Großbild statt Kleinbild
Das sogenannte Vollformat heißt ja eigentlich „Kleinbild-Format“, weil es einst neben Groß- und Mittelformat die kleinste Negativgröße war. Die in der Digitalfotografie dominierenden Sensoren sind eher kleiner als die alten Filmformate und das Großformat scheint vergessen, aber ein Gegenbeispiel ist das LS45 von LargeSense, ein 4×5-Zoll-Rückteil für Großformatkameras.
Während selbst die meisten Mittelformatsensoren heutzutage kleiner als die analogen Rollfilmformate sind, misst der Sensor des LS45 120 mal 140 Millimeter oder 4,7 mal 5,5 Zoll – mehr als das klassische 4×5-Format. Der Sensor hat 6,7 Megapixel, von denen bei Verwendung des Graflok-Anschlusses an handelsübliche 4×5-Zoll-Großformatkameras aber nur etwa 4,6 Megapixel genutzt werden. Mit einer 5×7-Zoll-Großformatkamera lässt sich die gesamte Sensorfläche nutzen. Die große Sensorfläche und die niedrige Auflösung führt zu vergleichsweise riesigen Pixeln, die 50 mal 50 Mikrometer (1/20 Millimeter) messen.
Das Rückteil wird über ein Browser-basiertes Interface gesteuert, über das man auch die Belichtungszeit einstellt, die mit einem elektronischen Verschluss realisiert wird. Ein Video des Herstellers LargeSense LLC zeigt, wie das funktioniert und welche Einstellungsmöglichkeiten es gibt.
Das Rückteil befindet sich derzeit noch in der Entwicklung, soll aber bald in einer ersten Schwarzweiß-Version auf den Markt kommen. Eine farbfähige Version soll folgen. Da das Filter auf dem Sensor austauschbar ist, eignet sich das LS45 für die Infrarotfotografie ebenso wie für die im sichtbaren Licht. Wer seine Großformatkamera zur Digitalkamera umrüsten will, kann sich auf der Website des Herstellers in eine Interessentenliste eintragen.
Für mich bieten wirkliche Großformatkameras, und dazu kann man eine mit einem 4×5″-Sensor bereits zählen, zwei Vorteile:
1. Durch das Drehen, Verschieben und Kippen des Objektivs hat man im Vergleich zu T/S-Objektiven beim Kleinbildformat viel mehr Gestaltungsmöglichkeiten.
2. Der enorm erweiterte Bildwinkel bei selber Brennweite ermöglicht die Verwendung von viel längeren Brennweiten, was besonders in Innenräumen die „Weitwinkelverzerrungen“ fast unmerkbar macht.
Wie sich die großen Pixelmaße auf die Bildqualität, besonders das Rauschverhalten auswirkt, kann erst nach Vorliegen von Serienmodellen festgestellt werden. Auch großflächige Sensoren haben ziemlich sicher ihre ganz speziellen Tücken.
Ob viele vorhandene Objektive für dieses Filmformat überhaupt die optische Qualität für höherauflösende Sensoren hätten, würde ich bezweifeln. Sehr oft haben diese Formate ihre Bilder als Kontaktabzüge ausbelichtet, also komplett ohne Vergrößerung.
Wenn jedes Pixel 1/20 mm gross ist, kann es zwar viel Licht einsammeln, aber maximal 10 Linien pro Millimeter auflösen. Das schaffen sehr einfache Objektive problemlos.
Interessant wäre ein Bildwandler für Formate um 6×7 cm, aber mit einer Auflösung, wie sie die niedrig auflösende Sony 7S III zeigt. Sowas eingesetzt an einer Bronica EC-TL oder einer Pentax bzw. Mamiya 6×7 cm. Damit wären rund 60 Megapixel Auflösung erreichbar, aber mit der vierfachen Fläche der Pixel, wie sie in Sonys 62-Megapixel-Kamera 7R IV eingesetzt sind.
Die alten Pentax- und Mamiya-Objektive lösen dafür genügend auf.
Richtige Mittelformat-Kameras und -Objektive wie die zitierten, dürften weit mehr im Gebrauch sein, als Grossformat-Hardware.
Allerdings bezweifle ich, dass der Sensor „LS45“ jemals zu kaufen ist 🙁
Aus der Luftbild- und Dokumentarfotografie kommend fehlt mir die Sinnhaftigkeit dieses Beitrags ohne jegliche Preisangabe sowie Hinweise auf Anwendungszwecke!
Seit über 20 Jahren gibt es Großbildkameras für Luftbildaufnahmen mit verschiedensten inzwischen sehr ausgereiften Techniken, aber auch zu Preisen die bei einer halben Million für ein voll funktionierendes System anfangen und dennoch im Markt gut etabliert sind, weil für die Erd- und Landesvermessung auch ein Bedarf existiert. Allerdings mit der Tendenz zu höherer Auflösung und verfeinerter Systemtechnik für höhere Effizienz und nicht zwecklosem Protz nach Größe. Eine komplette Bildverarbeitungssoftware liegt dann auch schon mal gern bei 100 000,- € aufwärts und übersteigt damit jedes Hobbybudget hiesiger Leser, was jedoch nicht verbietet hier Vergleiche der Anwendung und realisierter Praxis vorzustellen und nicht nur Laborexperimente mit fraglichen Zukunftsperspektiven!
Prodrejo 13.7.21