Mit dem Testen der neuen Nik-Collection habe ich mir dieses Mal viel Zeit gelassen. Version 7 der DxO-Software ist keine Revolution, sondern Evolution, wie sie im Buche steht: Manches wird schneller, neue Details vereinfachen das Überleben … anderes wird überflüssig, überlebt noch gerade so, stirbt aus oder findet seine eigene Nische. Ein detaillierter Überblick.
Überblick Nik Collection 7
Die Nik Collection lässt sich allein oder als Plug-in für Lightroom Classic, Photoshop, DxO Photolab oder Affinity Photo nutzen. Enthalten sind folgende Plug-ins, die mehr oder weniger nützlich sind (Meine derzeitige Einschätzung ist der Einfachheit halber jeweils in kursiver Schrift und in Klammern angefügt.):
- Analog Efex empfindet alte Kamera-, Objektiv- und Filmlooks nach.
(Nützlich für Bilder mit speziellem Look. Es gibt viel zu entdecken von Wet Plates über Light Leaks bis zu Doppelbelichtungen.)
- In Color Efex finden Sie unzählige Farb-, Kontrast- und Mikrokontrast-Filter, mit denen sich beliebte Looks einfach und intuitiv erzeugen lassen.
(DAS Arbeitspferd, die zentrale Drehscheibe und wahrscheinlich der häufigste Kaufgrund für die Nik Collection.)
- DFine dient der Rauschreduzierung.
(Etwas aus der Zeit gefallen, kann bei Weitem nicht mit den Ergebnissen KI-basierter Rauschentfernung mithalten, wie sie DxO, Topaz und Adobe bieten. Ist für das Glätten von Hintergründen besser als die traditionellen Bordmittel von Photoshop und Affinity Photo). - HDR Efex erzeugt aus Belichtungsreihen HDR-Bilder und kann verschiedene einst extrem beliebte Tonemapping-Effekte nachbilden.
(Wer’s mag. Hat mich nie wirklich überzeugt; weder beim Stitching noch beim Tonemapping.)
- Sharpener ist auf zwei Befehle aufgeteilt und dient zum einen der Vorschärfung und zum anderen der kreativen sowie der Ausgabeschärfung für Bildschirm oder Druck.
(Mit einem konsequent darauf ausgerichteten Arbeitsablauf sehr nützlich. Falls Sie DOCMA 57 (Übersicht) besitzen, können Sie sich die unterschiedlichen Druckergebnisse im Heft anschauen. Es gibt jedoch keine „magische“, KI-basierte Bewegungsunschärfe-Reduktion und Detail-Rekonstruktion wie bei Topaz Photo AI. Denn KI kommt auch hier nicht zum Einsatz.)
- Silver Efex dient der Schwarzweiß-Konvertierung.
(Das Schwarzweiß-Pendant zu Color Efex. Prinzipbedingt weniger Filter, da vollkommen auf die Graustufenumsetzung fokussiert.)
- Viveza ist/war die Zentrale der Nik Collection für die globale und selektive Abstimmung von Helligkeit, Kontrast und Farbe.
(Jetzt gibt es alle Möglichkeiten von Viveza auch in Color Efex. Viveza ist dadurch de facto überflüssig geworden. Mal schauen, wie lange es dieses Plug-in noch gibt.)
Entferntes Plug-in
Das noch in der Nik Collection 6 vorhandene Perspective Efex wurde in Version 7 entfernt. DxO liefert auf die Frage „Warum?“ In den Produktinformationen keine Begründung: Warum ist Nik Perspective nicht mehr in Nik Collection enthalten und welche Alternativen gibt es?. Offensichtlich gibt es aber zu viel funktionale Überlappung mit DxO Viewpoint.
(Photoshop-Nutzer werden dieses Plug-in kaum vermissen, da Lightroom/Camera Raw/Photoshop alle enthaltenen Funktionen genauso oder nur wenig umständlicher abdecken. Für Affinity Photo-Anwender kann das schon anders aussehen. Da lohnt es sich vielleicht nur wegen dieses Plug-ins, auch die Vorversion Nik Collection 6 installiert zu lassen. Ansonsten werden 99 Euro für eine DxO-Viewpoint-Lizenz fällig. Für die Konsistenz natürlich.?)
Die Neuerungen
Einen Überblick des Herstellers DxO zu allen neuen Funktionen finden Sie hier. Im Folgenden übersetze ich den ganzen „Werbesprech“ in Klartext und ergänze in Klammern meine persönliche Meinung.
Drei neue Kontrollpunkt-Möglichkeiten
- U-Points ellipsenförmig verformbar
(Super! Das spart viele frühere Verrenkungen mit negativen U-Points). - Polygon-U-Points für größere Bereiche
(Nützlich! Ganze Bereiche eines Bildes lassen sich damit auswählen, ohne Dutzende Kopien einzelner U-Points zu erzeugen und zu viel ausgewählte Bereiche mit negativen U-Points auszuschließen. Dabei fungiert der wie mit einem Polygon-Lasso festgelegte Bereich genauso wie bei herkömmlichen U-Points: Die tatsächliche Auswahl wird per Farb- und Luminanz-Toleranz bestimmt.
- U-Point-Luminanzbereichsauswahlermöglicht das Auswählen und Ändern von Helligkeitsbereichen im gesamten Bild.
(Die damit gesetzten U-Points wählen alle gleichartigen Tonwerte im gesamten Bild aus – also global. Das ist hilfreich, um etwa in Color Efex bestimmte Effekte nur bestimmten Helligkeitsbereichen zuzuweisen, ohne auf anderem Wege eine U-Point-, Verlaufs- oder Polygonauswahl treffen zu müssen. Das kann in bestimmten Workflows nützlich sein, ich selbst benötige dieses Tool selten, da ich die Nik Collection eher für die lokale Optimierung von Bildern schätze und nutze.
Workflow-Verbesserungen
- Plug-ins öffnen sich laut DxO 30 % schneller
(Das ist Aspekt des Updates, den man tatsächlich bemerkt. Ob das nun 30 % mehr Schnelligkeit sind, habe ich nicht nachgemessen, spüre das schnellere Öffnen aber auf meinem Mac Studio und noch mehr auf meinem leistungsmäßig schwächeren MacBook Air.) - Plug-in-Wechsler: Sie können nun aus der Oberfläche jedes Nik-Plug-ins direkt zu einem anderen springen und weitere Änderungen hinzufügen.
(In einem Nik-zentrierten Workflow ein potenzieller Geschwindigkeitsvorteil! Sie müssen nicht jedesmal einen Filter bestätigen und dann aus einem verschachtelten Menü den nächsten wählen. Das Anwenden in Photoshop erzeugt bei jedem Wechsel zu einem anderen Nik-Plug-in eine neue Ebene oder bei einem Smartobjekt jeweils einen neuen Smartfilter. Achtung: Wechselt man zu einem zuvor bereits angewandten Plug-in, wird dieses nicht erneut aufgerufen, sondern ein weiterer Smartfilter angelegt.
- Schnell-Export: Oben rechts findet sich in jedem Plug-in die neue Möglichkeit, das aktuelle Ergebnis als JPEG oder TIFF zu exportieren, ohne das Plug-in verlassen und zum Host-Programm zurückkehren zu müssen.
(Eine solche Funktion hätte ich mir manchmal für Tutorials gewünscht, bei denen ich das aktuelle Zwischenergebnis auch in voller Auflösung bräuchte. Für kommerzielle Produktionen würde ich die Funktion nie nutzen, da sie destruktiv und nicht reproduzierbar ist. Aber zum eigenen kreativen Spielen und Kombinieren von Varianten – warum nicht? - Bibliotheksverwaltung: Man kann eigene Filter-Kategorien anlegen und nach diesen filtern. Das bietet etwas mehr Flexibilität als die bisherigen, vorgefertigten Kategorien und die Favoritenfunktion.
- Textsuche nach Filtern oder Presets. Gerade in den Dutzenden Filtern von Color Efex findet man dank der neuen Suchfunktion das Gesuchte deutlich schneller.
Nur in Color Efex
- HSL für die selektive Farboptimierung gibt es jetzt als lokal verwendbaren Filter, es gibt eine Pipette zum Aufnehmen des Farbbereichs und für die globale Anwendung einen »Vibrancy«-Parameter, dessen Effekt Photoshops der des »Dynamik«-Reglers in Photoshop/Lightroom entspricht.
- Filterstacking: Die Reihenfolge der Filteranwendung lässt sich durch Drag-and-drop jederzeit ändern. ClearView, Korn und HSL sind nun ebenfalls lokal anwendbare Filter.
- Viveza-Filter: Alle in Viveza verfügbaren Anpassungen gibt es jetzt auch in Color Efex. Hier lassen sie sich nicht nur lokal, sondern bei Bedarf auch mehrfach anwenden. Nach diesen können Sie im Suchfeld über die Eingabe „Viveza“ suchen (siehe oben). Dadurch wird das Viveza-Plug-in de facto überflüssig.
Mein Fazit und für wen sich das Update lohnt
Die neue Version 7 der Nik Collection ist eine konsequente Weiterentwicklung der Plug-in-Suite. Alle Plug-ins haben jetzt dieselbe Oberfläche (seit Version 6.3 übrigens), funktionieren schneller, bieten mehr Möglichkeiten und Komfort als die Vorversion. Insbesondere Color Efex gewinnt durch das Update deutlich an Mehrwert, während Viveza überflüssig wird und Perspective Efex der Vorversion bereits entfernt wurde. Ein Upgrade kostet mit 89 Euro inzwischen einen Zehner mehr als die früheren. Wer einige Versionen übersprungen hat, macht sicher nichts falsch, sich jetzt mal die neue zu gönnen. Aber … 😉
Hauptgrund: Color Efex
Wenn Sie vor allem intensiv Color Efex oder Silver Efex nutzen, sind das Filter-Suchfeld, eigene Filter-Kategorien, die integrierten Viveza-Filter, das bessere HSL-Tool und die neuen U-Points schon sehr praktisch im täglichen Workflow. Ob Ihnen die gebotenen Neuerungen den aufgerufenen Preis wert sind, finden Sie am besten mit der Testversion heraus.
Host-Software
Ob Sie das Update benötigen, hängt sowohl von Ihren Gewohnheiten als auch von der von Ihnen benutzten Software ab. Anwender von Affinity Photo könnten das entfernte Perspective-Efex-Plug-in schmerzlich vermissen, während Photoshop-Nutzer dasselbe bereits in Lightroom oder Camera Raw durchführen können. Im Zweifel können Sie dafür die Nik Collection 6 installiert lassen.
Der Plug-in-Wechsler beschleunigt den Arbeitsablauf und dürfte vorwiegend für die Nutzung aus Affinity Photo und Lightroom Classic heraus praktisch sein. In Photoshop sehe ich da wegen Nik-Selective-Panel und Smartfiltern keinen extrem großen Vorteil. Am häufigsten hätte man wahrscheinlich nur von Viveza zu Color Efex gewechselt, was nun jedoch gänzlich überflüssig geworden ist.
Für manche selektiven Optimierungen ist das U-Point-Konzept genial. Die neuen drei Arten von U-Points bauen darauf auf. Für Nutzer von Affinity Photo dürfte das Konzept immer noch ein Augenöffner sein. Bei Adobe sieht das schon anders aus.
Eine Frage des Workflows
In meinem Alltag mit Adobe-Software stelle ich fest, dass ich beispielsweise in Camera Raw die meisten benötigten Auswahlbereiche (Masken) deutlich schneller und präziser als mit den vergleichsweise fummeligen U-Points erzielen kann. Das liegt zum einen an der freien Kombinierbarkeit der Maskierungstools (Pinsel, Verläufe, Farb- und Luminanzmasken) und zum anderen insbesondere an der Unterstützung durch KI. Für Grundanpassungen (Viveza) und HSL-Optimierungen besteht kein Grund aus Camera Raw oder Lightroom Classic zu Nik Filtern zu wechseln.
Der Vorteil der Nik Filter beschränkt sich dadurch auf Effekte, die sich anders nur umständlicher erzielen lassen (beispielsweise Farb- und Soften-Effekte, Tonal Contrast, Detail-Enhancer, Analog Efex, körnige Schwarzweiß-Looks). Toll ist dabei in der Nik-Collection die Kombinierbarkeit von Filtern und deren Abspeicherung als Preset. Überflüssig geworden ist die Nik Collection also lange nicht. Die U-Points sind aus meiner Sicht aber nicht mehr der Game-Changer und das große Zugpferd wie einst.
Eine Frage der Prioritäten und des Geldes
Ohne KI-Unterstützung für Auswahlen, Rauschreduzierung und Schärfung in der Nik-Collection 7 würde ich mir genau überlegen, ob ich die aufgerufenen 89 Euro für das Update nicht lieber in eine andere Software stecke. Denn ich könnte/wollte etwa auf DxOs KI-basierte Rauschreduzierung und Objektivkorrektur-Software PureRaw 4 (mein Bericht) inzwischen nicht mehr verzichten, auf das Update zur Nik Collection 7 dagegen schon eher. Aber das Suchfeld in Color- und Silver-Efex würde mir schon fehlen. Zugegeben. 😉
Exzellente Beurteilung der neuesten Version der Nik Collection. Insbesondere deren Einordnung in den Workflow ist ein entscheidendes Kriterium.
? Vielen Dank.
Ich ticke da etwas anders was das „lohnen“ eines Upgrades bedeutet.
Wenn ich Software viel nutze und mir diese auch viel hilft, unterstütze ich den Hersteller gerne mit einem Upgrade. Ohne DXO würde es NIK Plugins wohl nicht mehr geben. Ich erinnere mich noch gut an die „Freude“ vieler über die kostenlose Google Version…
Ja, das halte ich tatsächlich auch oft so. 😉