Pentax 645z: Solid as a rock
Vor ein paar Tagen brachte mir der Paketdienst eine Pentax 645z zum Testen. Die perfekte Gelegenheit, das Notebook zuzuklappen und damit bei dem schönen Wetter ein wenig um die Häuser zu ziehen. Anschließend ging es ins Studio, der eigentlichen Domäne des digitalen Mittelformats. Bei dieser Gelegenheit konnte ich auch gleich noch ein paar Vergleichsaufnahmen mit der Canon 5D Mark III machen.
Als ich die Pentax aus ihrem Karton befreite, kam eine längst vergessene Erinnerung wieder ans Tageslicht: Vor vielen Jahren hatte ich mich in ein äußerlich ziemlich hässliches Geschöpf verliebt. Allerdings eines mit inneren Werten. Das damals finanziell unerreichbare Objekt meiner Begierde war eine Pentax-Spiegelreflexkamera, die gefühlt dreimal größer war als ihre Artgenossen. Sie hatte einen abschraubbaren hölzernen Griff und brachte mit Normalobjektiv rund zweieinhalb Kilo auf die Waage. Wer diese Last auf sich nahm, erhielt Bilder von schier unglaublicher Qualität und eindrucksvollem Bokeh, denn statt handelsüblicher Kleinbildfilme belichtete diese „Dicke Berta“ der Spiegelreflex-Fotografie Rollfilme im Format sechs mal sieben Zentimeter. Sie produzierte also Bilder mit rund fünf mal so großer Fläche wie Kleinbild – was damals mit einem entsprechenden Mehr an Auflösung gleichzusetzen war. Außerdem galt sie als derart stabil, dass man mit ihr bei Bedarf auch Nägel in Wände schlagen konnte.
Mechanische Qualitäten
Die Pentax 645z, die ich nun in Händen hielt, ist zu diesen Zweck sicher nicht so geeignet wie ihre Vor-Vorgängerin mit dem schlichten Namen „6×7“. Dennoch unterscheidet sie ihre Robustheit von allen anderen derzeit erhältlichen Profi-Kameras. Ich habe mit eigenen Augen gesehen, wie ein Fotograf sie am Strand in Zingst im Sand eingrub, nach dem Ausbuddeln mit einem Eimer Wasser vom Sand befreite und anschließend weiterfotografierte. Wer’s nicht glaubt, sollte sich diesen kurzen Film auf Youtube ansehen, der an einem anderen Strand aufgenommen wurde:
Außerdem funktioniert sie laut Hersteller (das habe ich allerdings nicht überprüft) zwischen –10 und +40 °C. Die 645z hat nicht nur Ähnlichkeiten mit der 6×7, was die solide Verarbeitung angeht, sie ist auch ähnlich schwer. Mit Batterie und einer 55-Millimeter Optik (circa 43mm Kleinbild-Äquivalenz) kommt diese Wuchtbrumme auf knapp über zwei Kilo Einsatzgewicht, wobei das Objektiv mit rund 400 Gramm zu den leichteren gehört.
Der Sensor
Das Herzstück der 645z besteht aus einem 44 mal 33 Millimeter großen CMOS-Sensor, der rund 1,6 mal mehr Fläche bietet als ein Vollformat-Chip und mit 51,4 Megapixeln auflöst, ohne dass ein Tiefpassfilter die Schärfe trübt. Im Vergleich zur 6×7 ist das natürlich nur ein Drittel der Fläche, aber nach meiner Kenntnis gibt es derzeit keine größeren CMOS-Sensoren am Markt – zumindest für bezahlbare Kameras. Als Indiz dafür darf man werten, dass es sich um denselben Sensor handelt, der auch in den neuen CMOS-Rückteilen von Hasselblad und Phaseone verbaut ist. Allerdings bietet er nur in der Pentax eine ISO-Bandbreite von 64 bis 204.800.
Handling
Obwohl schwer, liegt die 645z mit ihrer tiefen Griffmulde gut in der Hand. Das gilt zumindest für meine relativ großen Hände. Der Autofokus funktioniert bei Tage reibungslos, allerdings stört denjenigen, der sonst mit normalen Vollformat-DSLRs arbeitet, das relativ kleine Autofokusfeld. Der dafür zuständige Chip stammt aus den kleinen Pentax-DSLRs, die mit einem APS-C-großen Bildsensor auskommen müssen, und wirkt entsprechend relativ verloren auf der großen Fläche des Mittelformats. Allerdings handelt es sich hierbei um das größte derzeit bei den digitalen Mittelformat-Kameras erhältliche Fokusfeld. Die Pendants von Leica, Phaseone und Hasselblad sind kleiner und bieten nur bis zu drei statt 27 Sensoren.
Bildqualität I
Auch wenn die faktische Pixelgröße bei der Pentax 645z mit 5,32 Mikrometern etwas kleiner ausfällt, als das derzeit aktuelle Optimum von 6 Mikrometern, ist die sichtbare Auflösung schlichtweg beeindruckend. Ich habe auf meiner Fotoexkursion eine Reihe von Bildern in dem Benediktinerinnen-Kloster Lüne gemacht, die Sie nachfolgend als Galerie betrachten können. Eines der Bilder steht für registrierte DOCMAtiker im DNG-Format zur Verfügung, in das die Kamera auf Wunsch direkt speichert. Nutzen Sie die Gelegenheit und experimentieren Sie ein wenig damit, denn die Vorzüge der hohen Auflösung dieser Kamera sind vor allem für Bildbearbeiter nützlich, die das Optimum aus den verfügbaren Daten herauskitzeln wollen.
Was ich an dieser Stelle betonen möchte, ist die fast schon zwingende Notwendigkeit, mit sehr kurzen Belichtungszeiten zu arbeiten, wenn man die Kamera nicht auf ein Stativ montiert. Das betrifft nicht nur die Pentax 645z, sondern im Grunde alle Kameras, die über 20 Megapixel auflösen. Galt früher die Formel 1/Brennweite reicht aus, um aus der Hand zu arbeiten, empfiehlt es sich, mit hochauflösenden Kameras den Wert um drei Blenden zu erhöhen. Im Fall von unserer 55-Millimeter-Optik heißt das also mit einer 1/500stel Sekunde zu belichten, wenn wirklich alle Details mit aufs Bild sollen. Ich weiß, viele Fotografen belächeln diesen Ansatz und sind der Meinung, weniger kurze Belichtungszeiten täten es auch. Ich kann aber zur Untermauerung dieser These anführen, dass inzwischen sogar Canon (bei der 5Ds) dieses Vorgehen empfiehlt, solange man keine bildstabilisierten Objektive einsetzt. Für die Pentax gibt es bisher mit dem DFA645 MACRO 90mm F2.8 AW SR und dem DA645 28-45 mm F4.5 ED AW SR zwei bildstabilisierte Objektive. Auch das ist ein Pentax-Alleinstellungsmerkmal in der kleinen Welt des Mittelformats.
Bildqualität II
Eine hohe Auflösung ist prima, aber sie ist nur dann die Zusatzausgabe wert, wenn man Bilder damit machen kann, die die Ergebnisse anderer Kameras übertrumpfen. Aus diesem Grund habe ich die 645z bei einigen Motiven mit meiner Canon 5D Mark III verglichen, an die ein 50-Millimeter Sigma Art-Objektiv montiert ist. Auch hier stehen registrierten DOCMAtikern wieder die Originaldaten zum Download zur Verfügung, damit sie sich selbst ein Bild machen können. Wer lieber Testcharts vergleicht, findet dazu übrigens bei dpreview reichlich Gelegenheit, zumal dort auch die Ergebnisse einer Vielzahl verschiedener Kamera-Modelle im Vergleich betrachtet werden können.
Vollbilder (unbearbeitet)
Auch wenn sich die Bildanmutung in der Gesamtansicht (außer vom Format her) kaum unterscheidet, sieht man in der Detailansicht schon deutlich, dass die Pentax mehr feine Strukturen aufzeichnet als die Canon. Sicherlich lässt sich der Unterschied mit etwas gekonnter Nachschärfung am Canon-Bild ausgleichen, doch darf man dabei nicht vergessen: Im Pentax-Bild stecken natürlich auch noch erhebliche Ressourcen für die Nachbearbeitung.
Im Studio
Es war Zeit, die Pentax mit ins Studio zu nehmen. Durch Zufall rief gerade unser redaktionelles Dauermodell Ranjana an und fragte, ob ich ein paar Bilder von ihr für ihren neuen Job machen könne. Ich konnte. Das Lichtsetting war einfach: Eine Lampe auf die weiße Wand hinter mir gerichtet für ein neutrales schattenloses Raumlicht. Dann den zweiten Blitzkopf mit Beauty-Dish und Wabe genutzt, um mehr Zeichnung ins Gesicht zu bringen. Die Kamera kam aufs Stativ, denn hier wird der erste ernsthafte Nachteil der Pentax offenkundig: Sie verfügt nur über eine X-Synchronzeit von 1/125 Sekunde. Dieser Mißstand ließe sich nur mit einem Objektiv mit Zentralverschluss kompensieren, der beim Blitzen erheblich schneller schließen kann – also zumindest wie Hasselblad mit einer 1/800stel Sekunde. Für Pentax gibt es derzeit kein „modernes“ Objektiv, das dies beherrschen würde. Die einzige Option wären die zwei alten, nur manuell fokussierenden 645er-Objektive mit 75, beziehungsweise 135 Millimeter Brennweite (smc PENTAX 645 LS 135mm F4.0 und smc PENTAX 645 LS 75mm F2.8), deren Zentralverschluss 1/500 Sekunde schafft. Tröstlich ist einzig das schwenkbare Display der Kamera, mit dem man bei der Arbeit vom Stativ aus auch bei einem niedrigen Aufnahmestandpunkt das Bild kontrollieren kann, ohne sich zu verrenken.
Im Vergleich mit der Canon ist unter diesen relativ idealen Lichtbedingungen der sichtbare Abstand der Detailfreudigkeit zwar noch klar vorhanden, aber nicht mehr ganz so deutlich.
Fazit
Nach diesen Kurztests bin ich sicher, die Pentax 645z hat das Potenzial, die große Liebe vieler Foto-Profis zu werden. Sie bietet zwar fast ebenso wenig formale Schönheit wie die 6×7 und ist dabei nicht wirklich handlich. Allerdings verfügt sie dafür über eine Reihe innerer Werte, gegenüber denen die meisten Kameras am Markt abfallen. Das relativiert selbst den wenig attraktiven Preis von rund 8.000 Euro – wobei man hinzufügen muss, dass dieser im Vergleich zur Mittelformat-Konkurrenz den unteren Rand der Skala markiert. Doch so universell einsetzbar sie jetzt schon im normalen Alltag ist, so merklich schwächelt sie im Studio-Einsatz. Eine Synchronzeit von mindestens 1/200 Sekunde oder besser noch Autofokus-Objektive mit modernen Zentralverschlüssen und Bildstabilisierung sollten ganz oben auf der To-do-Liste der Pentax-Entwickler stehen – idealerweise noch ein Autofokus, wie man es aus der Vollformat-Welt kennt und ein flächenmäßig noch größerer Sensor. Damit ausgestattet wird sie unangefochten zur ersten Wahl für alle, die sich den Wunsch nach einer digitalen Mittelformat-Kamera erfüllen möchten.
Was soll diese Lobhudelei? Bei allem Respekt gegenüber PENTAX, die sich sicher zu den „digitalen Mittelformatpionieren“ zählen dürfen, aber von einer „645“ ist diese Kamera sehr WEIT entfernt. Immerhin verfügt sie nur über einen Chip von 44×33 mm und NICHT über 60×45 mm!! Was soll also diese irreführende Bezeichnung? Zur Ehrenrettung muß man sagen, das es bei Hasselblad nicht besser ist.
Ich habe mit analogen Formaten von 6×7 cm und 6×4,5 Mamiya gearbeitet und auch die neue Pentax hatte ich schon in der Hand. Es wird dringend Zeit für das digitale Mittelformat, ich liebe es, aber bitte nicht als Mogelpackung!
Darüber hinaus halte ich es für sehr unprofessionell, einen Body auf den Markt zu werfen, der kaum zeitgemäße Objektive und erst recht keine zeitgemäßen Verschlußzeiten bieten kann.
Fotografiere ich Fashion in der Sonne mit Pentax und Priolite, dann ist das wie Mittelalter und Neuzeit. 125tel Synchronzeit vs. 8.000tel.