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Eine Digitalkamera ohne Batterie

Wissenschaftlern am MIT ist die Entwicklung einer Unterwasserkamera gelungen, die selbsttätig Farbbilder aufnehmen und drahtlos übertragen kann – ohne eine klassische Stromquelle.

Elektronische Geräte benötigen zum Betrieb elektrische Energie, die üblicherweise aus der Steckdose oder aus Batterien kommt. Nur die Ältesten unter uns erinnern sich noch an Detektorradios, mit denen – und etwas Fummelei – man auch ohne Stromversorgung Rundfunk hören konnte. Die nötige elektrische Energie lieferte der Radiosender selbst. Digitalkameras ohne Batterie gab es jedoch nicht – bis jetzt.

Einer Forschergruppe am MIT in Cambridge, Massachusetts, hat nun eine Unterwasserkamera mit extrem geringem Energiebedarf konstruiert, die ohne Einwegbatterie oder Akku auskommt, und in einem Artikel in der Zeitschrift Nature Communications beschrieben.

Eine Digitalkamera ohne Batterie
Die autonome Kameradrohne gewinnt aus Schallwellen Energie, um die Umgebung im Licht von drei farbigen LED aufzunehmen und mit einem passiven akustischen Verfahren drahtlos zu übertragen. (Quelle: MIT)

Eine solche unabhängig operierende Kameradrohne könnte elektrische Energie mit Solarzellen oder aus dem Wellengang gewinnen, was aber nur an oder nahe der Wasseroberfläche praktikabel wäre. Die MIT-Wissenschaftler nutzen dagegen eine prinzipiell stets verfügbare Energiequelle: Schallwellen. Das können die Geräusche vorbeifahrender Schiffe oder auch Walgesänge sein – jede Art von Schallwellen transportiert ein geringes Maß an mechanischer Energie, die sich mit Piezokristallen in Elektrizität umwandeln und sammeln lässt. Zur Speicherung setzen sie einen Kondensator ein, einen Super Capacitator, wie man ihn aus dem Kamerabau kennt, nur dass er normalerweise als bloßer Puffer dient, damit die Kamera nicht ihr Gedächtnis verliert, während man den Akku wechselt. Hier hingegen muss er die Energie für den eigentlichen Betrieb liefern.

Eine Digitalkamera ohne Batterie
Aus drei Belichtungen im Licht dreier LEDs entsteht ein RGB-Bild. (Quelle: MIT)

Wann immer die Ladung des Kondensators dazu ausreicht, nimmt die Kamera ein Bild auf – genau genommen drei Bilder, denn der schwarzweiße CMOS-Sensor wird drei Mal ausgelesen, während jeweils eine rote, grüne beziehungsweise blaue LED kurz aufblitzt. Da die Kamera ihre eigene Lichtquelle mitbringt, könnte sie auch in der Tiefsee eingesetzt werden, wozu der aktuelle Prototyp aber noch nicht geeignet ist. Zur Kamerasteuerung dient ein konfigurierbarer FPGL-Chip (= Field Programmable Gate Array), dessen Bausteine sich zu einem einfachen Prozessor zusammenschalten lassen.

Für eine aktive Übertragung der Aufnahmen würde die gesammelte Energie nicht mehr reichen, weshalb die Kamera ein stromsparendes passives Verfahren nutzt. Eine Basisstation schickt Schallimpulse in deren Richtung, die von einem Hydrophon wahlweise reflektiert oder absorbiert werden. Aus dem mit einem Mikrofon der Basisstation aufgefangenen zurückgeworfenen Schall lässt sich so zwischen 0 und 1 unterscheiden, und auf diesem Wege werden die Bilder Bit für Bit übertragen. Ähnlich wie beim Detektorradio stammt die nötige Energie vor allem vom Sender, nur dass sie in diesem Fall auch für einen Rückkanal genutzt wird.

Eine Digitalkamera ohne Batterie: Die Unterwasserkamera im Einsatz (links) und die damit aufgenommenen Bilder (Mitte und rechts). (Quelle: MIT)

Beim bisher realisierten Prototyp können auf diesem Wege nur kurze Strecken überwunden werden, aber er demonstriert, dass eine Digitalkamera ohne Batterie ihre Energie allein aus ihrer Umgebung gewinnen kann, ohne dass jemals eine externe Stromquelle nötig wäre.

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Michael J. Hußmann

Michael J. Hußmann gilt als führender Experte für die Technik von Kameras und Objektiven im deutschsprachigen Raum. Er hat Informatik und Linguistik studiert und für einige Jahre als Wissenschaftler im Bereich der Künstlichen Intelligenz gearbeitet.

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4 Kommentare

    1. Ja, klar, wenn man elektrische Energie aus der Energie von Schallwellen gewinnt, muss man warten, bis es laut genug ist. Die Unterwasserkamera speichert die gewonnene Energie, und je stiller es ist, desto länger muss man auf das nächste Bild warten. Heutzutage ist es allerdings so, dass es in den Meeren eher zu viel Lärm gibt – frag die Wale, die deshalb ihre Orientierung verlieren.

  1. Die Krux dabei ist, dass zwar Schall zum Laden des Elkos gebraucht wird, dieser jedoch die Uebertragung stört. Aus der Tiefsee Bilder akustisch senden, dürfte lange frommer Wunsch der Militärs bleiben. Schon wenige Meter dieser geringen Sendeleistung (aus dem Elko) gehen im Rauschen der Wellen unter.
    Es geht hier eher um Startups, die Kapital generieren 😉

    1. Ja, wie gut sich diese Lösung auf größere Übertragungsdistanzen skalieren lässt, wäre noch zu prüfen; bislang ist das ja nur ein proof of concept. Aber was die Sendeleistung dank Elko betrifft: Die Unterwasserkamera selbst sendet gar nicht; das tut vielmehr die Basisstation. Die Kamera absorbiert oder reflektiert den von der Basisstation ausgehenden Schall, was viel weniger Energie erfordert, als wenn sie selbst Schall erzeugen müsste.

      (Ich erinnere mich, vor Jahrzehnten, als wir alle noch Antennen auf dem Dach hatten, mal eine Bastelanleitung für einen Prank – den man damals aber auch noch nicht so nannte –, gelesen zu haben, mit dem man die Nachbarn ärgern konnte: Man schließt eine Dipol-Antenne periodisch kurz, um das ursprüngliche Sendersignal zum Störsignal zerhackt zur Antenne des Nachbarn zu reflektieren. Fies, aber vielleicht marginal legal, da man ja selbst keinen Sender betreibt. Ich habe es nicht ausprobiert, aber das Funktionsprinzip war ähnlich – nur für elektromagnetische Wellen statt für Schallwellen.)

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