Köln oder Zingst?
Wie entscheiden Sie sich – für Köln oder Zingst? Die Nachricht, dass die photokina ab 2019 jedes Jahr im Mai stattfinden soll, überraschte uns wie viele andere aus der Fotobranche in Zingst. Da es im Mai und Juni bereits mehrere kleinere Fotofestivals gibt, stellt sich die Frage, für welchen Branchentreff man sich künftig Zeit nehmen soll.
Wenn die Kölnmesse die photokina vom September in den Mai verlegt, will sie vermutlich einem Konflikt mit der IFA in Berlin entgehen, die traditionell Anfang September stattfindet. Einst hatte die IFA einen zweijährigen Rhythmus – in geradzahligen Jahren ging man zur photokina, in ungeradzahligen zur IFA. Dann stellte die IFA auf einen jährlichen Rhythmus um, und wenn künftig auch die photokina in jedem Jahr Aussteller und Besucher nach Köln locken will, wäre ein Termin im September problematisch.
Aber die Verlegung in den Mai bringt ihre eigenen Probleme. Einerseits sind bis zum Mai bereits alle Produktankündigungen des ersten Halbjahrs gelaufen; kaum ein Hersteller würde auf die photokina warten, um etwas Neues anzukündigen. Die Messe verspricht daher keinerlei Überraschungen; man bekommt nur zu sehen, was man ohnehin schon kennt. Zudem ist das späte Frühjahr der eingeführte Termin verschiedener Fotofestivals. Da gibt es nicht nur die Horizonte Zingst Ende Mai bis Anfang Juni; danach folgen der Oberstorfer Fotogipfel (in diesem Jahr vom 7. bis 11. Juni) und die Photo+Adventure in Duisburg (am 10. und 11. Juni). Im Nordosten, Süden und Westen Deutschlands gibt es also etablierte Festivals, die künftig in Konkurrenz zur photokina stünden.
Natürlich liegen Welten zwischen der Messe photokina und einem Fotofestival wie Horizonte Zingst, was nicht nur am Unterschied zwischen der Großstadt Köln und dem 3000-Einwohner-Ort Zingst liegt. In Zingst stehen Fotos (also Ausstellungen und Multivisionsschauen) und wie man sie macht (also Workshops) im Vordergrund; Produktvorstellungen beschränken sich auf den dreitägigen Fotomarkt. Auf der photokina reizen die Hersteller alle Möglichkeiten des zeitgenössischen Messebaus aus und präsentieren ihre Neuigkeiten auf opulent gestalteten Ständen. Die Fotos sind demgegenüber in den Hintergrund getreten und die Kuratierung von Ausstellungen hat die Kölnmesse weitgehend an Leica delegiert.
Obwohl in Zingst ebenso wie vermutlich in Oberstdorf und Duisburg die japanischen Herstellervertreter fehlen (aber wer weiß, vielleicht ist das nur eine Frage der Zeit), treffe ich dort viele meiner Ansprechpartner in der Industrie. Nur mit dem Unterschied, dass man sich zwanglos auf den Zingster Flaniermeilen Strandstraße und Klosterstraße trifft, und was immer zu besprechen ist, auf ein Fischbrötchen vom Alten Rettungsschuppen klärt. Wenn einem der Trubel rund um Kurhaus und Seebrücke zu viel wird, zieht man sich in den Martha-Müller-Grählert-Park zurück, der nahe aber etwas versteckt liegt. Am Abend fragt man sich auch nicht, zu welchem Presse-Event welchen Herstellers man geht; man sieht sich sowieso am Stand bei der Bilderflut. Wenn man in der Branche eine Umfrage starten würde, läge Zingst vermutlich mit Abstand vor Köln, denn dort ist es einfach entspannter – man hat mehr Spaß.
Nun bin ich auch immer gerne in Köln (ich mag sogar Kölsch) und werde 2018 wie üblich auf der photokina sein. Aber was danach passiert, ist eine offene Frage.