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Das Geheimnis der Filmpatrone

William Fagan, ein irischer Sammler mit einem Faible für alte Kameras, machte sich im August daran, einen rund 70 Jahre alten Kleinbildfilm unbekannter Herkunft zu entwickeln – der Beginn einer weltweiten Suche, dem Geheimnis der Filmpatrone auf der Spur.

Wie die FILCA-Filmkassette in seinen Besitz gekommen war, weiß der Dubliner nicht mehr. Sie gehörte wohl zu einer alten Leica IIIa aus den 30er oder 40er Jahren, aber von diesem Modell allein besitzt er drei Exemplare. FILCA-Kassetten sind wiederverwendbare Filmpatronen, die mit als Meterware gekauftem Kleinbildfilm befüllt wurden. Diese Kassette enthielt Filmmaterial der Marke Perutz; dessen Empfindlichkeit – die seinerzeit in Grad Scheiner statt in ISO gemessen wurde – war nirgendwo vermerkt. Der Fotograf hatte, wie sich später herausstellte, genug Film für 38 Bilder in die Patrone gezwängt, darauf 22 Fotos belichtet, den Film dann offenbar zurückgespult – aber niemals entwickelt.

Das Geheimnis der Filmpatrone
Das Geheimnis der Filmpatrone: Urlaubsfotos von 1951 – aber warum blieben diese Bilder fast 70 Jahre unentwickelt?

Fagan war neugierig, aber traute sich zunächst nicht an die Entwicklung eines so alten Films heran. Nachdem er die Expertin Mella Travers von The Darkroom konsultiert hatte, wählte er ein besonders schonendes Verfahren, das mit verdünntem Entwickler arbeitete und eine volle Stunde benötigte. Das Ergebnis waren perfekt belichtete Negative, von denen lediglich zwei durch Lichtlecks beeinträchtigt waren.

Mehrere Bilder zeigen eine junge Frau mit einem Langhaardackel, einige einen etwas älteren, vielleicht 40-jährigen Mann – anscheinend ein Paar mit Hund auf einer Urlaubsreise. Auch ihr Auto ist mehrfach zu sehen, ein BMW 315-Cabrio von 1935. Aber wer waren diese Menschen, wann und wo waren die Aufnahmen entstanden – und warum wurde der Film nie entwickelt?

Das Geheimnis der Filmpatrone
Das Geheimnis der Filmpatrone: Wer war der Mann, der offenbar die meisten anderen Aufnahmen auf der geheimnisvollen Filmkassette gemacht hatte?

William Fagan setzte auf die Schwarmintelligenz und veröffentlichte die Bilder und was er darüber herausgefunden hatte auf der Macfilos-Website von Mike Evans. Danach griff die BBC die Geschichte auf und schließlich auch Tageszeitungen wie die New York Times und die Süddeutsche Zeitung, woraufhin sich immer mehr Leser in den Kommentaren des Blog-Artikels an der Detektivarbeit beteiligten.

Die Reise ging offenbar nach Zürich und schließlich nach Italien; einige Aufnahmen entstanden am Lago di Como, wobei sich die Aufnahmestandpunkte mit Hilfe von Google Streetview präzise zuordnen ließen – so weit, dass beispielsweise ein Hotel ermittelt werden konnte, in dem das Paar übernachtet hatte, bis hin zum Stockwerk, in dem ihr Zimmer lag. Der Zeitpunkt der Reise ließ sich aufgrund verschiedener Indizien auf das Frühjahr 1951 eingrenzen. Da die Frau auf allen Fotos dasselbe Kleid trägt, handelte es sich vermutlich um einen Kurztrip mit leichtem Gepäck, vielleicht über Pfingsten 1951. Das Nummernschild des BMW stammte aus München und wurde 1948 von den US-Besatzungsbehörden ausgegeben. Der Besitzer des Autos, offenbar ein Münchner, ließ sich darüber nicht mehr ermitteln, denn die handschriftlich geführten Akten aus dieser Zeit sind verloren. Auch BMW konnte nicht weiterhelfen.

An dieser Stelle endet bislang die Spur; die Identität des Paars ist weiterhin unbekannt. Die Neue Zürcher Zeitung berichtete im Juli 1951 über den tödlichen Autounfall eines nicht namentlich genannten Ehepaars im Berner Oberland – war das also der Grund, weshalb der Film nicht vollständig belichtet und am Ende nicht entwickelt worden war? Aber wer hatte dann die Kamera an sich genommen und den Film zurückgespult? Vielleicht erinnert sich ja noch ein älterer Leser der Süddeutschen, der die Unbekannten kennt – der SZ-Artikel erschien erst in der jüngsten Wochenendausgabe.

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Michael J. Hußmann

Michael J. Hußmann gilt als führender Experte für die Technik von Kameras und Objektiven im deutschsprachigen Raum. Er hat Informatik und Linguistik studiert und für einige Jahre als Wissenschaftler im Bereich der Künstlichen Intelligenz gearbeitet.

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