Vom Wunschobjektiv und dem Sensorformat
Sieht man zu viele Bilder, die mit dem Wunschobjektiv aufgenommen wurden, steigt das Risiko einer Altglasvirus-Infektion. Ein Haben-Wollen-Impuls bricht durch und der Bieten-Finger juckt. Vielleicht hilft aber auch ein Blick auf das Sensorformat der eigenen Kamera.
Objektive Erfahrungen
Zur Gefahrenabwehr ist es wichtig zu wissen, an welcher Kamera das Wunschobjektiv bei der Aufnahme montiert war. Denn mit einer Vollformatkamera wirken sich alle Altglas-Defizite ungebremst auf die Aufnahme aus, besonders bei offener Blende. Das kann man mögen oder eben nicht. MFT-Sensoren dagegen erzielen mit alten Objektiven die beste Bildqualität. Sie picken die Rosinen aus der Mitte des optischen Kuchens und schneiden seine krustigen Ränder ab. APS-C-Kameras zeigen das Bild zwischen den Extremen: mehr aus der Mitte und ein wenig vom Rand.
Ein Vergleich
Kennt man das genutzte Sensorformat, lässt sich leicht beurteilen, wie sich das Wunschobjektiv an der eigenen Kamera verhalten wird – und ob das dann Sichtbare noch wünschenswert ist. Denn vielleicht ist das ursprünglich Reizvolle verlorengegangen.
Bokeh
Für einen nicht unwesentlichen Teil der Wirkung des Wunschobjektivs sorgen die Lichtverhältnisse bei der Aufnahme. Diese bei Vergleichen konstant zu halten, ist eine Herausforderung. Hier berichten wir von einem, der es geschafft hat, dass Bokeh von 50 Normalbrennweiten zu vergleichen. Doch Vorsicht, das Ergebnis der Betrachtung könnte die Altglasvirus-Infektion verstärken. Einen Blick ist es trotzdem wert.
Risiken und Nebenwirkungen
Auch wenn es gelungen sein sollte, die Altglasvirus-Infektion durch nüchterne Analyse abzuwenden, lauern möglicherweise weitere Gefahren. Einerseits könnten wilde Verwirbelungen am Bildrand oder mehr vom butterweichen Bokeh eines Lichtriesen Lust auf eine Vollformatkamera machen. Andererseits könnte die Lust auf mehr Rosinen aus dem optischen Kuchen auch den Wunsch nach einem kleinen Sensorformat schüren. Therapeutisch wirksam und fotografisch lehrreich ist auch das ausschließliche Arbeiten mit nur einem Objektiv. Doch falls es zunehmend problematischer sein sollte, dieses „Eine“ aus der wachsenden Sammlung auszuwählen und die Fototasche stattdessen ständig überladen wird, dann hat der Altglasvirus sich durchgesetzt.
Sind APS-C-Kamerabesitzer weniger gefährdet?
Kann sein, kann aber auch nicht sein. Eine Prognose erscheint unseriös, da neben dem Altglas-Virus auch G.A.S. (Gear Akquisition Syndrom, neudeutsch: Kaufrauschsammelwahn) sein Unwesen treibt. Und möglichweise finden sich schlüssige Antworten auf die Frage, welche bisher verwehrten Optionen das neue Equipment eröffnen könnte. Vielleicht lassen sich damit innere Buchhalter und reale Finanzverantwortliche überzeugen. Sollten ihre Budgetvorgaben allzu streng sein, haben wir hier Tipps gesammelt, die den Kauf einer Zweitkamera trotzdem ermöglichen könnten. Wie andere Fotografierende mit ihrer Altglasvirus-Infektion umgegangen sind, wurde hier erzählt.
Lieber Bernd,
Du bist aber sehr optimistisch in der Annahme, dass der Altglasvirus heilbar ist. Der Altglasvirus ist wie Herpes, einmal eingenistet bricht er immer wieder hervor.
Ich bin gerade auf dem Infrarot- und Schrägeobjektivetirp. Je abgedrehter das Objektiv ist umso besser. Dazu haben sich inzwischen 77! Objektive angesammtelt, die ich für 1€ ersteigert habe. Diese werden an verschiedensten Sensorformaten adaptiert.
Mich kann man ruhig als abschreckendes Beispiel für einen hochgradig an Altglasvirus erkrannten Freak nehmen 🙂
In diesem Sinne „gut Licht“
LG Bernhard
https://deramateurphotograph.de/
Dank für die humorvolle Lehrstunde.
Vielleicht lässt sich diese ja noch um eine Ebensolche zur Adapterflut ergänzen, denn ohne dieses „Fracaso“ findet das Virus ja gar keinen Nährboden.
Mit besten Grüßen von einem ebenfalls infizierten Experimentator
EJo
Hallo EJo,
schön, hier einen weiteren Infizierten zu treffen, dann fühlt man sich gleich nicht mehr so einsam 🙂
Ja, die Adapterflut ist schon gewaltig vor allem wenn man mehr Systeme zu bedienen hat wie meinereiner.
P.S.: Gibt es irgendwo im Netz Bilder von Deinen Experimenten zu sehen? Würde mich interessieren.
LG Bernhard
https://deramateurphotograph.de/
Nein, habe mich überwiegend in Kommentaren bei Amazon ausgelassen und kann nur resümierend zusammenfassen; wenig Licht und viel Schatten!
Mein Versuch bei Sony Erfahrungen auch anderer Anwender zusammentragen zu lassen ist leider mangels Echo fehl geschlagen.
EJo