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Autonome Killer-Copter

Er sieht aus wie ein gewöhnlicher Quadrocopter mit Kamera, aber der KARGU ist ein Killer-Copter, eine Kamikazedrohne, die – mit künstlicher Intelligenz ausgestattet – selbstständig Ziele angreift. Militärische Killer-Roboter sind nicht länger Science Fiction, sondern spätestens seit dem letzten Jahr Realität.

Autonome Killer-Copter
Die Kamikazedrohne KARGU des türkischen Rüstungsunternehmens STM

Als kleine Copter vor ein paar Jahren in eine erschwingliche Preiskategorie gerieten und immer öfter als fliegende Kameraplattformen genutzt wurden, störten sich manche am oft verwendeten Begriff „Drohne“ für solche Fluggeräte. Bei „Drohne“ dachte man schließlich an militärische Drohnen wie den General Atomics MQ-9 „Reaper“, mit dem die USA echte oder vermeintliche Terroristen durch Raketenbeschuss tötete, während die populären Quadrocopter weitgehend harmlos waren – zumindest dann, wenn ihr Pilot wusste, was er tat, und darauf achtete, keinen Schaden anzurichten. Ganz ähnliche Copter werden aber auch zu militärischen Zwecken gebaut, und wie man einem Report der UN entnehmen kann, wurden autonom agierende Killer-Copter bereits im vergangenen Jahr im libyschen Bürgerkrieg mit tödlicher Wirkung eingesetzt.

Autonome Killer-Copter
Autonome Killer-Copter: Die Killerdrohne KARGU kann Ziele automatisch erkennen, verfolgen und selbstständig angreifen.

Seit Jahren warnen Experten davor, dass Drohnen nicht nur aus sicherer Entfernung ferngesteuert für die extralegale Hinrichtung mutmaßlicher Terroristen eingesetzt werden, sondern auch völlig autonom nach vorprogrammierten Kriterien Ziele auswählen und bekämpfen – also töten – könnten. Es gab auch die Forderung, autonome Killer-Roboter zu verbieten, doch dafür scheint es nun zu spät zu sein. In Libyen, wo sich seit Jahren verfeindete Milizen bekämpfen, die jeweils von ihren ausländischen Verbündeten unterstützt werden, hat die Türkei im März 2020 verschiedene Arten von Drohnen eingesetzt. Darunter waren autonome Kamikaze-Quadrocopter des Typs KARGU-2, mit denen fliehende Truppen des Warlords Chalifa Haftar angegriffen wurden. Die KARGU-Quadrocopter sind ein Produkt des türkischen Rüstungsunternehmens STM, das deren Fähigkeiten auf YouTube bewirbt. In einem Film wird gezeigt, wie ein autonomer Schwarm solcher Drohnen Fahrzeuge und eine Gruppe von Menschen angreift.

In einem Expertenbericht vom 8. März dieses Jahres an den UN-Sicherheitsrat wird beschrieben, was während der Operation „Peace Storm“ im März des vergangenen Jahres geschehen war: „Logistics convoys and retreating HAF were subsequently hunted down and remotely engaged by the unmanned combat aerial vehicles or the lethal autonomous weapons systems such as the STM Kargu-2 … and other loitering munitions. The lethal autonomous weapons systems were programmed to attack targets without requiring data connectivity between the operator and the munition: in effect, a true “fire, forget and find” capability.“

Autonome Killer-Copter
Autonome Killer-Copter: KARGU soll auch „weiche Ziele“, also Menschen attackieren.

Zum ersten Mal ist damit der Einsatz autonomer Killerdrohnen dokumentiert. Solche Waffen fallen unter den Oberbegriff „loitering munitions“, also „herumtrödelnde“ Waffen, die nicht sofort explodieren, sondern darauf warten, dass ein Ziel in Reichweite kommt. Sie sind ein fester Bestandteil der modernen Kriegsführung, wurden aber bislang durchweg ferngesteuert – von einem Operator, der irgendwo auf der Welt vor seinem Computer saß und die Waffe gegebenenfalls aktivierte. Autonome Waffen wie KARGU sind dagegen von „fire and forget“-Typ – nach dem Start suchen sie selbstständig ein Ziel und entscheiden mit ihrer künstlichen Intelligenz, wen sie töten sollen. Störsender, die die Funkfernsteuerung von Drohnen unterbrechen sollen, sind daher unwirksam. Mit der türkischen Armee besitzt mindestens ein NATO-Mitglied solche Waffen und setzt sie auch bereits ein, aber sie werden auch zum Arsenal anderer Armeen gehören, ob nun innerhalb der NATO, in Russland oder China.

Autonome Killer-Copter
STM demonstriert die tödliche Wirkung seiner Killerdrohne.

Aus dieser Perspektive sieht man seine Fotodrohne vielleicht mit anderen Augen. Es ist ja eine feine Sache, wenn einem der Copter immer hinterher fliegt und für Selfies aus der Luft sorgt, aber dieselbe Technologie könnte auch ein Killer-Copter nutzen – dazu wäre nur eine Explosivladung als zusätzlicher Nutzlast nötig. Ein künstlich intelligenter Copter mit Gesichtserkennung könnte den ehrenwerten Beruf des Profikillers überflüssig machen, denn die Drohne ist vermutlich preisgünstiger, zuverlässiger und vernichtet nach erfülltem Auftrag per Selbstzerstörung alle Beweise. Man könnte auch keine Funkverbindung zu einem Sender zurückverfolgen, denn die Killer-KI handelt ja autonom. Die einst so klare Unterscheidung zwischen böser Drohne und harmlosem Quadrocopter scheint hinfällig geworden zu sein.

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Michael J. Hußmann

Michael J. Hußmann gilt als führender Experte für die Technik von Kameras und Objektiven im deutschsprachigen Raum. Er hat Informatik und Linguistik studiert und für einige Jahre als Wissenschaftler im Bereich der Künstlichen Intelligenz gearbeitet.

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