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Microsoft Creative Jam und der Win-Mac-Systemvergleich

Der Microsoft Creative Jam wurde ins Leben gerufen, um Kreativen die Arbeit mit dem Surface Produkten näherzubringen. Surface Produkte? Das ist die Hardware-Linie des Software-Giganten Microsoft, der damit zu den Arbeitsplätzen der Kreativen und Kreatoren vordringen will. Denn von denen nutzen fast 50 Prozent Computer aus dem Hause Apple. Hat das heute noch einen guten Grund?

Microsoft Surface Computer

Microsofts Surface-Computer bieten in technischer Hinsicht eine Menge mehr als die Apfelkisten aus Cupertino. Zum Beispiel Touch-Displays an Workstations und Notebooks. Die Geräte lassen sich, ähnlich wie Wacom-Cintiques, mit einem druckempfindlichen Stift direkt am Monitor bedienen. Ein weiterer Vorzug ist die Hardware der High-End-Modelle. Bei näherer Betrachtung bringt sie die Augen jedes kreativen Technik-Nerds zum Leuchten . Falls Sie übrigens selbst mit einem Surface Studio 2, also dem neusten Desktop-Gerät der Serie, liebäugeln, können Sie eins im Wert von rund 5.000 Euro beim aktuellen DOCMA-Award 2019 gewinnen.


Bildergalerie: Microsoft Creative Jam 2019 in Berlin


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Win-Mac-Systemvergleich

Stellt sich die Frage: Wie hat sich die Microsoft-Technik bei der Challenge geschlagen? Die Hardware ist toll und eigentlich dürfte man den Unterschied zwischen den Betriebssystemen heute kaum mehr spüren. Für viele der Teilnehmer aus den Kreativ-Teams schien der Umgang mit Windows allerdings sichtlich ungewohnt.

Aus diesem Grund bekamen sie auch vor dem Start etwas Zeit, um die Workspaces anzupassen und sich mit Hilfsmitteln wie dem Surface Dial anzufreunden. Ganz schnell merkte man als langjähriger Mac-User: Obwohl die Adobe-Applikationen unter Windows und dem macOS heute identisch aussehen, ist ein Wechsel des darunter liegenden Systems in der Praxis eine nicht zu unterschätzende Herausforderung.

Computerfrust

Apropos Herausforderung: Ich hatte das schon vor einem Jahr bei mir selbst beobachtet. Aus Verärgerung über Apples Produkte-Strategie legte ich mir damals ein Surface Book zu. Das zuvor neu vorgestellte Macbook Pro war erheblich teurer als sein Vorgänger. Allerdings, ohne signifikant schneller geworden zu sein. Zudem sollten mir bei steigenden Produktpreisen Schnittstellen gestrichen werden. Ebenso waren wichtige Komponenten – wie die Tastatur – durch neue, leider schlechtere ersetzt worden. Jetzt musste ich zusätzlich Adapter kaufen, um meine alten Geräte anschließen zu können. Kurz: Da hat sich Apple mal wieder eine Frechheit erlaubt.

Selbsterfahrung

Alles in allem schien mir das so kundenfeindlich zu sein, dass ich nach über 15 Jahren das System wechseln wollte. Doch liegt mein Surface Book inzwischen ungenutzt im Büro, während ich noch immer noch mit dem alten Macbook Pro arbeite. Beim Versuch umzusteigen, zeigten sich in meiner Arbeitspraxis zwei Erkenntnisse:

Erstens war das Surface Book kaum schneller als mein drei Jahre älteres Macbook Pro. Und das, obwohl glaubwürdige Tester mir die doppelte Geschwindigkeit in Aussicht gestellt hatten. Vielleicht lag es ja an meinem Workflows beim kombinierten Einsatz von Photoshop, InDesign, Acrobat und allerlei Web- und Kommunikations-Anwendungen.

Zweitens konnten mich weder der abnehmbare Touch-Monitor, quasi ein eingebautes Tablet, noch die optionale Stiftbedienung, also ein eingespartes Cintiqe, auch nur ansatzweise überzeugen. Ich schob die Probleme nach ein paar Tagen der Gewöhnungsversuche auf meine individuellen Eigenheiten und gab auf.

Alte Zöpfe?

Aber natürlich waren das keine neuen Erfahrungen. Das kannte ich noch von meinen alten Windows-Rechnern. Bis Anfang der Nuller Jahre steckte ich sehr viel Zeit in die Systemwartung. Oft viel mehr, als für die eigentliche Arbeit übrig blieb. Damals wollte ich die Maschinen nach meinen Vorstellungen einsetzen, also möglichst alle technischen Vorzüge ausnutzen. Solche Ansprüche sind etwas vermessener als sie im ersten Moment klingen. Sie bedeuten im Alltag ständiges Nachbessern von Hard- und Software und vor allem ständige Beschäftigung mit diesen Themen – nur um am Ball zu bleiben.

Irgendwann entschied ich mich, meine Das-kriege-ich-auch-noch-zum-Laufen-Phantasien in die Wüste zu schicken. Dafür war eine harte Entscheidung nötig. Die hieß: komplett zum damals neuen, UNIX-basierten MacOS X zu wechseln. Alle PCs wurden verschenkt oder gespendet und schlagartig hatte die Computerbastelei ein Ende. Und ich fand endlich Zeit für meine eigentliche Arbeit.

Mein neuerlicher Umstiegsversuch ließ es offen zu Tage treten: Im Kern hat sich bis heute nicht viel verändert. Tage brachte ich damit zu, unter Windows Abläufe einzurichten, die vorher am Mac einfach so funktionierten. Ich musste Google nach Workarounds durchforsten, weil die Standard-Verfahren zur Anbindung von Netzwerkgerätens nicht funktionierten und es schein nötig, reihenweise Geräte-Treiber aus dem Netz zu laden. Mit alldem musste ich mich jahrelang nicht mehr beschäftigen. Und ich habe es auch nicht vermisst.

Ein Beispiel

Das klingt jetzt vielleicht alles etwas wage und wenig spezifisch. Die meisten der Probleme sind auch eher individuell, denn Sie als Mac-User werden ganz andere Hürden überwinden müssen als ich, wenn Sie auf Windows umsteigen. Ich habe allerdings den Eindruck, das Mac-Windows-Problem liegt nicht im Detail, sondern im grundsätzlichen Verständnis des Anwenders. Dazu ein typisches Photoshopper-Beispiel:

Die Werbung von Microsoft verspricht mir: Dank des abnehmbaren Display könnte ich meine Bilder in Photoshop auch prima direkt mit dem Stift bearbeiten. Das ist ein tolles Feature. Ich liebe es, grobe Arbeiten mit der Maus und Tastatur-Shortcuts zu erledigen. Detailarbeiten möchte ich zwischendurch direkt malerisch mit dem Stift auf dem Bild ausführen. Das Surface Book liefert mir im Prinzip die Technik dazu.

Aber es funktioniert nicht so richtig. Ich kann das Display nur abnehmen, wenn ich Photoshop vorher beende. Okay, denke ich, ist ja auch nachvollziehbar. So ein Tablet ohne Verbindung zum Hauptrechner kann nicht auf alle Ressourcen zugreifen, hat also weniger Power. Öffne ich anschließend meine ein oder zwei Gigabyte große Datei erneut auf dem Tablet, muss ich – gefühlt – minutenlang warten, bis sie geladen ist. Danach kann ich auch nicht mehr richtig flüssig mit dem Stift weiterarbeiten. Im Tablet-Modus steht für solche Arbeiten schlicht zu wenig Rechenleistung und Speicher zur Verfügung. Das ergibt eine »Irgendwie-schon-aber-dann-doch-nicht-Situation«, die mir den Wechsel zu Surface schwer macht.

Umgekehrt betrachtet, gibt es bei Apples Produkten dieses Feature gar nicht erst. Darüber habe ich mich lange geärgert. Aber nachdem ich erlebt habe, wie es unter Windows funktioniert, ahne ich warum: Apples Entwickler liefern Funktionen vermutlich erst, wenn man sie ohne Einschränkungen benutzen kann. Also nicht schon im Beta-Stadium. Das ist vielleicht der Unterschied in der Produktphilosophie. Deshalb stehen so viele kreative Menschen auf die Produkte der Apple-Welt. Sie wollen mit den Geräten arbeiten. Arbeiten, ohne auf Schritt und Tritt mit nur größtenteils gelösten Problemen konfrontiert zu sein. Sie bleiben ihrer marke selbst dann noch treu, wenn dadurch viele Funktionalitäten erst Jahre später oder auch nie verfügbar sind.

Konvertieren?

Ich werde also vorerst nicht zum Konvertiten, um mal diesen altertümlichen Begriff zu benutzen. Der bezieht sich ursprünglich auf den Wechsel der Religion oder der Glaubens. Weit hergeholt ist der Vergleich gar nicht. Man denke nur an die oft mit fanatischem Eifer geführten Diskussionen über das richtige Betriebssystem. Wer Spaß an dergleichen hat, dem sei der Aufsatz »MS-DOS ist calvinistisch« von Umberto Eco empfohlen.

Ein persönliches Technik-Fazit aus dem Microsoft Creative Jam

Auch wenn die Produkte von Apple zunehmend weniger meinen Vorstellungen genügen, das Betriebssystem ist immer noch das bessere. Nicht unbedingt aus technischer Sicht, aber in jedem Fall aus der Sicht eines Anwenders, der damit nur arbeiten will.

Nichtsdestoweniger kann ich jeden verstehen, der sich im goldenen Apple-Käfig unwohl fühlt. Der das breitere Angebot an Anwendungen aus der Windows-Welt nicht missen möchte oder sein System lieber selber optimiert. Aber das muss man wollen. Solange man sich damit befassen muss, auch ohne es zu wollen, wird es schwierig die 50 Prozent macOS-Anhänger unter den Kreativen vom Systemwechsel zu überzeugen.

Schade eigentlich, denn die Surface Studios sind nicht nur stylish, sondern fast schon sexy. Ein erster Schritt in die richtige Richtung, denn sexy Hardware ist eigentlich immer die Domäne von Apple gewesen. Vielleicht schaffen die Entwickler bei Microsoft das Umdenken ja auch bald beim Betriebssystem. Munter bleiben!

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Christoph Künne

Christoph Künne ist Mitbegründer, Chefredakteur und Verleger der DOCMA. Der studierte Kulturwissenschaftler fotografiert leidenschaftlich gerne Porträts und arbeitet seit 1991 mit Photoshop.

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3 Kommentare

  1. Hallo Herr Kühne,
    für die nicht 50% Kreativen, die nicht mit Apple arbeiten, gibt es gute Gründe. Apple hat immer gemeint die Grafikern seien nur die Kreativen. Sobald es um die Integration von Computer und Maschinen ging, hinkte Apple Jahre hinterher, zum Beispile bei CNC-Maschinen und 3D-Drucker. Unter Windows, wo Messen und Steuern seit den Anfängen ein eigenen Bereich war, gab es da immer mehrere Anbietern für Hard und Software. So kann man unter Windows Hardware und Software in Bereich CNC 3D Fräsen und Laser-Schneiden nach seine Bedürfnisse auswählen und verhältnismäßig günstig einkaufen. Apple und auch Adobe bieten immer nur unviversal Lösungen mit total überfüllte Programme wie Photoshop. Moduläre Software wie zum Beispiel bei den 3d konstruktionssoftware Rhinoceros wäre viel sinnvoller.
    Bitte nehmen Sie auch einen Gegenkommentar von ein grafischen Windows Kollegen auf. Der wird sich doch wohl finden wenn nur 50% der Kreativen Apple nutzt.

  2. Nach 25 Jahren Mac-Fan-Boy und begeisterter Apologet des Reality-Distorsion-Fields von Hern Jobs, reicht es mir jetzt endlich auch (manch einer benötigt etwas länger). Apples elitäre Apothekenpolitik und ihre Verwandlung in ein Gemischtwarenmonster lassen mich als Anwender zunehmend verärgert (und mit zunehmend leeren Portemonnaie) zurück. Nachdem mein ansonsten voll funktionsfähiges MacBook Pro von Apple auf „vintage“ gesetzt wurde, weigert (!) man sich dort, selbst einen 0815-Job wie einen Batterietausch vorzunehmen. Geht zur Not auch bei einem Computerschrauber oder per Youtube-Anleitung aber diese zunehmend verbreitete Haltung ist eine Frechheit.
    Mein neues Dell-Notebook ist eine hochwertige kleine Rakete und kostet gerade mal die Hälfte eines MacBooks. Windows 10 ist natürlich immer noch ein Alptraum an Usability aber als alter User seit den 80ern eher lästig als unlösbar. Nach etwa einer Woche sind alle Zusatztools installiert und die Tastenkürzel verinnerlicht. Im Büro (Grafik seit drei Jahrzehnten) werden die iMacs nach und nach ebenfalls durch PCs ersetzt werden.
    Apple wünsche ich noch schöne Jahre mit „innovativen“ Kreditkarten und in der TV-Sparte.

  3. Ja die Gewohnheit ist ein Hund ;-). Kann nur jeden empfehlen, wenn es die Dose erlaubt, sich mit den div. OS in einer virtuellen Maschine vertraut zu machen. Dann hat man zumindest die Oberfläche schon mal zum Üben. Keine Ahnung wie oft ich versucht habe mir eine reine Surf- und Mailstation inkl. NAS und Cloudanbindung mit Linux einzurichten, das Terminal war für mich eher wie der Film mit Tom Hanks. Nachdem von VMware die Playersoftware entdeckt wurde, begann ich auf der Windows Maschine mit Linux genau so ein System einzurichten und siehe da nach ca. zwei Monaten wurde das Geübte auf einer eigenen Dose umgesetzt. Mac ist hier nur peripher in Verwendung, da die komplette Infrastruktur auf Win & Linux (Server) läuft. Aber es gibt Mac 10.14 in einer VM ;-).
    Warum dies so ist hat @docmatiker11941 sehr gut beschrieben. Die eierlegende Wollmilchsau Adobe hat sich schon ziemlich aufgebläht und verbraucht unnötige Resourcen, welche schlanke Win-Anwendungen für spez. Aufgaben einfach nicht benötigen und diese laufen auch klaglos als Portable- Version ohne installiert zu werden. Was wiederum bei mehreren Maschinen ein wesentlicher Vorteil ist. Video- Codierung, Fotos spez. Schärfen, Aufblasen und Verkleinern laufen schon länger in Einzelanwendungen bevor man Adobe bemüht. Will jetzt auch nichts über die Ausgabequalität sagen ;-). Letztendlich kann Apple die Preise nicht mehr wirklich rechtfertigen. Wer sich spez. für den grafischen Workflow eine Workstation bastelt od. basteln lässt kann ein Lied davon singen.

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