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Photopia statt photokina – haben Fotomessen eine Zukunft, und wenn ja, welche?

Immer wenn ich letzte Woche auf der Hamburger Photopia andere Journalisten und meine Ansprechpartner in der Industrie traf, kam das Gespräch oft auf die photokina, der viele auch nach vier Jahren noch nachtrauern, aber natürlich auch auf die Zukunft der Institution Messe. Hat sich die klassische Fotomesse überlebt, oder ist der persönliche Kontakt jenseits von Internet und Metaversum durch nichts zu ersetzen?

Photopia statt photokina – haben Fotomessen eine Zukunft, und wenn ja, welche?
Die 350 in den beiden Messehallen gestapelten Container sind das Markenzeichen der Photopia.

Die Agonie der photokina hatte ich an dieser Stelle mit mehreren Beiträgen begleitet. Vier Jahre ist es her, dass sich die Fotobranche zum letzten Mal in Köln getroffen hat, und seit zwei Jahren ist klar, dass es keine weitere photokina mehr geben wird. Corona hin oder her – es war nicht die Pandemie, die der Messe den Rest gegeben hatte, sondern eine haarsträubende Fehlplanung ihrer Veranstalter. Während es leicht ist, hinterher schlauer zu sein, hatten Branchenexperten von Anfang an am Sinn einer jährlichen Messe gezweifelt, zumal an zwei Messen im Abstand von acht Monaten, und so war es nicht wirklich überraschend, dass die photokina am Ende nicht doppelt so oft, sondern gar nicht mehr stattfand. Dass dieses Abenteuer absehbar in der Zeit eines schrumpfenden Fotomarktes gestartet wurde und während einer unabsehbaren Pandemie endete, machte es nur noch aussichtsloser.

Photopia statt photokina – haben Fotomessen eine Zukunft, und wenn ja, welche?
Canon hatte wieder einen der größten Messestände aufgebaut.

Aber die letzten vier Jahre waren ja nicht nur eine Zeit der Trauer und des Haderns mit dem Virus. Schon im vergangenen Jahr hatte die Hamburger Messegesellschaft die Photopia aus der Taufe gehoben, die trotz kurzer Vorlaufzeit und der pandemie-üblichen Beschränkungen ein Achtungserfolg wurde. Von Donnerstag bis Sonntag fand nun die zweite Auflage statt, und schon am ersten Tag war sichtbar, dass sich die Photopia in der Branche etabliert hat. Die in Quadratmetern gemessene Ausstellungsfläche war zwar (noch) nicht gewachsen, die Zahl der Aussteller hingegen schon; die teils mäandernden Wege zwischen den Ständen schufen Platz für etliche kleinere Unternehmen, auch solche aus der analogen Nische, und von den Kameraherstellern wurden nur OM Digital Solutions (ex-Olympus), Ricoh/Pentax, Hasselblad und Phase One vermisst. Im Gegensatz zur Berliner Photo Week im September, von der nur wenige Journalistenkollegen (mit ausbaufähiger Begeisterung) berichteten, war in Hamburg tatsächlich etwas los – nicht nur auf dem Messegelände, sondern auch bei Veranstaltungen anderswo in der Stadt, auf Fotowalks durch die Straßen und Fototörns durch den Hamburger Hafen.

Photopia statt photokina – haben Fotomessen eine Zukunft, und wenn ja, welche?
Nikon und Panasonic auf der Photopia

Natürlich war in Hamburg alles ein bisschen kleiner als in Köln, aber auch die photokina war ja zuletzt immer mehr geschrumpft. Würde es die photokina heute noch geben, hätte sie mutmaßlich auch nicht mehr die Bedeutung, die sie ehemals hatte. Kamerahersteller hatten ihre wichtigsten Produktankündigungen schon länger nicht mehr am Termin der photokina ausgerichtet, und in den japanischen Konzernzentralen traf man Anstalten, sich finanziell zurückzuziehen. Es wäre die Sache der deutschen oder europäischen Vertretungen geblieben, ihre Messepräsenz aus dem eigenen Budget zu stemmen.

Photopia statt photokina – haben Fotomessen eine Zukunft, und wenn ja, welche?
Fuji war in diesem Jahr erstmals auf der Photopia vertreten und präsentierte dort sein Portfolio vom X-System über GFX bis zu den Instax-Sofortbildkameras.

Um so überraschter war ich daher, dass die Photopia auf dem Radar einiger japanischer Hersteller wie Canon und Fuji aufgetaucht war; auch Vertreter aus den Zentralen waren deshalb nach Hamburg geflogen. Die Hauptzielgruppe der Messe war aber weder Presse noch Handel, sondern die (Profi-, Amateur- und Gelegenheits-) Fotografen. Die Eintrittspreise von 25 Euro (ermäßigt 15 Euro) für ein Tagesticket hätten allerdings gerne noch niedriger sein dürfen; Kinder bis 15 Jahre und damit der hoffentlich fotografierende Nachwuchs hatten immerhin in Begleitung zahlender Erwachsener freien Eintritt.

Photopia statt photokina – haben Fotomessen eine Zukunft, und wenn ja, welche?
Maike Jarsetz auf einer der beiden Photopia-Bühnen

Die Fachbesucher freuten sich, wieder einen Branchentreff zu haben, denn ehrlich gesagt sind Fotomessen auch große Klassentreffen, auf denen man seine Erfahrungen austauscht und sich gegenseitig auf dem neuesten Stand von Klatsch und Gerüchten hält. Dass die Fotoszene trotz düsterer Ausblicke auf die Umsatzzahlen immer noch sehr lebendig ist, erweist sich eben nur in der unmittelbaren Erfahrung und direkten Kontakten. Das Internet mit seinen Video-Pressekonferenzen ist kein Ersatz dafür, wenn auch in schwierigen Zeiten besser als nichts.

Neben den regionalen Hotspots in Zingst, Oberstdorf und Duisburg, die schon wegen ihrer im Vergleich zu einer klassischen Messe viel entspannteren Atmosphäre den Besuch lohnen, könnte sich die Photopia Hamburg als neues Zentrum der Branche etablieren, das trotz der eher peripheren Lage bis in den Süden und Osten der Republik ausstrahlt. Die Photopia 2023 (vom 21. bis 24. September) sollte man sich nicht entgehen lassen. Wir sehen uns!


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Michael J. Hußmann

Michael J. Hußmann gilt als führender Experte für die Technik von Kameras und Objektiven im deutschsprachigen Raum. Er hat Informatik und Linguistik studiert und für einige Jahre als Wissenschaftler im Bereich der Künstlichen Intelligenz gearbeitet.

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Kommentar

  1. Was die Photokina angeht, kann ich mitreden, habe ich doch schon als Studi in den frühen 80er Jahren zum ersten Mal die tolle Atmosphäre schnuppern können, die es in dieser Form vielleicht nur in Köln gab.
    Seitdem habe ich keine einzige Photokina verpasst, was auch einem Kollegen zu verdanken ist, der weit mehr als ich ein fanatischer Fotofreund ist und wir beide hatten vor vier Jahren bereits die Befürchtung „das geht den Bach runter“. Missmanagement und Corona gaben uns recht.
    Zu den Publikumsmessen allgemein: Ist man lediglich auf der Suche nach Informationen, dann ist das Internet weit ergiebiger.
    Rafft man sich aber auf, fährt hin, lässt sich treiben und lässt auch die kleinen bis winzigen Messestände von Nischenanbietern nicht links liegen zugunsten der Canon- Nikon usw -Paläste, dann ist der Besuch schon fast ein sinnliches Erlebnis.
    So agieren aber wohl nur wenige Besucher. Die meisten hetzen herum und stehen Schlange vor dem nächsten „revolutionären“ Kameragehäuse oder Objektiv.
    Nun zu den Fachbesuchern: Meine Frau arbeitet im Management einer kleinen High-Tech-Firma in einer sehr spezialisierten Branche, wo weltweit fast jeder jeden kennt. Es gibt eigentlich nur zwei Fachmessen, die sie besuchte in der Zeit v.C.
    Eine in USA, eine in DE.
    In den Jahren n.C. entfielen diese bzw. der Reiseaufwand rechtfertigte nicht das Ergebnis..
    Zoom, Webex und diesen ganzen Krücken zum Trotz:
    Der Mensch ist ein soziales Wesen, man vermisst es, die (fast) immer gleichen Leute ab und zu persönlich zu treffen.
    Ich wage daher die Prognose: Publikumsmessen werden eingehen, Fachmessen werden weiter bestehen, zumal man dort auch aufgrund bewusst hoher Eintrittspreise vor Prospektsammlern sicher ist.

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