Wie bekommt man ein Vollformat-Objektiv wie das Sigma Art 50 Millimeter f/1.4 an eine Mittelformat-Kamera? Mal abgesehen davon, dass solche Adaptionen eigentlich der Logik von Sensorkategorien widersprechen, baucht man dazu nur einen passenden Adapter. Idealerweise einen, der Kamera und Objektiv nicht einfach nur „verkuppelt“, sondern auch noch Informationen wie etwa die Blendeneinstellung überträgt. Wenn es ganz komfortabel vonstatten geht, ermöglicht der Adapter es auch, mit dem artfremden Objektiv die Autofokusfunktion weiterhin zu nutzen.
Vier Adapter zur Wahl
Für das GFX-System von Fuji, zu dem aktuell vier Modelle mit 50 und 100 Megapixel Auflösung zählen, gibt es mehrere Adapter, die solche Funktion versprechen. Zumindest für den Anschluss von Canon-Vollformat-Objektiven. Einer kommt von der Firma Techart (ca. 450 Euro), zwei von Metabones (ca. 550 bis 900 Euro) und ein dritter von Viltrox. Der kostet nur 230 Euro und galt lange als funktional schlechteste Option, um diese Aufgabe zu lösen.
Ich kann an dieser Stelle schon ein Testergebnis vorwegnehmen: Inzwischen macht der Adapter alles, was er soll; also Daten korrekt übertragen und schnell auto-fokussieren. Damit sind zumindest zwei der vier Konkurrenzprodukte schlicht zu teuer geworden. Das hochpreisigste, der Metabones Smart-Adapter mit eingebauter Linse zur Brennweitenkorrektur spielt in einer anderen Liga und eignet sich zumindest nicht für Monster-Bokeh-Effekte, weil er die Blendenöffung um 2/3 Blendenstufen reduziert.
Warum sollte man das tun?
Jetzt, wo wir wissen, dass man Canon-Kleinbildobjektive prinzipiell vor Mittelformat-Kameras schrauben kann, stellt sich die Frage nach dem praktischen Nutzen. Zumal diese Möglichkeit nicht nur an Fuji-Kamera besteht, sondern es auch EOS-Autofokus-Adapter für Hasselblads X1D gibt.
Der Nachteil einer derartigen Umnutzung liegt auf der Hand: Auch wenn die Canon-Objektive von Haus aus ein sehr üppig bemessenes Bildfeld haben, das nicht an den Grenzen des Vollformats endet, dürften bei den meisten Objektiven – speziell beim Einsatz im Offenblendmodus – starke Vignettierungen zu sehen sein.
Wer die nicht mag, kann aber in modernen Zeiten ganz einfach die automatische Objektivkorrektur von Lightroom einschalten und hat so per Knopfdruck die Vignettierung fast gänzlich aus der Welt gerechnet.
Mit der Möglichkeit dieses Kunstgriffs im Hinterkopf können wir uns den Vorteilen der Mischnutzung zuwenden. In der Wolle gefärbte Fuji-Fans würden so etwas natürlich nie tun. Sie ziehen es vor, die „echten“ GFX-Objektive vors Gehäuse zu schrauben.
Aber so viel Purismus kostet natürlich auch einen Haufen Geld. Das originale 50-Millimeter-Objektiv mit f/3.5 ist handlich wie ein Pancake an der Test Fuji GFX 50R, dafür aber mit rund 1500 Euro Listenpreis nicht eben ein Schnäppchen. Obwohl das Sigma Art 50 Millimeter mit Blende f/1.4 und einem Listenpreis von knapp 800 Euro auch keine Billiglinse ist, zumal der Adapter ja auch bezahlt sein will, ist man doch mit knapp 1000 Euro für die Kombination deutlich günstiger bedient. Und natürlich ist das Ganze unhandlicher. Dafür kann man aber so weit aufblenden, dass die Ergebnisse den Vergleich mit Leicas Noctiluxen kaum scheuen müssen.
Bildqualität
Doch bevor wir uns am Bokeh erfreuen, bleiben wir noch ein wenig ernst und werfen einen Blick auf die Bildqualität. Ich muss gestehen, ich bin im tiefsten Herzen bekennender Mittelformat-Fan. Leider kann ich immer weniger faktische Gründe dafür ins Feld führen. Ich sehe es den Bildern oft einfach an, dass sie mit einer Mittelformatkamera aufgenommen wurden. Aber ich kann – trotz vieler Jahre des Bemühens – die Unterschiede kaum oder nur im Einzelfall artikulieren. Zudem erlebe ich in letzter Zeit immer öfter, dass ich mich bei der Einschätzung irre. Ich vermute, das liegt an zwei Faktoren: Einerseits gibt es immer weniger Mittelformat-Kameras mit 4,5 × 6 Zentimeter großen Sensoren. Andererseist hat das Vollformat mit der 40- bis 60-Megapixel-Klasse und mit den dazu passend gerechneten neuen Objektiven erheblich aufgeholt.
Das macht sich auch in unserem Test bemerkbar. Das Sigma Art 50 f/1.4 gilt – trotz des vergleichsweise günstigen Preises – als eines der schärfsten seiner Art und wird gerne in einem Atemzug mit dem Zeiss Otus 55 f/1.4 genannt. Entsprechend gut hat es sich denn auch im Vergleich bei kleinen Blendenöffnungen gezeigt. Bei f/3.5 oder f/5.6 waren auch bei intensiver Suche in den Motiven keine merklichen Unterschiede in der Bildqualität festzustellen.
Vielleicht findet man ja bei 100 statt 50 Megapixel Auflösung Qualitätsunterschiede. Aber das müsste ein anderer Test zeigen.
Bokeh
Hier ging es ja in erster Line ums Bokeh, also die Hintergrundunschärfe und die Art wie die Schärfe in die Unschärfe hinein verläuft, um den fokussierten Bildbereich optisch vom Hintergrund freizustellen. Legt man zugrunde, dass der Mittelformat-Chip der Fuji GFX 50R mit 33 mal 44 Millimeter Größe etwa 50 Prozent mehr Fläche besitzt als ein Vollformtsensor, steigert sich die Wirkung der Offenblende f/1.4 um eine halbe Blendenstufe auf f/1.2. Hier liegt der große Reiz der Adaptier-Aktion. Einen ähnlichen oder noch etwas stärkeren Freistellungs-Effekt erzielt man selbstredend mit den Fuji-GFX-Originalobjektiven, wie etwa dem 110-Millimeter F/2 (ca. 3000 Euro) oder dem 80-Millimeter f/1.7 (ca. 2300 Euro).
An dieser Stelle muss man auf zwei Nebenwirkungen hinweisen, die sich aus der Adapterlösung ergeben: Die Schärfeebene bei derart extremen Werten bewegt sich im Millimeterbreich. Bei einem 50-Millimeter-Porträt (das vom Bildwinkel her einer 40-Millimeter-Kleinbild Perspektive entspricht) mit einem Meter Aufnahmedistanz werden gerade mal 14 Millimeter in der Tiefe scharfgezeichnet. Vermutlich weil das so ist, arbeitet auch der Autofokus der GFX in Kombination mit dem Viltrox-Adaper nicht bei jedem Bild maximal präzise.
Fazit
Wer eine Fuji GFX in der 50 Megapixel-Klasse besitzt und sein Objektivportfolio für vergleichsweise wenig Geld erweitern möchte, sollte über die Anschaffung eines EOS-Adapters nachdenken. Dank digitaler Vignettierungskorrektur dürfte die Bildqualität zumindest bei den aktuellen Kleinbild-Objektivrechnungen kein Störfaktor sein. Besitzer hochöffnender Festbrennweiten können bei dieser Mischnutzung zudem Spaß am Bokeh der Objektive haben.