Kampf gegen Monster
Wer braucht überhaupt diese endlos langen IBAN-Nummern auf Banküberweisungen? Nur damit ein paar Firmen ihre grenzüberschreitenden Zahlungen vereinfachen können, müssen Millionen von Menschen tagtäglich mit diesen Zahlenmonstern kämpfen. Doc Baumann macht seinem Ärger Luft.
Einmal in der Woche setze ich mich an meinen Schreibtisch und bezahle Rechnungen. Noch immer ganz traditionell mit Kugelschreiber auf papierenen Überweisungsformularen. Ich würde diese Daten viel lieber mit geringerer Anstrengung per Tastatur am Monitor in eine Eingabemaske tippen – aber so lange die Banken die Schuld für gehackte Konten noch immer beim Kunden suchen und ihn auf seinen Verlusten sitzen lassen, wenn sich schlaue Kriminelle Zugang verschafft haben, nehme ich diese Mühe zähneknirschend auf mich.
Mein Zahltag Mitte Dezember war wieder einmal von zusätzlichem Zähneknirschen begleitet. Und das lag wie immer an diesen dämlichen IBAN-Nummern. Die sind ja an sich schon ärgerlich genug, weil sie mit den Grundprinzipien visueller Wahrnehmung und kurzzeitgedächnismäßiger Speicherung rein gar nichts zu tun haben. Es ist mir noch heute ein Rätsel, warum Millionen von Bürgern, die nichts anderes wollen, als gelegentlich innerhalb der Landesgrenzen ein paar Euro auf ein anderes Konto zu überweisen, dafür in Geiselhaft genommen werden, dass es Firmen mit europaweiten Zahlungsflüssen so erleichtert wird, ihr Geld hin und her zu schieben.
Ich habe diese Einführung von Anfang an für ein Ärgernis gehalten. Gab es bei den Verantwortlichen nicht einen einzigen, der schon mal was von Wahrnehmungs- und Gedächtnispsychologie gehört hatte? Zudem wäre es ein Leichtes gewesen, die – erkenn- und merkbaren – Vierer-Zifferngruppen etwa durch Punkte oder Bindestriche zu trennen, das hätte die Datenverarbeitung in keiner Weise behindert.
Statt dessen gibt es eine maschinenlesbare Variante in Form einer endlosen Zahlenkette sowie eine „lesefreundliche“ Variante, bei der das Monstrum in Vierergruppen, getrennt durch Leerzeichen, zerhackt wird. Das wäre eine halbwegs benutzerfreundliche Variante – wenn denn diese Form von den Rechnungsstellern berücksichtigt würde.
Aber nein! Ein großer Teil von ihnen ist zu faul oder zu dämlich, um diese Leerzeichen zu setzen. An jenem Tag hatte ich zunächst vier Handwerker- und Buchhandelsrechnungen zu begleichen. Alle präsentierten auf dem Rechnungsformular ihre IBAN-Nummer als ungegliederten Ziffernbandwurm. Besonders wütend machen mich solche Nummern, wenn darin, nach der integrierten Bankleitzahl, geschätzte sieben Nullen folgen, die man erst einmal mühsam durchzählen muss.
Selbst ein Riesenladen wie Ebay ist nicht in der Lage, die IBAN-Nummern der Verkäufer, die man nicht per PayPal bezahlen kann, in der „lesefreundlichen“ Variante darzustellen – auch hier die vertrauten Zahlenmonster.
Oft merke ich erst am Ende der Zahl, dass noch ein Feld leer geblieben ist oder ich ein zusätzliches brauchen würde. Also Überweisungsauftrag zerreißen und von vorn beginnen. Manchmal bemerke ich den Schreibfehler auch gar nicht und kriege den Zettel von der Bank zurückgeschickt: „IBAN-Nummer existiert nicht“. Dann muss ich nicht nur alles erneut ausfüllen, sondern kriege die Benachrichtigung auch noch in Rechnung gestellt. Vor den IBAN-Zeiten ist mir das nie passiert.
Nachdem nun diese vier Überweisungsaufträge mit viel Fluchen und Stöhnen ausgefüllt waren, wollte ich als guter Mensch zum Jahresende noch ein paar Spenden tätigen.
Als Erstes suchte und fand ich übers Web die Spendennummer von Greenpeace. Die wird auf der Seite der Organisation angegeben als DE 4943 0609 6700 0003 3401 – zwar in Vierergruppen, aber in falschen. Als nächstes suchte ich die Daten von Amnesty International – und fand als IBAN: DE 233 702050 0000 8090100. Also wieder völlig falsch und noch dazu willkürlich gegliedert. Die Aktion Deutschland hilft macht es richtig, ich konnte es kaum glauben. Auch Wikimedia hält sich an die lesefreundliche Form. Mozilla bietet nur Keditkartenzahlung oder PayPal und schließt so alle aus, die gern überweisen würden – zahl oder stirb.
Bei den Ärzten ohne Grenzen war die – richtig geschriebene – Nummer nur ganz kurz zu erkennen, dann wurde der Bildschirm von einer dieser beliebten Seiten überdeckt, bei denen man verzweifelt nach dem X zum Schließen sucht und die Wut auf den Anbieter sekündlich steigt. Hier forderte man mich zum regelmäßigen Spenden auf, ohne X zum Wegklicken; was ich spende, möchte ich aber doch gern selbst bestimmen. Hätte ich nicht schließlich doch noch einen (Um)Weg gefunden, hätten die Ärzte jetzt und künftig ohne Spende von mir auskommen müssen.
Fazit: IBAN-Nummern sind ein Fluch, vergleichbar mit Pest und Heuschreckenschwärmen. Und so wünsche ich denn allen, die aus abgrundtiefer Bosheit oder verdammungswürdiger Faulheit bei Rechnungsformularen oder Webseiten auf die menschenfreundliche Vierergliederung verzichten, dass sie allnächtlich von grausigen Albträumen heimgesucht werden, in denen sie, nur mit einem Küchenquirl bewaffnet, gegen gewaltige Zahlenmonster kämpfen müssen, denen aus jedem abgeschlagenen Haupt eine neue IBAN-Nummer hervorquillt.
Bei allen Bedenken, ich empfehle Online-Banking. Das mache ich seit vielen Jahren ohne Ärger. Die einzigen Fehlbuchungen erfolgten noch bei konventionellen Konten (Computerfehler; beharrlich falsche Berechnung der kontoführenden Bank, unerlaubte Abbuchung der Post).
Die IBAN bietet den Vorteil der Fehlerkontrolle. Dafür bin ich lange eingetreten. Die IBAN besteht aus der Länderkennung, der Kontonummer, der Bankleitzahl und zwei Prüfziffern.
Einzig die oft fehlende oder falsche Einteilung in Zifferngruppen finde ich auch lästig. Wegen der Fehlerkontrolle habe ich aber immer die IBAN empfohlen.
Ein wichtiger Hinweis fehlt noch – ein sehr wichtiger:
Sollte die IBAN existent, also korrekt sein, aber auf ein fremdes Konto zielen, ist das Geld weg.
Heute wird der Kontoinhaber nicht mehr gegengeprüft – wenn die IBAN korrekt ist, wird die Überweisung ausgeführt.
Das passiert selten, weil die Prüfmechanismen so einen Fall beinahe vollständig ausschließen, aber eben nur beinahe vollständig.
Und wenn Du das Geld ans falsche Ziel geschickt hast, darfst Du Dich mit dem dortigen Kontoinhaber über den zivilrechtlichen Weg rumstreiten, wenn der Dir Dein Geld nicht freiwillig zurückschickt.
Aber vorher musst Du erst einmal dessen Adresse herausfinden, die Dir dessen Bank mit Hinweis auf Datenschutz nicht freiwillig geben wird…
Also:
Achtung bei Überweisungen!
Auch ich plädiere für online-Banking, gerade und erst recht für wiederkehrende Zahlungen. Man muss natürlich die richtige Software verwenden…
Und bei Einzelüberweiungen kann man die Bankverbindung per Kopieren und Einfügen von Online-Rechnung oder Website direkt einfügen und hat dann keinen Fehler drin.
Ich habe auch noch nie einen Buchungsfehler gehabt.
Wenn, dann sitzt der Fehler, wie meist, vor der Tatstatur… 😉
Übrigens kostet in immer deutlicher zunehmenden Fällen die Einzelüberweisung Geld, die Online-Buchung nicht.
Und noch schlimmer: Dauerschuldverhältnisse, wie z. B. Stromabschläge, Kabelanschlussgebühren kosten Extragebühren, wenn man selbst überweisen will und dem lastschriftverfahren widerspricht.
Widerrechtlich kommen neue Verträge sogar oft überhaupt nicht zustrande, wenn man nicht am Lastschriftverfahren zustimmen möchte.
Naja, auch das Bargeld soll ja stark eingeschränkt udn sogar ganz abgeschafft werden…
Ich freu mich auf CETA und TTIP, sehr sogar.
Freiheit – wer braucht denn sowas?!
Doc Baumanns Vertrauen auf die analoge Zahlungsweise mit dem Kugelschreiber kann ich nur bewundern, meine Schrift kann ich selbst oft nach der Jahrzehnte langen Tastatur Hackerei nicht richtig lesen 🙂 Auch beim Hartgeld wird es manchmal schwierig, bis zu 15Cent pro Liter betrug 2015 der Unterschied an der Tanke zwischen Card- und Barzahlung in Italien. Dennoch liebe ich es keine Spuren zu hinterlassen, wenn ich das nicht will. Und die präzisen Überweisungen überlasse ich meiner lieben CFO – sie hat es 35 Jahre lang besser als ich es je gekonnt hätte in der Praxis vorgenommen. Vielleicht eine Lösung für den gestressten Schreiber 🙂 Beste Grüße vom Bodensee ppz
Für mich ist nicht nachvollziehbar, wozu diese ellenlange unleserliche IBAN helfen soll (außer den Banken natürlich). Paypal ermöglicht mit einer (leserlichen und verständlichen) eMail-Adresse und einem selbstgewähltem Passwort weltweite Zahlungen ohne Schwierigkeiten und bei richtiger und sorgfältigem Umgang auch sichere. Wieso kriegen das andere Banken nicht ebenso einfach hin?