HEIF statt JPEG?
Das HEIF-Dateiformat, bisher vor allem als Bilddateiformat des iPhone bekannt, steht nun auch in der Canon EOS-1D X Mark III als Alternative zu JPEG und Raw zur Wahl. Sollte das JPEG-Format nach 28 Jahren künftig doch abgelöst werden, nachdem das JPEG2000 und JPEG XR nicht gelungen war?
Anfang der 90er Jahre war die Kapazität von Festplatten und andere Datenträgern noch klein und Bilddateien groß. Dass wenige Jahre später die Digitalfotografie ihren Siegeszug anzutreten begann, lag auch an der Vorarbeit der „Joint Photographic Experts Group“ (JPEG), einem Komitee, das den gleichnamigen Kompressionsstandard definierte. Mit dem JPEG-Verfahren ließ sich der Platzbedarf von Bilddateien erstmals auf 1/5 bis 1/20 reduzieren, ohne dass sich die Qualität auffällig verschlechterte. Während verlustfreie Kompressionsverfahren bei Fotos meist nur eine Reduzierung auf die Hälfte des Speicherbedarfs erlauben, machte sich das JPEG-Verfahren zunutze, dass manche Bilddaten visuell auffälliger als andere sind und daher weniger entscheidende Daten weggelassen werden können, ohne dass es der Betrachter bemerkt.
Erst wenn man extreme Kompressionsfaktoren wählt, zerfallen flächige Bildteile in ein Mosaik aus Blöcken, in denen man die acht mal acht Pixel großen Kacheln wiedererkennt, in die es zum Zwecke der Kompression zerlegt wird. An Kontrastkanten in detailreichen Regionen werden Halos sichtbar. Da es aber einen Bereich von Kompressionsfaktoren gibt, in dem einerseits der Platzbedarf stark reduziert und andererseits die Qualität noch gut ist, tut dies der Popularität des Formats keinen Abbruch. JPEGs unterstützen die Farbmodelle RGB und CMYK, verschiedene Farbabtastungen wie 4:2:0, 4:2:2 und 4:4:4, sind aber meist auf 8 Bit pro Farbkanal beschränkt. 12 Bit pro Kanal sind nur eine theoretische Option, die in der Praxis nicht genutzt wird. Die später entwickelten Standards JPEG2000 und JPEG XR sind zwar flexibler, liefern bei gleichem Speicherbedarf eine höhere Qualität und benötigen bei gleicher Qualität weniger Platz, konnten sich aber nicht durchsetzen. Das bewährte JPEG-Format war für alle praktischen Erfordernisse gut genug, belastete den Prozessor kaum und wurde nicht durch Lizenzgebühren ausgebremst.
Das neue „High Efficiency Image File Format“ (HEIF) wurde von der „Moving Pictures Experts Group“ (MPEG) entwickelt, stammt also, anders als die JPEG-Varianten, aus dem Videobereich. HEIF ist eigentlich ein Container-Format; die enthaltenen Bilddaten sind nach dem HEVC-Verfahren („High Efficiency Video Coding“) komprimiert. HEVC arbeitet ähnlich wie JPEG, enthält aber mehrere Verbesserungen. So ist die Kachelgröße variabel und kann bis zu 64 mal 64 Pixeln gehen. Mit einem Vorhersageverfahren kann ein Bildteil aus einem anderen rekonstruiert werden und muss dann nicht noch einmal gespeichert werden. Ein Deblocking-Filter verhindert blockartige Artefakte an Kachelgrenzen, die für stark komprimierte JPEGs typisch sind. In Vergleichstests hat sich gezeigt, dass visuell als gleichwertig bewertete HEIF-Bilder nur etwa die Hälfte des Speicherplatzes eines JPEG-Bildes benötigen.
Eine HEIF-Datei ist zudem flexibler. In einer Datei lassen sich auch Serien von Bildern speichern, etwa für Belichtungs- und Fokusreihen oder für die Einzelbilder eines Panoramas. Die Speicherung verschiedener Auflösungsvarianten – etwa eine niedrige Auflösung für die Präsentation im Web und eine hohe Auflösung für den Druck oder die weitere Bearbeitung – wird ebenfalls unterstützt. Neben einem Alpha-Kanal für Transparenzeffekte kann eine Depth-Map enthalten sein, also ein Schwarzweißbild, in dem die Helligkeit jedes Pixels angibt, wie weit der entsprechende Punkt von der Kamera entfernt war.
In den Metadaten einer HEIF-Datei lassen sich Anweisungen speichern, das Bild in 90-Grad-Schritten zu rotieren, zu spiegeln oder zu beschneiden; eine Software, die die Datei öffnet, führt diese Anweisungen automatisch aus. Prinzipiell ließe sich dies auf weitere Bildmanipulationen erweitern, sodass sich HEIF als Format für die nicht-destruktive Bildbearbeitung eignet – man speichert nicht das bearbeitete Bild, sondern die Aktionen, die anzuwenden sind, um diesen Bearbeitungszustand zu erzeugen.
Wenn nun Canons neue EOS-1D X Mark III erstmals das HEIF-Format unterstützt, so hat das wohl vor allem etwas mit dem geringeren Platzbedarf zu tun. Aktuelle Speichermedien bieten zwar so viel Platz, dass eine stärkere Kompression nicht zwingend erscheint, aber wenn man Sport- und Reportagefotos möglichst schnell an eine Agentur oder Redaktion übertragen will, möglicherweise über eine unzuverlässige WLAN- oder Mobilfunkverbindung, kann eine bei gleicher Qualität doppelt so schnelle Dateiübertragung nützlich sein.
Da Canon im HEIF-Format 10 statt 8 Bit pro Kanal speichert, bieten die Dateien zudem einen größeren Spielraum für Bearbeitungen. Für eine maximale Qualität bleibt zwar ein Raw-Format die beste Option, aber wenn die Zeit drängt, lässt sich auch aus einer HEIF-Datei noch etwas mehr als aus einem JPEG herausholen.
Es ist allerdings ein – weit verbreiteter – Irrglaube, die Farbtiefe von 8 Bit bei JPEG-Dateien würde den Dynamikumfang auf acht Blendenstufen beschränken. Einen festen Zusammenhang zwischen der Zahl der Bits und dem Dynamikumfang gibt es nur bei Raw-Formaten, und selbst da nicht immer. Die meisten Raw-Formate speichern Helligkeitswerte mit einer linearen Kennlinie: Eine doppelte Helligkeit wird als doppelt so großer Wert gespeichert. In diesem Fall entspricht die Bit-Tiefe der Zahl der Blendenstufen, die unterschieden werden können. Die Gradationskurve eines JPEG ist jedoch nicht linear, sondern komprimiert die Lichter und Schatten meist auf eine geringere Zahl von Bits, damit die Mitteltöne feiner aufgelöst und kontrastreicher wiedergegeben werden. Auf diese Weise ließe sich auch ein Dynamikumfang von beispielsweise 14 Blendenstufen in einem JPEG wiedergeben. Durch die Begrenzung auf 8 Bit leidet die feine Abstufung der Tonwerte – und hier bieten HEIF-Dateien mit 10 Bit mehr –, nicht jedoch der darstellbare Kontrast.
Während JPEG von jedem Betriebssystem und praktisch jeder Software unterstützt wird, lässt die Unterstützung von HEIF noch zu wünschen übrig. Unter Windows ist sie erst ab Windows 10 (Version 1803) und unter macOS ab 10.14 gegeben. Mit JPEGs wird ein Fotograf derzeit noch auf weniger Schwierigkeiten als mit HEIF-Dateien stoßen, und was nützen deren theoretische Vorteile, wenn der Abnehmer der Bilder am Ende nichts mit dem Format anfangen kann? HEIF steht also vor demselben Problem wie einst JPEG2000 und JPEG XR: Im Vergleich Punkt für Punkt gewinnt es, aber JPEG bleibt „gut genug“ und stößt nirgendwo auf Grenzen der Kompatibilität. Immerhin könnte HEIF jetzt in der Welt der Fotografie (jenseits der Smartphones) Fuß fassen, falls es Canon künftig in weiteren Kameramodellen als alternatives Speicherformat anbieten sollte.
hallo,
wieso erwähnst du „png“ gar nicht ?
Vermutlich hängt es von der Nützlichkeit von „Großabnehmern“ ab, Agenturen sind natürlich an an rascher Datenübertragung und maximaler Bildqualität interessiert. Das spricht für HEIF. Dass Apple und nun auch MS es einbinden, ebnet den Weg. Wenn in der Bearbeitungssoftware von Agenturen und deren Abnehmern eine Implementierung in die SW und damit den Workflow einigermaßen kostengünstig erfolgen kann, können die Vorteile ausreichend groß sein.
Dass auch Speicherplatz gespart wird, sollte bei solchen Datenmengen nicht unterschätzt werden. Da ja die Umstellung von Festplatten auf SSDs der kleinen Baugröße in Servern auch Geld kostet, diese ohne mechanische Abnützung auskommen, dafür wesentlich mehr Abwärme erzeugen und dafür stärkere Kühlleistung erfordern, ist eine Verminderung der gesamten Speicherkapazität um einige Prozentpunkte bei insgesamt höherer Qualität ein gewichtiges Argument.
Im Sportbereich besteht offensichtlich aus Sicht der Agenturen kein Bedarf an Fotos jenseits der 20 MPixel-Auflösung (siehe EOS 1DXIII und D6, sogar A9), möglicherweise sind sie an höherer Qualität bei geringerer Dateigröße interessiert.
Eigentlich war es ja hoch an der Zeit, dass das auch qualitativ in die Jahre gekommene JPG-Format ersetzt wird. Andere Bildformate haben sich ja nicht aufgedrängt.
Interessant wäre es zu wissen, ob HEIF, ähnlich wie PNG, auch transparenten Hintergrund unterstützt. Das Fehlen solcher ist IMO, neben den großen qualitativen Schwächen, ein großer Mangel beim JPG-Fprmat.
Hallo Peter,
zu deiner Frage im letzten Absatz: oben im Artikel steht doch: … „Neben einem Alpha-Kanal für Transparenzeffekte kann eine Depth-Map enthalten sein, also …“