Blog

Canon vs. Sony – ein ungleicher Kampf? Kamerahersteller im Vergleich

Ein Vergleich der Kamerahersteller Canon und Sony bringt Interessantes zutage. Gerade erst hat Canon mit der 50 Megapixel auflösenden EOS 5DS Nikons und Sonys Rekord geknackt, da kündigt derselbe Hersteller die Videokamera ME20F-SH mit EF-Bajonett an, die Aufnahmen mit mehr als ISO 4.000.000 (in Worten: vier Millionen) erlauben soll. Das könnte den Eindruck erwecken, dass Canon mit seinen selbstentwickelten CMOS-Sensoren wie gewohnt Maßstäbe setzt, aber dem ist nicht so. Tatsächlich scheint Canon gegenüber Sony ins Hintertreffen geraten zu sein.

Canon hatte vor 15 Jahren begonnen, CMOS-Sensoren statt der damals üblichen CCDs in seinen DSLRs zu verbauen, und konnte sich damit für viele Jahre einen Vorsprung gegenüber den Mitbewerbern sichern. Anders als Canon, die ihre Sensoren nur für die eigenen Kameras verwenden, hat Sonys Sensorsparte immer auch die Mitbewerber beliefert und sich so zum mit Abstand führenden Sensorhersteller entwickelt. Diese Führungsposition bezieht sich nicht allein auf die Quantität, also die verkauften Stückzahlen; Sonys Sensoren sind inzwischen auch technologisch führend, was sich in einem Vorsprung bei der Bildqualität äußert.

Kamerahersteller: Canon EOS 5DS
Canon EOS 5DS

Das Problem mit Canons Sensoren wird deutlich, wenn man sich die Kenndaten der neuesten Modelle anschaut. Die EOS 5DS hat eine beeindruckende Auflösung von 50,6 Megapixeln, mit der sie die meisten Mittelformatkameras übertrifft. Dazu mussten die Sensorpixel gegenüber dem drei Jahre alten Vorgängermodell EOS 5D Mark III, das „nur“ 22,3 Megapixel auflöste, verkleinert werden; das Pixelraster misst etwa 4,1 statt 6,25 µm. Die Pixelfläche ist damit 2,28 mal kleiner, was rein rechnerisch etwa 1,2 Blendenstufen entspricht. Würde alles andere gleich bleiben, müssten wir einen Verlust an Dynamikumfang und Rauschabstand um diese 1,2 Blendenstufen erwarten und der maximale ISO-Wert würde um den Faktor 2,28 kleiner sein. Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigten allerdings, dass die Sensorhersteller den Nachteil einer geschrumpften Pixelfläche meist durch technologische Kniffe ganz oder teilweise wettmachen können; nicht selten schnitt ein neuer, höher auflösender Sensor sogar besser als sein Vorgänger ab.

Vergleicht man nun aber die maximale Empfindlichkeit der EOS 5DS und der 5D Mark III, so ist sie von ISO 25.600 auf 6.400 gefallen (oder von ISO 102.400 auf 12.800 im erweiterten Modus), mithin um zwei bis (im erweiterten Modus) drei Blendenstufen. Also nicht weniger als die rechnerischen 1,2 Blendenstufen, sondern deutlich mehr. Falls der Kamerahersteller Canon nicht dazu übergegangen sein sollte, die Qualitätsansprüche heraufzusetzen und daher auf allerhöchste ISO-Werte mit zweifelhaftem Nutzen zu verzichten, dann arbeitet der neue Sensor weniger effektiv als der alte.

Kamerahersteller: Canon ME20F-Sh von vorne
Canon ME20F-Sh von vorne
Kamerahersteller: Canon ME20F-Sh von der Rückseite
Canon ME20F-Sh von der Rückseite

In diesem Zusammenhang ist auch ein Vergleich mit der Videokamera ME20F-SH interessant, deren Sensor auf höchste Lichtausbeute optimiert ist. Bei einem Pixelraster von großzügigen 19 µm löst der Sensor 2,25 Megapixel auf. Im Vergleich zur EOS 5DS sind die Pixel flächenmäßig 21 Mal größer, was einen um denselben Faktor höheren maximalen ISO-Wert erwarten ließe. Die gut 4 Millionen ISO der ME20F-SH liegen aber mehr als 300 Mal über der Maximalempfindlichkeit der EOS 5DS. Zugegeben: Bei ISO 4.000.000 kann jedes Pixel nur noch eine Handvoll Photonen einfangen und die Farb- und Tonwertabstufungen dürften so grob sein, dass ein so erzeugtes Bild nur für Überwachungsaufgaben und ähnliche Einsatzgebiete brauchbar sein wird. Aber diese prinzipbedingten Einschränkungen ändern nichts daran, dass die Pixel der ME20F-SH weit mehr als nur proportional empfindlicher sind als die Pixel der EOS 5DS.

Kamerahersteller: Sony Alpha 7R II
Sony Alpha 7R II

Diese Diskrepanz ist an sich nicht überraschend, denn die engen Strukturen kleiner Sensorpixel machen es schwierig, das einfallende Licht vollständig zu verwerten (siehe DOCMA 65, Seite 94ff.). Dass sich solche Probleme aber durchaus bewältigen lassen, stellt der Kamerahersteller Sony unter Beweis. Die Sensorpixel der neuen Alpha 7R II sind nur wenig größer als die der EOS 5DS; Sonys neues Spitzenmodell löst damit 42,4 Megapixel auf, lediglich 16 Prozent weniger als die EOS. Ihre Maximalempfindlichkeit erreicht aber ISO 102.400, denselben Wert wie die drei Jahre alte EOS 5D Mark III mit 22,3 Megapixeln. Dass es Sony tatsächlich geschafft zu haben scheint, die Sensorpixel ohne Qualitätseinbußen zu verkleinern, legen auch erste Vergleichstests nahe. Canon kann zwar mit einer Rekordauflösung punkten, aber wenn es um die Summe aller qualitätsbestimmenden Faktoren geht, hat Sony klar die Nase vorn – zumal sie nur deshalb keinen 50-MP-Sensor verwenden, weil 42 Megapixel besser geeignet sind, daraus 4K-Videobilder zu berechnen.

Nun wäre Sony nicht Sony, wenn die Kameraentwickler die Leistungen der Sensorentwickler nicht noch teilweise konterkarieren würden; anders lässt es sich kaum beschreiben, dass der Kamerahersteller Sony stur bei einer nicht abschaltbaren verlustbehafteten Kompression der Raw-Daten bleibt. Aber auch mit diesem Hemmschuh scheint die Sony immer noch der neuesten Canon überlegen zu sein. Bei dem Kamerahersteller Canon wird man sich Gedanken machen müssen, wie der technologische Rückstand aufzuholen ist, den hohe Megapixelzahlen allein nicht mehr verdecken können.

Michael J. Hußmann: Kamerahersteller
Michael J. Hußmann
Zeig mehr

Michael J. Hußmann

Michael J. Hußmann gilt als führender Experte für die Technik von Kameras und Objektiven im deutschsprachigen Raum. Er hat Informatik und Linguistik studiert und für einige Jahre als Wissenschaftler im Bereich der Künstlichen Intelligenz gearbeitet.

Ähnliche Artikel

2 Kommentare

  1. Also zuerst zu schreiben, dass Canon ins Hintertreffen geraten scheint, aber dann die ME20F-Sh (mit ein paar Mutmaßungen) anzuführen, widerspricht sich das nicht ein wenig?

    Und dann Sensoren anhand der Höchst-ISO Werte als besser oder schlechter einzustufen finde ich arg amüsant. Einstiegs-Konsumenten-Logik möchte man da fast sagen, Zahl größer also besser. Da rutscht mir ja fast ein veraltetes LOL raus.

    Professionelle Fotografen sind weniger mit Tech-Specs zu beeindrucken als mit genereller Verlässlichkeit der Produkte und der Produktbreite der verfügbaren Linsen die sich ohne Adapter anschließen lassen, deswegen ist die alte 5DMk3 auch immer noch der Quasi-Standard.
    Canon weiß das ebenfalls und hat für die 5DS erst garkeine wahnwitzigen ISO-Zahlen eingeführt, da diese Kamera hauptsächlich für maximale Qualität bei der Studio- und Landschaftsfotografie gedacht ist und sie diesem Zielkonsumentenkreis wahrscheinlich die Intelligenz zusprechen, sich nicht von Marketingzahlen beinflussen zu lassen.

Schreiben Sie einen Kommentar

Bitte melden Sie sich an, um einen Kommentar zu schreiben.

Back to top button