Artemis 1: Selfies im All
Selfies von Raumfahrzeugen liegen seit Jahren im Trend; so haben alle Mars-Rover mit Roboterarm diesen genutzt, um sich selbst zu fotografieren. Auch das Orion-Raumschiff von NASA und ESA, das gerade in der ersten Mission des Artemis-Programms einen Rundflug zum Mond und zurück absolviert, ist üppig mit Selfie-Kameras ausgestattet. Bei Apollo 13, das vor 52 Jahren einen ähnlichen Rundkurs flog, gab es die leider noch nicht.
Am 14. April 1970, Apollo 13 war da schon zwei Tage unterwegs zum Mond, hörten die Astronauten einen „ziemlich lauten Knall“. Was passiert war, blieb einige Zeit unklar und ließ sich nur aus den irregulären Messwerten erschließen – die Brennstoffzellen lieferten teilweise keine elektrische Energie mehr und der Druck in den Sauerstofftanks fiel ab; außerdem schien von irgendwoher Gas auszutreten. Im Servicemodul, das zusammen mit der Kapsel das Apollo-Raumschiff bildete, waren zwei Sauerstofftanks explodiert und entließen ihren Inhalt in den Weltraum. Ein komplettes Desaster, denn Sauerstoff wurde nicht nur zum Atmen, sondern auch für den Antrieb und für die Stromversorgung mit Brennstoffzellen benötigt.
Aber davon bekamen die Astronauten nichts zu sehen. Das Servicemodul lag in ihrem Rücken und damit im toten Winkel. Erst Tage später, als sich die Kapsel nach einer Umrundung des Mondes und der erfolgreichen Rückkehr zur Erde vor dem Wiedereintritt in die Atmosphäre vom Servicemodul getrennt hatte, offenbarte sich ihnen das volle Ausmaß der Havarie. Dass sie diese überhaupt überleben konnten, verdankten sie der angekoppelten Mondlandefähre, die ja unabhängig vom Apollo-Raumschiff operieren konnte, wenn sie auch weder für drei Astronauten noch für eine so lange Zeit ausgelegt war, wie sie der Rückflug in Anspruch nahm – hier mussten die Astronauten improvisieren (und die Heizung zurückdrehen).
Damals gab es keine außen montierten Kameras, mit denen man das Raumschiff hätte inspizieren können; alle Fotos dieser und der anderen Apollo-Missionen wurden von den Astronauten aufgenommen, und innerhalb der Apollo-Kapsel hatten sie nur den Ausblick durch die Fenster des Raumschiffs.
Das Orion-Raumschiff, das derzeit in einer ersten, noch unbemannten Mission zwischen Erde und Mond unterwegs ist, ist dagegen verschwenderisch mit externen Kameras ausgestattet. Das Raumfahrzeug besteht aus dem Crew Module, also der kegelförmigen Kapsel, die Platz für vier Astronauten bietet, dem von der ESA gebauten Servicemodul und dem Crew Module Adapter (CMA), der beide miteinander verbindet. Kameras befinden sich nicht nur auf dem CMA (insgesamt drei, von denen zwei extern montiert sind), sondern auch an den Enden jedes der vier Solarmodule des Servicemoduls, die sich zu einer X-Wing-Konfiguration entfalten und um zwei Achsen drehen können, um immer optimal zur Sonne ausgerichtet zu sein.
Die Solarmodule können damit gleichzeitig als Selfie-Sticks dienen, mit denen sich der Blickwinkel der Kameras steuern lässt, und sie wurden im Laufe der Artemis-1-Mission auch bereits ausgiebig genutzt, um Selfies des Raumschiffs mit Erde, Mond oder beiden im Hintergrund aufzunehmen. Hier handelt es sich übrigens um handelsübliche Kameramodule, die lediglich für die Einsatzbedingungen im Weltraum modifiziert worden sind.
Würde bei einer Artemis-Mission ein ähnliches Problem wie bei Apollo 13 auftreten, dann hätten die Astronauten und die Bodenstation also einen elektronischen „Rückspiegel“, um nachzuschauen, was passiert ist.
Das Design von Orion ist auch in anderer Hinsicht dem von Apollo überlegen. Apollo-Raumschiffe hatten damals keine Solarmodule; die für Licht, Heizung, Kühlung, für Umwälzpumpen, den Betrieb der Elektronik und so weiter benötigte elektrische Energie musste mit Brennstoffzellen aus den Wasserstoff- und Sauerstoff-Vorräten erzeugt werden. Orion dagegen erzeugt mit seinen vier Solarmodulen so viel Strom, dass zwei Haushalte damit versorgt werden könnten. Übrigens nach US-Standard mit 120 Volt.