Alle Jahre wieder: Scheiß-Jury-Entscheidungen
Es wäre ja auch seltsam gewesen, wenn sich in diesem Jahr mal kein Nörgler gemeldet hätte, der sich die Entscheidungen der DOCMA-Award-Jury nur mit deren schlechtem Geschmack oder offensichtlicher Parteilichkeit erklären kann. Immerhin ist der Anlass des Verrisses diesmal ein ganz neuer. Doc Baumann klärt Sie über Geschmacksverirrungen und Jury-Beeinflussung auf.
Wir sind’s ja gewöhnt. Irgendwer ist in jedem Jahr garantiert nicht mit den Jury-Entscheidungen zum DOCMA Award einverstanden. Das ist natürlich das gute Recht von jedem, ob er oder sie nun teilgenommen hat und sich ärgert, nicht platziert worden zu sein, oder ob man sich das Ganze nur von außen anschaut und Bewertungen nicht nachvollziehen kann und Erklärungen dafür sucht, warum eine Jury anders urteilt als man selbst.
In der Regel ist irgendjemand aus dieser Jury persönlich Schuld – in der Regel bin ich das. So hatten wir einen Teilnehmer, der mal zu den Gewinnern gehört hatte, mal nicht. Das „mal nicht“ erschien ihm unerträglich, und da es natürlich nicht an der Qualität seiner Werke liegen konnte, musste es eine andere Ursache geben. Zum Beispiel Doc Baumann, der sich gegen ihn verschworen und seine Bilder der Jury gar nicht erst vorgelegt hatte. Der logische Schluss: Hätte die Jury seine Bilder gesehen, hätte sie gar nicht anders gekonnt, als ihn auf Platz 1 zu setzen.
Nachdem das wiederholt vorgekommen war und die Qualität der Vorwürfe und Unterstellungen nicht mehr zu unterbieten war und pathologische Züge annahm (trotz Erklärungen anderer Juroren, sie hätten die Bilder sehr wohl gesehen), machte ich ihm einen Vorschlag zur Güte: Entweder er erkläre, beim kommenden Wettbewerb freiwillig nicht mehr teilzunehmen, oder wir würden die offiziellen Teilnahmebedingungen erweitern: Mitmachen darf jeder – mit Ausnahme von Herrn …
Andere waren nicht ganz so penetrant, aber letztlich lief es meist auch bei denen darauf hinaus, die Jury habe aus persönlicher Abneigung geurteilt – umgekehrt bei den Gewinner/innen selbstverständlich aus persönlicher Sympathie.
Nun wissen alle, die jemals an einer solchen Sitzung teilgenommen oder die Berichte in DOCMA gelesen haben, dass so was praktisch gar nicht möglich ist. Auf jedem der zur Bewertung ausliegenden Ausdrucke stehen lediglich die folgenden Daten: Titel der Bildes, Teilnehmerkategorie, Teilnehmernummer sowie laufende Nummer der von ihm eingereichten Bilder. Das war’s. Mit Ausnahme eines DOCMA-Mitarbeiters – der aber während der Jurierung fürs Protokoll zuständig ist – kennt keiner die Namen der Einsender, und die will auch keiner kennen. Es geht schließlich nur um Qualität. Und welche zusätzlichen Mittel als nachvollziehbare Argumente könnte ein Jurymitglied auch aufbieten, um alle anderen in seinem Sinne zu beeinflussen?
Scheiß-Jury-Entscheidung: Alle vom Verleger abhängig
In diesem Jahr lautete der Vorwurf eines Mail-Absenders mal nicht, ich hätte tolle Werke unter den Tisch fallen lassen, sondern:
„Wie ist es möglich, dass so schlechtes Bild in der Master Kategorie zum Gewinner gekürt wird! Seitdem man, als Juryvorsitzenden Rockerbräute Ablichter, hat. Und alle anderen in der Jury von ihm als Verleger abhängig sind. Denn es ist schwer vorstellbar, dass alle so schlechten Geschmack haben. :-))))“
Das schlechte Deutsch lassen wir mal außen vor, der Absender ist, wie kurzes Googeln zeigte, gebürtiger Pole.
Seine erste Frage ist noch durchaus berechtigt. Er hat das gute Recht, ein Bild schlecht zu finden, und wenn es die Jury einstimmig auf Platz 1 gesetzt hätte. Eine andere Jury wäre womöglich zu einem anderen Ergebnis gelangt; die Publikumswertung lässt das vermuten. Aber alles, was dann kommt, sind Unterstellungen, und noch dazu sind sie alle falsch:
Die unmögliche Gewinnerplatzierung sei möglich, seit man usw. Wäre dem so, müssten seit Bestehen des Awards solche Fehlentscheidungen getroffen worden sein, weil ich ihr schon immer „vorsitze“ (was sich allein daran zeigt, dass ich die Begrüßungsworte spreche und das Prozedere erkläre – das war’s). Richtig ist, dass ich bis 1996 auch Chefredakteur des Monatsmagazins „Bikers News“ war und neben zahllosen Reportagen in Europa und den USA auch „Rockerbräute“ fotografiert habe.
Angesichts dieser Vorgeschichte scheint es unserem Beschwerdeführer zwingend, dass ich ein Werk, allein weil darauf drei Tätowierte zu sehen sind, koste es was es wolle und gegen alle Widerstände auf den ersten Platz durchsetze. Nun, bevor ich Journalist in der Motorradrocker-Szene wurde, habe ich auch ein Studium an einer Kunsthochschule erfolgreich abgeschlossen (und bin in jene Szene gekommen, weil mich die Ikonographie von Motorradtank-Bemalungen interessierte).
Eigentlich bleibt so was in der Jury, aber ausnahmsweise verrate ich es hier mal: Ich habe gar nicht für dieses Bild mit den drei tätowierten Männern gestimmt, weil ich es nicht überzeugend, sehr einfach gemacht und vom Titel her daneben fand.
Dennoch habe ich es anscheinend gegen meine Überzeugung auf Platz 1 geboxt, und boxen können, weil die Jury von mir als Verleger abhängig ist. Nun, wie ein Blick ins Heft zeigt, bin ich keineswegs der Verleger und habe mit dem Verlag finanziell und rechtlich gar nichts zu tun. Aber tun wir mal einen Augenblick so, als spiele das keine Rolle. Wie darf man sich eine von mir abhängige Jury konkret vorstellen? Alles Deppen – Redaktionskollegen, Vertreter der Sponsoren, frühere Award-Gewinner –, die gebannt an meinen Lippen hängen und nur darauf warten, dass ich urteile: Das ist gut! Ja, natürlich Doc, wenn Du das sagst! Da stimme ich dann auch für!
Und was konkret bedeutet „abhängig“? Kriegen die kein Geld, wenn sie widersprechen? (Kriegen sie sowieso nicht.) Drohe ich den Sponsoren: Wenn ihr nicht in meinem Sinne abstimmt, dann war’s das aber mit der Unterstützung durch euch? Haben sie Angst, dass ich den nächstgelegenen Rocker-Club anrufe und dessen Mitglieder nach der Sitzung mit Baseballschlägern im Gebüsch lauern und Widerspenstige zu Brei hauen?
Das ist zwar alles recht unwahrscheinlich, aber anscheinend für unseren Kritiker doch wahrscheinlicher als die Annahme, dass „alle so einen schlechten Geschmack haben“ (wie ich). Der Maßstab für guten Geschmack ist natürlich der des Mail-Absenders (und wenn man Blümchenfotos wie die auf seiner Webseite schätzt, lässt sich das nachvollziehen).
Scheiß-Jury-Entscheidung: Argumente helfen nicht
Dies alles teilte ich unserem Kritiker mit. Und prompt kam eine Antwort-Mail. Sicherlich die fällige Entschuldigung für die falschen Unterstellungen. Doch nein, im Gegenteil: Neben nicht zum Thema gehörender DOCMA-Kritik (das Niveau der präsentierten Bilder von Olaf Giermann und Calvin Hollywood wird immer schlechter – nach meiner Erinnerung war das letzte Bild von Calvin vor etlichen Jahren im Heft) hatte er mich nun bei einem vermeintlichen Widerspruch erwischt: „Ich verstehe der Sinngehalt nicht – »keine einzige Stimme erhalten«. Entweder keine oder eine!“
Der erste Teil ist okay: Wenn man etwas nicht versteht, darf man nachfragen. Allerdings ist das gar keine Frage, sondern die Einleitung zu einer neuen Unterstellung. So dass ich auch das richtigstellen musste: „Wenn Sie DOCMA tatsächlich mal gelesen haben, wie Sie mitteilen, dann sollten Sie sich an die wiederholte Beschreibung der Jurierung im Heft erinnern: In der letzten Runde hat jedes Jurymitglied zehn Stimmen, die es frei auf die Bilder der letzten Runde verteilen kann. Insofern ist meine Aussage, dass dieses Bild von mir keine einzige Stimme erhalten hat, völlig korrekt.“
Und ich ergänzte: „Ich weiß nicht, wie alt Sie sind – aber Sie sollten irgendwann lernen, dass es eine etwas pubertäre Einstellung ist, allen, die nicht den eigenen Geschmack teilen, einen schlechten Geschmack zu unterstellen. Offensichtlich reicht Ihre Phantasie, wenn jemand andere ästhetische Kriterien hat als Sie, nur so weit, sich das damit erklären zu müssen, der sei dann vom ehemaligen Rocker-Fotografen unter Druck gesetzt worden, weil er der Verleger ist (was, wie erwähnt, alles falsch ist). Wie gesagt, ich mag das Bild auch nicht – aber deswegen unterstelle ich meinen Jury-Kolleg/innen keinen schlechten Geschmack.“
Danach kam keine Antwort mehr, zumindest nicht an mich. Stattdessen versuchte er, bei anderen Jury-Mitgliedern Bestätigungen für seine Behauptungen zu finden. Natürlich vergeblich. Apropos „pubertär“ – laut seiner Webseite ist der Herr knapp 60.
Lohnt es sich, auf einen solchen Querulanten so intensiv einzugehen – in wiederholten Mail-Antworten oder in diesem Text? Eigentlich nicht. Dennoch versuche ich immer erst einmal, etwas mit Argumenten richtigzustellen. Aber wie das in Zeiten von Trump und Rechtspopulisten nun mal so üblich ist, spielen Argumente und Fakten keine große Rolle. Manche Leute nehmen nur noch das wahr, was ihre Einstellungen bestätigt, blenden alles andere aus, ignorieren Gegenargumente und suchen einfach nur Anlässe, um ihren Frust über anderen auszukippen.
„Hey Jury,
was soll das? Natürlich habe ich nichts eingereicht weil ich das auch gar nicht nötig habe weil meine Werke so gut
sind dass ihr sie kennen und automatisch auf Platz 1 hättet setzen müssen. Habt ihr aber nicht! Wenn ihr denkt mit sowas kommt ihr bei mir durch dann seid ihr schief gewickelt!! Das wird noch Folgen haben!!!!“
Nee, jetzt mal im Ernst, lieber Doc Baumann -wie kann eine derart dümmlich-persönliche Jury-„Kritik“ ernst gemeint sein?!
Respekt, dass Sie nicht gleich den „delete“ Button gedrückt, sondern sich die Mühe einer sachlichen Antwort gemacht haben!
Ich versuch’s halt immer wieder und hoffe trotz allem, dass irgendwann mal wieder Argumente und wahre Aussagen Über Vorurteile, Lügen, Wut und Hass siegen werden.
Hallo, würde mich aber nun doch mal interessieren wer er ist. … denn so kann er schlagen und walten .. Danke
Hallo Doc,
Ihr Text war (wieder einmal) sehr unterhaltsam zu lesen. Respekt für das ausführliche Zeitnehmen und Argumentieren!
Unabhängig von mir fand ich die Auswahl der gezeigten und jurierten Arbeiten im MfK FFM wunderbar!
Viele Grüße,
Martin Rehm
Ich habe bisher nur eine Wettbewerbsentscheidung öffentlich kritisiert, weil das Siegerbild genau das zeigte, was in der Beschreibung als unerwünscht beschrieben worden war. Ich hätte das nie getan, wenn eines meiner Bilder im Wettbewerb gestanden hätte…
Immerhin haben die Veranstalter so reagiert, dass die Ausschreibung im nächsten Jahr, anders formuliert wurde. Ich finde, objektiv begründete Kritik darf sein, aber über Geschmack lässt sich nicht streiten, schon gar nicht, wenn man selbst voreingenommen ist.
Ein Vorschlag zur Güte:
In die Teilnahmebedingungen wird aufgenommen:
Ich erkläre, nach der Jury-Entscheidung zu meckern ja/nein
Falls ja: der Beitrag/die Beiträge des Teilnehmers kommt in eine eigene Kathegorie „Meckerer“ und ein Widerspruch wird grundsätzlich abgelehnt und ignoriert.
Ihr im Großen – wir Prüfer (Mediengestaltung) im Kleinen. Natürlich sieht jeder seine Arbeiten, erst Recht, wenn wirklich viel Zeit und Gehirnschmalz drinnen stecken, aus einer ganz anderen Sicht. Trotzdem heißt dies nicht, dass die Arbeit wirklich gut sein und allen gefallen muss.
Wirklich unglaubliche Geschichte. Mich frustrieren auch mittlerweile diese ewigen inkognito-Nörgler, die denken, die Anonymität des Internets gibt ihnen das Recht auf Unhöflichkeit.
Lasst euch nicht den Tag durch solche – Entschuldigung – Idioten vermiesen. Denn auf diesen einen kommen tausende Fans, die eure Arbeit generell gut finden und dazu die Arbeiten der Award-Einsender/-Sieger bewundern ohne euch wiederum zu bewerten.
Ja genauso ist es, man wäre verpflichtet den Autor einer Beschwerde zu nennen, sonst hört es nicht auf. Rechtsstaat heißt nicht Beleidigen auf Teufel komm raus! Roß und Reiter soll sich öffentlich zu seinen Äußerungen bekennen, ansonsten löschen …
von M.Hilgenhöfer weitergeleitet durch katlinn:
He he, „gammeldansk“ und seine armseliges, beifallheischendes Rechtfertigsgeschwätz über die Öffentlichkeit…..hat noch gar nicht gemerkt, dass ich diesmal als Polacke mitgemacht und das falsche Deutsch nur simuliert habe……ach nee, doch nicht….war nur `n Witz.
Kann mich gar nicht erinnern, jemals ein Recht auf den ersten Preis eingefordert zu haben. Wenn meine Arbeiten allerdings nicht mal einen Trostpreis bekommen, weiß ich, dass was faul ist. Und wenn man behauptet, die Arbeiten nicht schon vor der Jurysitzung aussortiert zu haben, sollte man vermeiden, Gründe zu nennen, warum man sie doch aussortiert hat, wie angeblich schlechtes Benehmen in Zingst oder angeblicher Absprung eines Sponsors, wegen mir. Erklärungen von Jury-Mitgliedern, dass denen die Arbeiten angeblich vorgelegen haben? Hat´s nie gegeben.
Und was quatscht du schon wieder dämlich daher, von einer Klausel, in der drinsteht, dass speziell ich nicht teilnehmen darf? Ob es die Klausel gibt oder nicht, hat dich doch bisher auch nicht interessiert, wenn du meine Arbeiten auf dem Weg zur Jurysitzung „vom LKW hast fallen lassen“. Peinliches Kindergartengeschwätz.
War nicht Bedingung, dass ich erkläre, in Zukunft nicht mehr teilzunehmen, sonst wird es die Klausel geben. Die Erklärung habe ich doch gar nicht abgegeben. Wo war sie denn die Klausel? Dann erkläre ich doch mal hiermit, in Zukunft wieder teilzunehmen – hatte dieses Jahr nur keine Lust. Ich erwarte also beim nächsten Mal die Klausel. Und wenn ich sie dann entdecke, nehme ich trotzdem teil, damit du was zu tun hast, denn ohne Intrigenspinnerei wirst du ja offenbar nicht froh, wie ich an diesem Beitrag sehe. Außerdem muss das ja ein immenser Aufwand sein, meine Arbeiten überhaupt zu identifizieren, denn wie ich lese, „kennt keiner die Namen der Einsender und will auch keiner wissen“. Na den Spaß gönn` ich mir dann natürlich.