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Stellen einfach vergütete Objektive Graustufen differenzierter dar?

Altglas-Report

Rezepte zur Schwarzweiß-Konvertierung digitaler Aufnahmen gibt es wie Sand am Meer. Welche Aufnahme „besser“ aussieht, hängt auch von persönlichen Vorlieben ab. Ob einfach vergütete Objektive Graustufen differenzierter darstellen als moderne Mehrschichtvergütungen, bleibt eine ebenso subjektive Wahrnehmung. Ken Rockwell hat auch eine Meinung dazu, was nicht überrascht.

Rockwell und seine Aussagen sind keineswegs unumstritten. Das NIKKOR-S 50/1.4 lobt er in den Himmel – und ein Stück darüber hinaus. Seiner Meinung nach war das Objektiv „the world’s standard in professional newsgathering during the Apollo era“. Und die erste bernsteinfarbene Vergütung, ein Ton zwischen Gelb und Orange optimierte es – laut Rockwell – für Schwarzweiß-Film. Er erläutert in drei Sätzen die Wirkung eines Gelbfilters. Eine individuelle Anpassung der Farbtemperatur bei der Raw-Entwicklung „giving you the best of all worlds“. Was das ist, bleibt offen. Seine Ausführungen finden sich hier. Meinungen über Ken Rockwell hat Dirk Mertens gesammelt und mit reichlich Ironie unterhaltsam aufbereitet.

Das moderne Voigtländer Nokton 50/1.5 wird mit Single- und Multicoating angeboten. Auf der Voigtländer-Website gab es eine Gegenüberstellung von Aufnahmen mit beiden Vergütungen, ebenso wie Schwarzweiß-Konvertierungen – leider von unterschiedlichen Motiven. Mehr als einen Eindruck vermittelten sie nicht und die Art der Konvertierung wurde ebenso wenig erläutert. Inzwischen sind die Bilder nicht mehr online. Vermutung: Mit ein paar Kniffen lassen sich über Kontrastanpassungen mit beiden Objektiven ähnliche Schwarzweiß-Bilder erzeugen.

Die Erfindung des Farbfilms

1936 präsentierte Agfa den ersten Dreischichtenfarbfilm. Nach 1945 fand der Film auch im Fotojournalismus Verbreitung – sagt Wikipedia. Im Standardwerk Photographische Optik von Hans Harting (1948) finden sich Hinweise, die das Bemühen um bestmögliche Anpassung der Objektive für den Farbfilm erkennen lassen. In den 1960er Jahren wurde Lanthan-Glas eingesetzt, von dem leichte Radioaktivität ausgeht und das sich später leicht gelblich verfärbte. Der dadurch hervorgerufene warme Farbton bei digitalen Aufnahmen ist über den Weißabgleich korrigierbar – könnte aber mit Schwarzweißfilm die Wirkung eines leichten Gelbfilters haben und Graustufen differenzierter darstellen.

Stellen einfach vergütete Objektive Graustufen differenzierter dar?
Der Verkaufsprospekt zum Domiron von 1960 betont unter anderem die „Farbtonrichtige Bildwiedergabe.“

Multicoating

Das 1890 entwickelte Planar war seiner Zeit weit voraus, hatte aber keinen Erfolg. Die Herstellung war aufwendig und teuer, die Abbildungsleistungen konnten nicht überzeugen. Für kontrastreichere Bilder fehlte eine wirksame Vergütung. Zeiss fand erst 1935 eine Lösung, die dem Tessar zu Weltruhm verhalf und das Planar bis heute zum meistgenutztem optischen Design für Normalbrennweiten machte. Andere Hersteller blieben nicht untätig und spätestens in den 1970er Jahren waren mehrfach vergütete Objektive Standard.

Vergleich. Stellen einfach vergütete Objektive Graustufen differenzierter dar?
Fazit: Alte Objektive mit einfacher Vergütung müssen Graustufen keineswegs besser darstellen. Links eine Aufnahme mit einem Tessar 50/2.8 der 1950er Jahre, rechts mit einem Takumar 55/2 SMC von 1970. Die Lichtsituation war weitgehend identisch, die Schwarzweiß-Konvertierung mit Lightroom ebenfalls. Der größte Unterschied in der Bildwirkung entsteht durch die Lichtstärke bei Offenblende: F/2.8 und F/2.0.

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Bernd Kieckhöfel

Bernd Kieckhöfel hat einige Jahre für eine lokale Zeitung gearbeitet und eine Reihe von Fachartikeln zur Mitarbeiterführung veröffentlicht. Seit 2014 schreibt er für Fotoespresso, DOCMA, FotoMagazin sowie c't Digitale Fotografie.

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