CCD-Sensoren: Last orders, please!
Die Epoche der CCD-Sensoren, die jahrelang die Digitalfotografie dominiert hatten, ist endgültig beendet. Sony, einer der wichtigsten Hersteller, ist schon vor etlichen Jahren aus deren Produktion ausgestiegen, und wer noch Sensormodule auf CCD-Basis braucht, muss sich mit der letzten Bestellung sputen.
Vor neun Jahren wurden Sonys Pläne bekannt, die CCD-Produktion 2017 auslaufen zu lassen; bis 2020 sollten sie allerdings noch lieferbar sein. Der Zeitplan scheint sich danach etwas verschoben zu haben, aber im Frühjahr haben Sony-Distributoren wie Framos und SVS-Vistek angekündigt, dass CCD-Produkte nur noch bis September beziehungsweise August dieses Jahres bestellt werden können. In der bildmäßigen Fotografie hatten CCDs ja schon länger keine Rolle mehr gespielt, und auch für industrielle Anwendungen gibt es CMOS-Alternativen – teilweise sogar Pin-kompatible CMOS-Chips, die CCDs eins-zu-eins ersetzen können.
Fotografen, die in den letzten 20 Jahren in die Digitalfotografie eingestiegen sind, wird der Begriff CCD (Charge-Coupled Device) vielleicht gar nicht mehr viel sagen, aber diese Technologie hatte jahrelang den Stand der Technik markiert. Als Canon dann im Sommer 2000 die EOS D30 ankündigte, die erste DSLR mit CMOS-Sensor, war die Verblüffung deshalb groß. Auch manche Experten bezweifelten seinerzeit, dass CMOS-Sensoren in DSLRs jemals mehr als ein Kuriosum sein würden. Damals basierten alle hochwertigen Kameras auf der CCD-Technologie; CMOS-Sensoren fand man nur in Spielzeugkameras, Webcams und namenlosen Billigprodukten. Kurz gesagt: Wer die Bildqualität priorisierte, setzte auf CCDs; wer nur auf den Preis schaute, griff zu CMOS-Chips.
Schon die allererste Digitalkamera, die Steve Sasson 1975 bei Kodak entwickelt hatte, verwendete ein CCD. Sassons Entwicklungsprojekt war gerade dadurch motiviert gewesen, dass man eine sinnvolle Anwendung für einen CCD-Sensor suchte. CCD-Sensoren sind sehr einfach aufgebaute analoge Schaltungen; sie bestehen im Prinzip nur aus Speichern für elektrische Ladungen, wie sie vom darauf fallenden Licht erzeugt werden. Um diese Ladungen nach dem Ende der Belichtung auszulesen, so dass sie schließlich digitalisiert werden können, sind keine weiteren Komponenten nötig. Alle Ladungsspeicher einer Pixelzeile leiten ihre Ladung jeweils an die Speicher in der Zeile darunter weiter; nach dem Prinzip einer Eimerkette wandern sie Schritt für Schritt nach unten, wo die Ladungen in Spannungen umgewandelt und die Spannungen (außerhalb des CCD-Chips) digitalisiert werden. Zum Auslesen müssen daher nur die Schleusentore zwischen den Speichern geöffnet und wieder geschlossen werden.
Dieser einfache Aufbau hat den Vorteil, dass fast die gesamte Fläche des Chips genutzt wird, um Licht in Elektrizität umzuwandeln und die so entstehenden elektrischen Ladungen zu speichern. Deshalb kann man auf der Fläche eines Bildpixels auch zwei Ladungsspeicher unterbringen, wobei der zweite vor Licht geschützt ist und nur als Zwischenspeicher dient: Am Ende der Belichtungszeit werden alle gesammelten Ladungen auf einen Schlag in die jeweils daneben liegenden Zwischenspeicher geleitet, aus denen man sie in aller Ruhe auslesen kann. Mit solchen Interline-transfer-CCDs lässt sich ein globaler elektronischer Verschluss realisieren, der extrem kurze Verschlusszeiten ohne die Artefakte eines CMOS-Sensors mit Rolling Shutter unterstützt. In dieser Hinsicht waren manche 20 Jahre alten Kameras heutigen Modellen überlegen.
CMOS-Sensoren ähneln dagegen digitalen Speicherchips. Wie bei diesen kann man die einzelnen Elemente über eine integrierte Ausleseelektronik direkt adressieren. Auch ihre Herstellung folgte dem Muster digitaler Speicherchips, und sie wurden zunächst auch auf den gleichen Produktionsstraßen gefertigt, was zu günstigen Verkaufspreisen führte. Ein empfindlicher Nachteil war allerdings ihr visuell auffälliges Rauschen. Kleine Abweichungen vom Sollwert sind in der Digitalelektronik ohne Belang, da ja nur zwischen zwei Zuständen unterschieden werden muss, die für 0 beziehungsweise 1 stehen. Bildsensoren hingegen sind analoge Bauelemente und müssen auch feine Zwischenwerte präzise unterscheiden. Ein weiterer Nachteil entsteht durch die in jedem Pixel nötigen zusätzlichen Transistoren, die ihrerseits einen Teil der verfügbaren Fläche beanspruchen, die dann nicht zum Sammeln von Licht und zur Ladungsspeicherung genutzt werden kann.
Das ursprünglich sehr augenfällige Rauschen der CMOS-Sensoren war überwiegend ein fixed-pattern noise, also ein Rauschmuster, das von Aufnahme zu Aufnahme gleich bleibt. Schon mit der EOS D30 konnte Canon zeigen, dass es sich in den Griff bekommen und mit CMOS-Sensoren eine ähnliche Bildqualität wie mit CCDs erzielen ließ. Heutzutage eliminiert das zweifache Auslesen mit correlated double sampling feste Rauschmuster, und moderne Sensoren mit auf dem Chip integrierten Analog/Digital-Wandlern, die alle Pixel einer Zeile parallel digitalisieren – eine Technologie, die überhaupt erst mit CMOS-Sensoren möglich wurde –, erzeugen so wenig Rauschen, dass man es fast nur noch mit dem Photonenrauschen zu tun hat, also dem Rauschen des Lichts selbst. Insbesondere bei höheren ISO-Werten können CCDs nicht mehr mit CMOS-Sensoren mithalten. Nur ein globaler elektronischer Verschluss erfordert bei CMOS-Sensoren noch immer gewisse Kompromisse hinsichtlich der Bildqualität, aber auch das wird wohl nicht mehr lange so bleiben.
Die Zeit der CCD-Sensoren war nicht schlecht, aber sie ist vorbei – endgültig.
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