsunterschiede.
Sony a7rII: salo-PS200
200%
Sony a7rII: salo-PS400
Zum besseren Vergleich habe ich den Ausschnitt aus der Sony a7-Datei mit Photoshops Standardfunktion »Details erhalten – (Vergrößerung)« auf Sony a7rII-Größe hochskaliert und dann in Lightroom mit 2:1 und 4:1 anzeigen lassen.

Etwas besser zeigt sich der Unterschied in der Qualität, wenn man dem von meinem Redaktionskollegen Michael Hußmann kürzlich entwickelten Ansatz folgt, nachdem die hochauflösenden Datensätze der Kameras mit über 24 Megapixel Auflösung perfekte Vorausetzungen bieten, um sie zu verkleinern. Vergleicht man die Bilder nach 24-Megapixel Maßstäben, (rechnet also das Bild der Sony a7rII auf die Maße der Sony a7 herunter – hier mit Photoshops »Bikubisch schärfer (Verkleinerung)« –, sieht man die Vorzüge des neuen Sensors am Monitor besser, aber auch erst bei 200% Darstellungsgröße sehr deutlich. Außerdem werden die Daten bei diesem Herangehen handlicher.

Sony a7rII: salo-PS-24MP-200
„24-Megapixel“-Vergleich bei 200%

Apropos Datenmenge: Es soll an dieser Stelle nicht unterschlagen werden, dass die Zeit in Camera Raw, die bei einer 100%-Darstellung fürs Datenrendern anfällt, etwa doppelt so lange dauert, wie derselbe Vorgang bei den Dateien aus der Sony a7. Mit komplexeren Einstellungen in den Raw-Werkzeugen kommen bei meinem vollausgestatteten 15“ Retina Macbook je Sony a7rII-Bild rund zehn Sekunden Wartezeit zusammen. Wer schönere Details haben will, muss also nicht nur mehr zahlen, sondern beim Entwickeln auch länger warten.


Testbilder High-ISO


Die Beurteilung von High-ISO-Fähigkeiten einer Kamera hängt sehr von den individuellen Bedürfnissen des Fotografen ab. Ich persönlich schätze vor allem beim Fotografieren auf Veranstaltungen die Freiheit, Blende und Zeit vorzugeben und den Ausgleich der Lichtverhältnisse der ISO-Automatik zu überlassen. Das hat für meinen Geschmack zwei Vorzüge: Durch eine kurze Verschlusszeit kann ich Bewegungen meiner meist menschlichen Motive kompensieren und gleichzeitig die Hintergrundunschärfe kontrollieren.

Etwas mehr oder weniger Rauschen stört mich persönlich nur bei Studioporträts, nicht bei Feld-, Wald- und Wiesenaufnahmen, die ohne künstliches Fotolicht entstehen. Bin ich nachts unterwegs, kann ich daher auch gut mit etwas körnigen Ergebnissen leben. Aus diesem Grund ist für mich der Einsatz der Sony a7rII bis 25.600 ISO unproblematisch – im Gegensatz zu meiner Canon 5D Mark III. Deren Rauschverhalten mag ich nur bis 12.800 ISO.

Sony a7rII: sitzbankvoll

Sony a7rII: sitzbank
Links die Sony a7, rechts die Sony a7rII – beide mit 25.600 ISO

Nachts sind alle Katzen grau – diese Volksweisheit gilt auch für digitale Bilder. Neben dem Rauschverhalten geht es auch um die Farben der Nacht. Wo kaum mehr Licht hinfällt, verschwindet auch die Farbigkeit – wie bei den nächtlich grauen Katzen. Solange das Auge bei schlechten Lichtverhältnissen noch Farben differenzieren kann, ist die Sony a7rII (genauso wie ihr kleines Schwestermodell) meist gut darin, sie auch im Bild herauszuarbeiten. Liegen die Farbnuancen allerdings nahe beieinander – wie etwa ungeschminkte Lippen und Haut, unterscheiden die sich auf dem 25.600-ISO-Foto kaum mehr voneinander, obwohl das Auge den Unterschied noch deutlich wahrgenommen hat.

Sony a7rII: 20000ISODSC01837
100%-Ausschnitt Sony a7rII 20.000 ISO im Innenraum bei Kunstlicht. Farbliche Feinheiten von Haut, Augenweiß und Lippen gehen verloren.

Für die meisten Fotografen dürfte das jedoch unerheblich sein, denn kaum jemand fotografiert im Dunkeln, wenn es darauf ankommt, dass die Bilder alle Arten von Details – seien es Farben oder Strukturen – perfekt wiedergeben. Wenn es darum geht, macht man besser ein entsprechendes Hilfslicht an.

Für erstaunlich detailscharfe Erinnerungshilfen oder für charmante Available-Light-Aufnahmen scheint der Sensor perfekt geeignet – zumindest solange noch ein wenig Licht vorhanden ist.


Zwischenfazit: Bildqualität


Ich kann in diesem Praxistest nicht ermessen, ob die Sony a7rII ihre 42-Megapixel Auflösung wirklich ausschöpft, aber es gibt sichtbare Unterschiede bei der Detailreproduktion gegenüber der Sony a7. Das gilt für Low- und High-ISO-Anwendungen. Nach meinem Dafürhalten rechtfertigen sie allein allerdings die Mehrausgabe gegenüber einer Sony a7 – auch für den ambitionierten oder professionellen Fotografen – nur in Ausnahmefällen. Etwa wenn er in Größen von über DIN A1 drucken möchte, oder wenn er für Hochglanz-Magazine arbeitet, die auch bei Doppelseiten-Aufmachern Freiheiten bei der späteren Ausschnittsgestaltung einfordern.

Bildbearbeiter dagegen profitieren stärker von der zusätzlichen Informationsfülle. Ihnen liefert jedes hinzukommende Megapixel an erfassten Bilddaten einen erweiterten Spielraum für spätere Verwendungen. Selbst kleine Verbesserungen bei der Detailerfassung veredeln für diese Zielgruppe den Pixel-Rohstoff und erweitern somit die kreativen Anwendungsoptionen. Für sie lohnt sich der Kauf der Sony a7rII bereits nur wegen des Bildsensors – vorausgesetzt sie leisten sich auch entsprechend hochwertige Objektive.


Mehr lesen:


Teil 1: Der Plan und erste Raw-Bilder
Teil 2: Das Handling
Teil 3: Fokussieren
Teil 4: Der Stabilisator
Teil 5: Die Bildqualität
T
eil 6: Das Fazit

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Christoph Künne

Christoph Künne ist Mitbegründer, Chefredakteur und Verleger der DOCMA. Der studierte Kulturwissenschaftler fotografiert leidenschaftlich gerne Porträts und arbeitet seit 1991 mit Photoshop.

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