Techart Adapter: Autofokus nachrüsten für Sony a7
Objektive, bei denen man die Schärfe manuell einstellt, lassen sich jetzt ganz einfach mit einem Autofokus nachrüsten. Aber nur, wenn man einen Techart-Adapter und neuere Sony Alpha 7 besitzt. Christoph Künne hat einen Ausflug in die Kontrastwelten von analogem „Altglas“ gewagt.
Warum ist darauf bloß noch niemand vorher gekommen? Das Prinzip eines Adapters, der aus einem manuell fokussierenden ein automatisch scharfstellendes Objektiv macht, ist im Grunde ganz einfach: Es handelt sich dabei um einen motorisierten, flexiblen Distanzring, der das Objektiv – je nach Fokusentfernung – vom Sensor weg oder zum Sensor hin verschiebt. Das Objektiv wird am Schärfering auf unendlich gestellt. Nur bei Nahaufnahmen muss man die Entfernungseinstellung manuell nachregeln. Dafür lässt sich dann aber im Gegenzug für die zusätzliche Mühe die Naheinstellgrenze merklich verringern.
Bisher nur für Sony
Erdacht und in ein funktionierendes Gerät umgesetzt hat einen solchen Adapter die Firma Techart und – das ist zur Zeit der große Haken an der Geschichte – es gibt diesen Autofokus-Adapter bisher nur für das Sony E-System. Dabei könnte man ihn prinzipiell an allen spiegellosen Four-Thirds-, APS-C- und Kleinbild-Systemen verwenden, also auch an denen von Fuji, Olympus, Leica, Sigma, Canon oder Panasonic. Alle diese Systeme haben ein geringes Auflagemaß, wodurch sich Objektive, die ursprünglich für Messsucher- oder Spiegelreflex-Kameras konzipiert wurden, unproblematisch adaptieren lassen. Der Techart-Adapter verfügt über einen Anschluss für Objektive mit Leica M-Bajonett. An diesen kann man aber nun weitere Adapter koppeln, die die Kompatibilität mit 18 verschiedenen Objektiv-Schnittstellen von Arri bis QBM erlauben. Die lange Liste findet sich unter www.docma.info/20954
Praxis
Ich haben den Adapter inzwischen an verschiedenen Sony Alpha II, III und IV-Bodies mit Leica-M, Olympus OM sowie alten sowjetischen M42-Helios und Jupiter-Objektiven getestet und war erstaunt, wie problemlos er sich im Alltag einsetzen lässt. Die Autofokusgeschwindigkeit ist unproblematisch, wenn auch nicht für Sportaufnahmen geeignet. Zicken macht er bei mir inzwischen nur noch mit manchen langen Brennweiten (ab 135 Millimeter) und wenn ich bei wenig Licht zu stark (f/11 und kleiner) abblende. Der leicht erhöhte Stromverbrauch, der durch den zusätzlichen Motor entsteht, beeinträchtigt die Bildausbeute pro Akku kaum.
Ergebnisse
Faszinierend ist nicht nur die Technik. Vor allem bekommt man mit den Linsen des Analogzeitalters ungewöhnliche Bildergebnisse. In den letzten 15 Jahren haben wir uns alle immer weiter an den Reizen der digitalen Schärfe aufgeputscht und die irrsinnig hohen Auflösungen moderner Sensoren fast schon zum Fetisch erhoben. Schraubt man nun zum Beispiel ein f/1,2 Olympus OM-Objektiv mit 50 Millimeter Brennweite, das in den 1970ern konstruiert wurde, vor eine Sony a7 R II von 2015 oder, schlimmer noch, vor die aktuelle Alpha 7 R IV, dann ist das vor allem eines: Pixelverschwendung. Die damit aufgenommenen Bilder erinnern sowohl von der Farbigkeit als auch von den Kontrasten her an Amateuraufnahmen einer längst vergangenen Zeit. Aufgeblendet sind die Kontraste extrem weich, fast schon milchig, die Farben wirken einen Hauch blasser als mit modernem Glas. Früher die Norm, heute ungewohnt, aber dennoch nicht ohne Reiz. Man braucht nur ein wenig Eingewöhnungszeit, bis man diesen Reiz wirklich wertschätzen kann.
Für mich als Porträtfotografen kam der Aha-Effekt, als ich das Kaffeekränzchen einer Über-80-Jährigen fotografierte. Das erste Mal nach vielen Jahren des Dokumentierens dieser Zusammenkünfte bekam ich ein Lob von der alten Dame: So mochte sie sich ihre Freundinnen gerne ansehen, denn trotz Falten und Altersflecken hatten die Bilder der Damen etwas Zartes, beinahe Liebliches. Bei der Arbeit mit dem Techart entdeckte ich zudem, dass man dieses oftmals sehr preiswert bei eBay erhältliche „Altglas“ durchaus noch im Alltag verwenden kann. Natürlich nicht dann, wenn es wirklich um die bestmögliche Abbildungsleistung geht. Steht dagegen ein charmanter, eher individueller Look im Vordergrund, leisten die Objektiv-Veteranen beste Dienste, ohne dass man sich wegen des nachgerüsteten Autofokus allzu sehr aus seiner Komfortzone heraus bewegen muss. Einziger Wermutstropfen: Der Techart-Adapter kostet rund 400 Euro und auch Alternativprodukte sind kaum günstiger. Hinzu kommen noch die relativ günstigen Zusatzadapter von Leica M auf das gewünschte Bajonett und vielleicht eine Sony a7, wenn man noch keine hat…
Munter bleiben!
Warum ist darauf bloß noch niemand vorher gekommen?
Die Idee ist doch schon alt, Nikon! Nikon war die erste Firma, die AF für Kleinbild eingeführt hatte. Damals, 1985, boten sie einen 1,4 fach Telekonverter mit AF-Funktion an, der aus lichtstarken Festbrennweiten (Zoom gab es damals noch kaum) AF-fähige Objektive gemacht hat.
Die Idee ist nicht neu, nur ist sie erst durch die neuen, spiegellosen Systeme mit ihrem kurzen Auflagemaß wirklich praktikabel geworden. So ein AF-Adapter trägt ja auf, was dazu führt, dass man nicht mehr bis Unendlich fokussieren kann – nur im Nahbereich hätte ein AF-Adapter funktioniert. Der erwähnte Telekonverter, der das Objektiv ja ohnehin verlängerte, war ein Ausnahmefall. Aber auch bei spiegellosen Systemkameras funktioniert ein AF-Adapter nur mit Objektiven für Systeme mit einem deutlich längeren Auflagemaß – erst diese Differenz schafft den Platz, den der Adapter braucht.
Das Fokussieren mit Altglas ist heutzutage dank Fokus-Peaking (zumindest an meiner Olympus-Kamera) ein Klacks und gibt einem noch dazu das schöne altvertraute Gefühl beim Drehen des Fokusrings, der nunmal zu den alten Objektiven gehört 😉
Für 400,- kann man da schon viele alte Schätzchen kaufen 🙂