Multicoating: Wirkungen und Nebenwirkungen
Wenn Licht auf ein Objektiv fällt, wird ein Teil des Lichtes von der Frontlinse reflektiert und geht verloren. Auf dem Weg durch die Linsen gibt es weitere Lichtverluste, zudem entstehen unerwünschte Reflexionen durch Streulicht. Einige Verluste lassen sich durch miteinander verkittete Linsen verringern. Lichtstarke Objektive erfordern größere Linsen, was den Korrekturaufwand erhöht. Neue Glassorten und Oberflächenvergütungen ermöglichen seit den 1950er Jahren einen Aufbau aus Einzellinsen mit verbesserten Abbildungseigenschaften – was wiederum das Bokeh veränderte.
Das 1890 entwickelte Planar hatte keinen Erfolg. Die Herstellung war aufwendig und teuer, die Abbildungsleistungen konnten nicht überzeugen. Gemeinsame Anstrengungen von Zeiss und Schott in der Glasforschung ermöglichten Verbesserungen, die das um 1920 vom Planar abgeleitete Biotar erfolgreich machten. Eine seit 1935 verfügbare Zeiss T-Vergütung verhalf dem vergleichsweise simplen Vierlinser Tessar zum Welterfolg.
Der technische Fortschritt ermöglichte zunehmend mehr Schichten, die unterschiedliche spektrale Bereiche des Lichts beeinflussten. Anfangs war von Mehrschichtvergütung die Rede. Später bürgerte sich Multicoating ein. Weitere Schichten erhöhten die Kratzfestigkeit oder sollten schmutz- und wasserabweisend wirken. Einen Eindruck vermittelt dieses Schaubild. Dass viele Schichten nicht ohne Nebenwirkungen für das Bildergebnis bleiben, ist naheliegend.
Moderner Vergleich
Das Voigtländer Nokton 50/1.5 bietet der Hersteller mit Single- und Multicoating an. Wer bei einem 1000-Euro-Objektiv auf ausgeprägte Flares im Gegenlicht und flache Kontraste steht, wird hier fündig. Ob einfache, alte Vergütungen Graustufen in der Schwarzweiß-Fotografie differenzierter darstellen als Mehrschichtvergütungen, bleibt eine subjektive Wahrnehmung. Wahrscheinlicher ist, dass gelbliche Vergütungen auf einen Schwarzweiß-Film die Wirkung eines leichten Gelbfilters hatte – was aber bei Digitalkameras keine Rolle spielen dürfte.
Deutlicher sichtbar sind dagegen Unterschiede im Bokeh. Stark vereinfacht formuliert erzeugen moderne, auf von Schärfe und Kontrast optimierte Objektive ein anderes Bokeh als alte, einfach vergütete Optiken. Jede Variante hat ihre Liebhaber und Einsatz-Szenarien – insbesondere, wenn es um Aufnahmen mit großen Blendenöffnungen geht.
Altglas-Vergleich
Unterschiede im Bokeh spiegeln die technischen Möglichkeiten verschiedener Epochen. Für die meisten Altglasliebhaber liegt genau hier der Reiz alter Objektive. Der Altglas-Report (Teil I) betrachtet unter anderem die sichtbaren Unterschiede im Bokeh von Trioplan, Helios 44 und Takumar 55.