Der erste Kontakt zu Leitz entstand in den frühen 1920er-Jahren. Der promovierte Arzt Paul Wolff hatte sich nach dem Ersten Weltkrieg in Frankfurt mit einer Großformatkamera als Industriefotograf selbständig gemacht und wurde zum Wegbereiter für den großen Erfolg der kleinen Kamera. Leica-Ambassador Paul Wolff, so würde man ihn heute wohl bezeichnen. Um sein Wirken ranken viele Mythen und Legenden, doch sein Bestseller von 1934 liefert Fakten und ist kostenlos einsehbar.

Sein 1934 erschienenes Buch „Meine Erfahrungen mit der Leica“ entwickelte sich zum Bestseller. Darin berichtet er: „1925 war das erste Leica-Jahr, es bescherte auch mir die Leica, nachdem ich zwei Jahre zuvor im Werke Leitz eine Begegnung mit Oscar Barnack hatte, der mir eine der ersten Leicas zeigte mit der problematischen Frage, was ich davon halte.“
Was er davon hielt, ist nicht überliefert. Was er mit der Kamera machte, zeigen seine Bilder. Als Quereinsteiger, frei vom Dünkel etablierter Fotografen, verstand er es, die neue Technik geschickt zu nutzen. Die frühe Begegnung mit Barnack legt nahe, wie Wolff zu seiner Leica kam. Oft erzählte Geschichten berichten von einer Fotoausstellung, auf der Wolff die Kamera gewonnen haben soll. Eine Anekdote, die vermutlich ins Reich der Legenden gehört.
Durch einen Fehler bei der Filmentwicklung soll es Paul Wolff gelungen sein, das Filmkorn zu reduzieren und sichtbar bessere Vergrößerungen zu erzielen. Verfügbare Chemikalien sowie eine Vielzahl von Rezepten hatten deutlichen Einfluss auf die Qualität des Negativs. Davon berichtet Wolff ausführlich und propagierte die einfache Regel: „Belichte reichlich, entwickle kurz!“

Ein Manko war die spektrale Empfindlichkeit der Schwarzweißfilme mit ihrer unterschiedlich ausgeprägten Umsetzung von Farben in Graustufen. Orthochromatisches Material hatte beim Fotografieren nachteilige Effekte: Rote Bereiche wurden sehr dunkel wiedergegeben, während der Himmel zur Überbelichtung neigte. Beides prägt den typischen Ortho-Bild-Look. Wolff experimentierte mit Farbfiltern und beschreibt in seinem Buch zum Teil überraschende Erfahrungen. Anfangs waren Filter aus einer zwischen zwei dünnen Gläsern platzierten Folie hergestellt. Mangelhafte Planparallelität dieser Konstruktionen verursachten beim Kleinbildformat sichtbare Unschärfen im Bild.

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