Cover-Diskussion
Alle zwei Monate stehen wir bei DOCMA vor demselben Problem: Was kommt aufs Titelbild? In der Regel haben wir irgendwas Tolles im Heft, das man direkt übernehmen kann. Aber nicht alles, was ein tolles Bild ausmacht, qualifiziert es auch fürs Cover. So werden Sie zum Beispiel in Ausgabe 64 eine eindrucksvolle Montage des Franzosen Joolz finden, mit einem fetten, behäbigen Kugelfisch, der gerade einen Käfer herunterschlingt. Der Fisch ziemlich dunkel, der Hintergrund fast schwarz. Zwischen den vielen bunten Titeln im Zeitschriftenhandel würde ein solches Motiv völlig untergehen – ganz abgesehen davon, dass das Vieh nicht sonderlich sympathisch wirkt.
Andere Bilder aus dem kommenden Heft eigneten sich unter den zahlreichen Aspekten, die es zu berücksichtigen gilt, ebenso wenig. Und irgendein hochwertiges Bild zu nehmen, das mit dem Heftinhalt gar nichts zu tun hat, kommt sowieso nicht in Frage – da wäre die Enttäuschung der Leser programmiert.
Unsere Titelgeschichte von Olaf Giermann befasst sich diesmal mit Comic-Stilen. Also war es naheliegend, ein Bild zu nehmen, das dazu passt. Olaf produzierte einige Varianten, ebenso Christoph Künne und ich. Nachdem ich das halbe Wochenende mit diesem Projekt verbracht hatte, baute unser Art Director Johannes Wilwerding die Bilder in die Layout-Datei des Covers ein und schickte sie rum. Mit dem Ergebnis, dass meine Version keine Mehrheit fand. (Genau genommen war ich sogar der einzige, der sie ganz oben auf seine Präferenz-Liste setzte.) Wir diskutieren so was natürlich immer ganz sachlich. Aber tief drinnen war ich beleidigt.
Das Problem bei der Sache ist, dass es wenig Argumente gibt. Ein fetter, dunkler Kugelfisch auf schwarzem Grund kommt aus nachvollziehbaren Gründen nicht in Frage. Eine Montage mit erkennbaren technischen Mängeln ebenso wenig. Aber ob eine bestimmte Frau auf dem Cover nun eher sympathisch oder unsympathisch rüberkommt, ist eine Frage der Gefühle und individuellen Assoziationen. Da kommen die Argumente ganz schnell ans Ende – man mag etwas oder mag es nicht. Man kratzt dann verzweifelt noch ein paar rationale Gründe zusammen, aber die spielen höchstens am Rande eine Rolle. Bei ästhetischen Fragen geht es eben nicht um Gründe – wie Kant schon richtig anmerkte: Beim ästhetischen Urteil geht es um interesseloses Wohlgefallen.
Meine – zumindest von mir selbst hochgeschätzte – Illustration werden Sie also nicht auf dem nächsten DOCMA-Cover finden. Damit sie dem kulturellen Erbe der Menschheit aber nicht völlig verloren geht, dürfen Sie sie hier bewundern. Oder auch kritisieren wie meine Kolleg/innen: Die Frau ist zu dünn (so sah das Fotolia-Model nun mal aus; aber zugegeben, ich habe das Bild ausgewählt), der Apfel passt nicht, ist zu groß, der Schatten zu auffällig, und so weiter.
Aber Sie dürfen sich freuen: Wenn so eine tolle Illustration schon abgelehnt wird – wie wird dann erst die sein, für die wir uns schließlich entschieden haben?
Hallo Doc,
Deiner Selbstkritik ist nichts hinzuzufügen, zumindest aus meiner Sicht. Obwohl das Bild der Frau ist spitze. Was mich mehr interessiert, das ist der Weg, der zu diesem Bild (Cover) geführt hat. Damit meine ich nicht die Montage. Ist es möglich ihn zu erfahren?
Schönen Gruß
Richard
Mehr dazu erfährst Du im nächsten Heft; das Verfahren erläutert Olaf Giermann in seinem Comic-Styles-Tutorial.
Viele Grüße
Doc
Hallo Doc,
das abgelehnte ‚Cover‘ repräsentiert nicht die grundsätzliche Qualität des Magazins, somit eine absolut richtige Entscheidung.
Meine Wertschätzung Deiner und Eurer Arbeit hat damit noch ein Sternchen mehr bekommen, Respekt und Kompliment!
Mit herzlichen Grüßen
Ralf
Als Abonnent ist es mir offen gestanden ziemlich schnurz, was auf dem Cover abgebildet ist – die Inhalte des Heftes sind es, die mich interessieren. Einen Teaser, der meine Kaufentscheidung am Kiosk weckt, brauche ich nicht.