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Olympus: (Wie) geht’s weiter?

Vor wenigen Tagen verunsicherte eine Pressemeldung alle Fans des Micro-FourThirds-Systems: Olympus will seine Imaging-Sparte verkaufen. Was steckt dahinter und was bedeutet es für die Olympus-Kunden?

Wenn ein Ereignis lange Zeit erwartet wird und es schließlich so scheint, als sei es tatsächlich eingetreten, dann ist es verführerisch, es genau so zu beschreiben, wie man es sich die ganze Zeit vorgestellt hatte. Auch wenn es am Ende ganz anders sein sollte.

In diesem Fall ging das Narrativ so: Der Kameramarkt schrumpft, der zu verteilende Kuchen wird immer kleiner und es wird niemand mehr davon satt. Über kurz oder lang müssen einige der Marktteilnehmer die Runde verlassen, um das Überleben der übrigen zu sichern. Olympus war aus verschiedenen Gründen einer der Player, die man zu den Wackelkandidaten zählte. Pentax/Ricoh wurde ebenfalls genannt, und selbst Nikon trauten viele nicht zu, den Wechsel vom Spiegelreflexsystem zur spiegellosen Zukunft zu schaffen. Nun wäre es also Olympus, die sich aus diesem Markt verabschieden, und das Olympus-System wäre folglich tot …

Olympus: (Wie) geht’s weiter?
„Neue Perspektiven für den Sommer“ – für Olympus scheint das Fotogeschäft weiter seinen gewohnten Gang zu gehen. (Bild: Olympus)

Was aber ist tatsächlich passiert? Geht man nach den vorliegenden Informationen, also Olympus’ Pressemeldung vom 24. Juni 2020, dann haben Olympus und  Japan Industrial Partners, Inc. (JIP) ein „memorandum of understanding“, also eine Absichtserklärung abgeschlossen. Diese sieht vor, dass bis zum 30. September dieses Jahres ein Vertrag ausgearbeitet werden soll – vorbehaltlich der Möglichkeit, dass es sich eine der beiden Parteien bis dahin anders überlegt. Wenn man sich über alle Details geeinigt hat, soll die Ausgliederung der Imaging-Sparte von Olympus und die Etablierung eines neuen Unternehmens mit dem Arbeitstitel „NewCo“ durch JIP zum 31. Dezember vollzogen werden. Bis dahin will Olympus diese Sparte umstrukturieren, um sie profitabler zu machen, was wohl leider auf den Abbau von Arbeitsplätzen hinauslaufen wird, auch wenn Olympus das nicht ausdrücklich sagt.

Der Name „JIP“ wird vielen nichts sagen, aber dieses Unternehmen hat vor Jahren schon eine ganz ähnliche Transaktion vollzogen, nämlich die Übernahme von Sonys Computersparte, die als Vaio Corporation fortbesteht. Vaio-Notebooks werden bis heute produziert; was also wird mit dem Olympus-System passieren?

So, wie es Olympus in seiner Pressemeldung darstellt, soll das Kamerasystem weiterleben. Bis zum Stichtag des 31. Dezember 2020 will Olympus sein System weiterentwickeln und auch neue, noch unspezifizierte Produkte einführen. Nachdem die Ausgliederung vollzogen ist, soll die Entwicklung und Fertigung ebenso wie der Service für die vorhandenen Produkte durch das neu gegründete Unternehmen fortgesetzt werden. Die Nachrichten über den Tod des Olympus-Systems wären demnach verfrüht. Die größte Gefahr bestünde tatsächlich darin, dass die Absichtserklärung nicht verwirklicht würde: Sollte JIP kalte Füße bekommen, könnte Olympus beschließen, die defizitäre Kamerasparte ohne Nachfolgelösung einzustellen, um sich auf seine erfolgreichen Produkte, insbesondere im Bereich der Medizintechnik, zu konzentrieren.

Olympus: (Wie) geht’s weiter?
Die OM-D E-M1X hat nur noch wenig mit der Vorstellung eines kleinen und leichten Kamerasystems zu tun. (Bild: Olympus)

Das ändert nichts daran, dass die Lage des Olympus-Systems prekär ist, aber das ist ja nicht neu. Olympus’ Produktpolitik warf schon länger Fragen auf. Beispielsweise sind bis heute manche Modelle mit dem acht Jahre alten 16-Megapixel-Sensor ausgestattet; den neueren, von Sony produzierten 20-Megapixel-Sensor gibt es nun auch schon vier Jahre, aber er blieb lange den Spitzenmodellen vorbehalten. Selbst die vor wenigen Monaten eingeführte Pen E-PL10 kommt noch mit dem alten Sensor daher. 20 oder 16 Megapixel machen zwar keinen so großen Unterschied, aber als Kunde fühlt man sich nicht ernstgenommen, wenn man mit einer veralteten Technologie abgespeist wird.

Das aktuelle Spitzenmodell OM-D E-M1X ist ein Thema für sich. Von seinen Leistungsdaten her kann es beeindrucken, aber diese Kamera hat kaum noch etwas mit dem zu tun, wofür man die Modelle dieser Baureihe geschätzt hat. Ihre Abmessungen, das Gewicht und auch der geforderte Preis von rund 3000 Euro entsprechen denen einer Kleinbild-DSLR mit vierfach größerem Sensor und fordern naturgemäß zu Leistungsvergleichen mit solchen Modellen heraus.

Ob ein neues Unternehmen, das die Markennamen OM-D, PEN und Zuiko übernimmt oder lizensiert, aber nicht unter „Olympus“ firmiert, hier irgendetwas besser machen wird, ist natürlich die Frage. Bestimmt gibt es Olympus-Mitarbeiter, die gute Ideen hatten, aber bisher nicht zum Zuge kamen, aber es ist nicht klar, wen Olympus überhaupt ziehen lässt – schließlich gibt es von der Technologie her durchaus Überschneidungen zwischen der Kameratechnik und der der Endoskope und damit der Medizintechnik. Es dürfte auch schwierig werden, einen neuen Namen für das System zu etablieren, nachdem „Olympus“ bald nur noch für andere Geschäftsbereiche steht. Vielleicht wäre ja „Maitani“ verfügbar – Yoshihisa Maitani (1933–2009) war der Entwickler der Olympus PEN und später der OM-Baureihe („OM“ stand für „Olympus Maitani“) und genießt bis heute einen legendären Ruf.

Wie sich der Kameramarkt weiter entwickeln wird, bleibt offen. Olympus- Kunden müssen nicht zwangsläufig einen Systemwechsel ins Auge fassen, auch wenn die Lage des Olympus-Systems, unter welchem Namen auch immer, künftig nicht einfacher sein wird. In jedem Fall wird es Veränderungen geben. Was wird aus den Olympus-Mitarbeitern, die wir kennen und schätzen? Und was wird aus den Aktivitäten von Olympus für die Fotografie als solche? Hier in Hamburg fördert Olympus bislang das Haus der Photographie in den Deichtorhallen, und das ist nur ein Beispiel. 2021 wird die Welt der Fotografie eine andere sein.

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Michael J. Hußmann

Michael J. Hußmann gilt als führender Experte für die Technik von Kameras und Objektiven im deutschsprachigen Raum. Er hat Informatik und Linguistik studiert und für einige Jahre als Wissenschaftler im Bereich der Künstlichen Intelligenz gearbeitet.

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Kommentar

  1. Neben Mittelformat und 35 mm nutze ich immer noch Olympus im 4/3-System. War immer angetan von seiner Technik und auch andere Kameras stattete ich mit Hochformat-Griffen und Hadnschlaufe aus.
    Wie erstaunt war ich, dass die M1X keine Möglichkeit mehr hat, die Olympus- Schlaufe anzubringen. Musste mich mit einer sperrigen Schiene behelfen, die im Stativ-Gewinde festgeschraubt wurde.
    Hilfreich bei dem Modell ist das integrierte GPS-Modul. Auch wenn es präzise arbeitet, wird die Höhenangabe wohl über den Luftdruck angezeigt, was ungenau ist. Obwohl GPS auf wenige Meter genau wäre, schreibt die Kamera in die Bilddaten Höhenangaben, die um mehrere hundert Meter von der Wirklichkeit abweichen.
    Beides finde ich für eine teure Profi-Kamera enttäuschend.

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